Weblog Meditation

von Winfried Mueller

12.02.2021 :: Om Namah Shivaya

Was für eine spirituelle Gemeinschafts-Energie, echt beeindruckend:

13.04.2017 :: Welche Pinsel?

Mein schöner Da Vinci Pinsel aus Maderhaar ist nach ein paar Jahren am Ende. Ich hab damit immer die Mini-Meditationsuhren geölt. Wenn man ihn gut auswäscht, kann der recht lange halten. Ich liebe diese Naturhaarpinsel, weil man damit das Öl in ausreichender Menge auf das Holz bekommt und gut verteilen kann. Ich probiere auch immer mal wieder Pinsel mit Nylonfasern, aber da wird der Ölauftrag etwas dünn. Nicht ganz optimal.

Als ich gerade Pinsel nachbestellen wollte, fragte ich mich: Was ist eigentlich die ökologisch wertvollere Entscheidung? Wenn man es mal zu Ende denkt, was hängt da alles dran? Werden vielleicht in China irgendwo Tiere gequält, um billig Naturhaarpinsel zu produzieren? Hatte da letztens eine fürchterliche Reportage gesehen. Werden irgendwo Meere verseucht, wenn man Kunststoffe in den Umlauf bringt? Und was davon ist problematischer zu bewerten?

Zu Ende gedacht müsste man oft von allem lassen. In einer realen Welt muss man ständig mit irgendwelchen Kompromissen leben. Nun ist das Beispiel relativ unbedeutend. Was ist schon ein Pinsel alle 2 Jahre? Aber es geht ja so ums Grundsätzliche. Um ein Bewusstsein für solche Dinge. Da spielt es kaum eine Rolle, ob die Dinge groß oder klein sind. Einzig fallen Kompromisse leichter, wenn die Dinge nicht von so großer Bedeutung sind.

Schweineborsten könnten noch eine gute Alternative sein. Die sind zwar etwas grob und auch nicht ganz optimal. Aber sie sind hinreichend gut. So lange es Fleischesser gibt, muss durch diese Entscheidung auch kein Tier zusätzlich sterben. Oder sollte man grundsätzlich Abstand von allem nehmen, was aus Massentierhaltung stammt?

Endgültige Antworten gibts hier nicht. Man kann nur immer mal wieder hinschauen und dann die beste Entscheidung treffen, die möglich ist.

Hab mal etwas gegoogelt, hier wird zu Synthetischen Pinseln geraten:

Problem bei solchen Aussagen ist leider, dass kaum jemand ganzheitlich denkt. Jeder schaut nur auf seinen schmalen Bereich. Ein Tierschutzbund ist gegen alles, was von Tieren stammt. Und Vereine, die sich die Vermeidung von Kunststoffen auf die Fahnen schreiben, wollen keine Synthetikpinsel...

06.06.2016 :: Smartphones - Fluch und Segen

Obwohl ich ja eigentlich technikaffin bin, hab ich das Thema Smartphone lange vor mir hergeschoben. Ich ahnte schon, dass das mal wieder so eine Sache wird, die viel Zuwendung braucht. Insofern wollte ich mich nicht belasten. Wer beruflich ständig mit Problemlösungen bei EDV-Systemen beschäftigt ist, ist eher gesättigt, was solche Art von Zuwendung angeht. Wobei, ich kenne auch zahlreiche Kollegen, die das ganz anders sehen und sich mit allem Technikspielzeug umgeben. Die haben dann meist aber auch keine Zeit, zu meditieren. ;-)

Irgendwann ging das aber nicht mehr, ich brauchte ein paar Funktionalitäten der Smartphones für meine tägliche Arbeit. Also hab ich den Schritt vor gut 2 Jahren dann doch vollzogen.

Und jetzt bin ich in dem Spannungsfeld von genial bis bedenklich. Was damit möglich ist, hat mich anfangs ziemlich fasziniert. Das muss man schon wirklich würdigen, schlussendlich stecken hinter all der Funktionalität jede Menge hochintelligenter Menschen, die unglaublich viel Arbeit da hineingesteckt haben, damit das auch reibungslos funktioniert. Und da spiegeln sich auch die ganzen Visionen wieder, die Menschen so haben. Irgendwie ganz wunderbar.

Praktisch sind die schon in vielerlei Hinsicht. Gestern z.B. wollten wir in einer Gesprächsrunde auf die Redezeit achten. Wenn das Thema Zeitmanagement in mein Bewusstsein tritt, spricht mich das natürlich immer besonders an. Irgendwie bin ich auf dieser Welt, um mich mit der Zeit auseinanderzusetzen. Ein Gruppenmitglied zückte sein Smartphone und hatte sofort einen Timer mit einem schönen Klangschalenton bereit zum Einsatz. Das ist doch wunderbar und hilfreich zugleich.

Smartphones sind aber auch extreme Aufmerksamkeitsdiebe. Damit unterlaufen sie genau das, was Meditation eigentlich nähren möchte: Ganz im Hier und Jetzt zu sein. Ich sehe viele Menschen in der Öffentlichkeit, die mit ihrem Handy beschäftigt sind. Das moderne Handy ist dazu gebaut, einen ständig abzulenken von dem, was eigentlich ist. Das eigentliche Leben tritt in den Hintergrund, wir erleben es nebenläufig, während wir mit dem Smartphone beschäftigt sind. Und weil so vieles auf dem Smartphone verlockend ist, sind viele Menschen immer öfter abwesend. Abwesend von dem, was sich in unmittelbarer Umgebung ereignet.

Smartphones verändern auch die Kommunikationsgewohnheiten. War es früher in Pausen von Gruppen so, dass man sich miteinander unterhalten hat, sehe ich heute vielfach Menschen, die eine Unterhaltung mit ihrem Smartphone haben. In vielen Zusammenhängen, wo früher Menschen direkt aufeinander bezogen waren, weil räumlich nahe beieinander, findet heute keine Kommunikation mehr statt. Stattdessen ist man in dem Moment im Kontakt mit Menschen, die irgendwo anders auf der Welt sind.

Ist daran etwas schlimm? Ein Problem ist, dass Kontakte verflachen. Der direkte und unmittelbare Kontakt zu anderen Menschen ist etwas Wertvolles. Der Kontakt über moderne schriftliche Medien ist ein sehr reduzierter Kontakt.

Das verändert auch viel im Bewusstsein. An ein direktes Gespräch mit einem Menschen, der einem gegenüber saß, an einem bestimmten Ort, daran kann man sich in der Regel gut erinnern. Das hinterlässt Bewusstseinsspuren. An einen WhatsApp-Austausch vor 3 Wochen mit einer Person kann sich kaum noch jemand erinnern.

Ich selber erlebe mich in dem Spannungsfeld ambivalent. Einerseits möchte ich mich abgrenzen von so manch ungesundem Umgang mit dem Smartphone. Andererseits spüre ich eine Kraft, die mich direkt da hinein zieht. Sitze ich z.B. beim Arzt im Wartezimmer, was liegt da näher, das Smartphone rauszuholen und irgendwas im Internet zu recherchieren? Aber wäre das gut? Warum eigentlich nicht? Früher hat man ein Buch gelesen, warum jetzt nicht im Internet surfen?

Ich hab darauf keine klaren Antworten. Aber mich immer wieder zu fragen, was denn ein sinnvoller Umgang mit diesen Smartphones ist, finde ich wichtig. Ich merke z.B. dass das Internet mich oft davon abhält, mal wieder genüsslich ein Buch zu lesen. Und das erlebe ich als echten Mangel.

Spätestens dann, wenn ich während der Meditation zu meinem Smartphone greife, um schnell mal was zu googlen, weiß ich sicher, dass massiv was schief läuft. :-)

Was ich ahnte, ist jetzt Realität. Egal wie ich es auch wende, das Thema Smartphone zieht meine Aufmerksamkeit und Energie. Wenn ich mich der Verlockung hingegebe genauso, wie wenn ich mich mit Fragen des sinnvollen Einsatzes und der Abgrenzung beschäftige. Und auch deshalb, weil das Smartphone wie ein Tamagotchi täglich irgendwas von mir will, damit es problemlos weiterläuft.

15.02.2016 :: Ich bin Buddhist

Wenn man Spiritualität zu wichtig nimmt, könnte es sein, dass das Ego sich an etwas festgebissen hat. Und dann kann es helfen, mit Humor wieder Abstand zu bekommen.

Gelingt es, nicht in die Kränkung zu gehen, sondern herzhaft über sich und was einem wichtig ist, zu lachen?

Heute kam im Radio eine Sendung über die Liedermacher Simon & Jan. Ich hab mich köstlich amüsiert bei diesem Stück:

https://youtu.be/SKhDNFKTRCI?t=40s

Ich glaub, Verbissenheit ist eine große Gefahr, gerade in religiösen und spirituellen Dingen. In dieser Hinsicht haben mich Osho und auch der Dalai Lama inspiriert. Beide können auch herzhaft lachen und alles nicht so wichtig nehmen.

Da fällt mir ein Zitat von Christian Morgenstern ein, was ich schon längere Zeit mit mir herumtrage:

Alles ist von Wichtigkeit,
alles ist nicht gar so wichtig.
Nur die rechte Sichtigkeit,
und du wandelst richtig.

17.07.2015 :: Sich von der Welt lösen

Als Mensch sind wir mit der Welt verbunden. Mit all dem, was um uns herum passiert und was uns betrifft. Und manches davon macht sehr betroffen, kann an uns herumzerren oder uns verzweifeln lassen. Im Kontakt mit der Welt erleben wir alle nur vorstellbaren Gefühle und Bewusstseinsinhalte. Von beglückend bis herzzerreißend. Von leichtem Reiz bis nicht aushaltbar.

Nun gibt es den horizontalen Weg: Wir können uns mit der Welt auseinandersetzen und so auch Wege finden, aus schwierigen Situationen herauszufinden. Oder wir können Bedingungen schaffen, die gute Erfahrungen wahrscheinlicher machen. Ich denke, ein Engagement auf dieser Ebene ist absolut wichtig und sinnvoll. Vielleicht ist es der Sinn des Lebens, sich mit dem Leben, wie man es in seiner Verbundenheit erlebt, auseinanderzusetzen und Antworten zu finden.

Und dann gibts noch den vertikalen Weg, den ich auch für wesentlich halte: Man kann aussteigen aus all dieser Verbundenheit, die nicht selten zu unheilvoller Verstricktheit wird. Man kann sich völlig lösen von der Welt, von dem, was einen normal bewegt, berührt und betrifft. Und Meditation ist ein Weg für mich, dies zu tun. All das, was mich gerade noch so beschäftigt hat, verblasst jetzt und nur noch der Atem ist wichtig. Durch die Konzentration auf den Atem rückt alles andere in den Hintergrund und wird kleiner und kleiner und kleiner... Wie das Ausklingen einer Klangschale.

Je stärker und intensiver ich verstrickt bin, um so schwerer gelingt dieser Desidentifkationsprozess. Und machmal reicht die Kraft einfach nicht, um mich zu lösen.

Wenn es gelingt, finde ich das wunderbar. Dieser Abstand ist heilsam. Er sorgt dafür, dass man wieder auftanken kann. Man spürt wieder die unendliche Freiheit und Weite, fühlt sich nicht mehr klein, ausgeliefert, ohnmächtig, als Opfer, verärgert oder wütend. Diese Freiheit erlebe ich auch als Freude und Leichtigkeit. Es ist gut, sich daran zu erinnern, gerade in Zeiten, wo man sehr belastet ist.

Und aus dieser Erfahrung und diesem Abstand heraus kann man sich so ganz neu dem zuwenden, was die Welt von einem will oder was man in der Welt will. Jetzt aber vielleicht mit einem ganz anderen Blick. Jetzt kann man erkennen, dass die vorherige Verstrickung einen eng und ideenlos gemacht hat. Mit etwas mehr innerer Freiheit gelingen auf einmal die Dinge viel besser. Und auch die frische Energie, die man so tanken konnte, kann hier sehr hilfreich sein.

Vertikal meint, nicht im System eine Lösung zu finden, sondern aus dem System auszusteigen. Man könnte auch sagen, aus dem Leben auszusteigen, aus dem normalen Bewusstseinsstrom, der uns gefangen nimmt. Aber das nicht als Weltflucht, sondern als einen Kraftort, von dem man wieder zurückkehrt. Um dann wieder in der Welt zu wirken.

Viele Meditaitonslehrer meinen, man solle in die Meditation nicht mit irgendeinem Wunsch oder irgendeinem Bedürfnis herangehen. Ich glaube auch, dass das wichtig ist. Denn man kann sich genauso wieder auch an schöne Gefühle und Vorstellungen klammern. Oder man will gute Erfahrungen wiederholen. Was man aber eigentlich erreichen will, ist das Lösen, das Loslassen. Gefühle - Wünsche - Gedanken - Bedürfnisse - alles unwichtig. Nur noch den Atem beobachten, alles andere ist unwichtig.

Das ist das große Paradox in der Meditation, was sich nur schwer erklären lässt. Mit einem Ziel im Kopf verfehlen wir das Ziel. Achten wir aber einfach nur mit voller Hingabe auf den Atem, kommen wir immer wieder an den Ort, jenseits der weltlichen Verstrickung.

24.05.2015 :: Ganz runter kommen - der eigene Ruhepol

Ich glaube, für die seelische und körperliche Gesundheit ist es ganz wesentlich, immer wieder gut entspannen zu können. In unserer modernen Welt gibt es sehr viel, was uns aufputscht und alles Mögliche in Aufruhr bringt. In vielen Biografien vermutlich so viel, dass man es schon als extrem einseitig und ungesund bezeichnen könnte. Eine wirkliche, bewusst erlebte Ruhe kennt manch einer gar nicht mehr. Und wer zu aufgedreht zu Bett geht, kommt auch hier nicht mehr so weit runter, um einschlafen zu können.

Wie man seinen Organismus hochpeitscht, das wissen wir zur Genüge. Aber wie man ihn wieder runterfährt, das ist weit weniger bekannt und wird noch viel seltener bewusst praktiziert.

Allen Methoden des Runterkommens ist eins gemein: Man muss sie regelmäßig üben. Dadurch entsteht sozusagen erst die Fähigkeit, loszulassen von all dem, was uns bewegt und treibt. Und diese Fähigkeit bleibt nur erhalten, wenn wir sie regelmäßig praktizieren.

Meditation halte ich für eine recht effiziente Methode, runter zu kommen und loszulassen. Täglich praktiziert führt sie einen immer wieder zu seinem Ruhepol. Der Ruhepol ist der Zustand, wo sich alles beruhigt hat, wo wir alles loslassen konnten.

Meditation ist ein Weg zum Ruhepol. Meine Erfahrung ist, dass ich das keineswegs schaffe, täglich dort hinzukommen. Es ist nämlich gar nicht so einfach, loszulassen. Und eine sichere Methode da hin gibts sowieso nicht. Wir können es nur geduldig versuchen, ohne wirklich irgendwas zu wollen. Das an sich ist schon eine ganz merkwürdige Sache, die Menschen nur schwer verstehen, die bisher alles mit ihrem Willen gelöst haben. Meditation braucht beständiges Bemühen, aber man darf eben nicht versuchen, mit starker Willenskraft etwas zu erzwingen. Das ist etwas so viel anderes, dass es viel Übung braucht, um diese neue Art "Probleme zu lösen" zu verinnerlichen.

Es ist aber auch gar nicht so wichtig, wieder ganz am Ruhepol anzukommen. Oft ist es schon eine wesentliche Erleichterung, ein Stück weit runter zu kommen. Sich wieder etwas mehr Gelassenheit zu erarbeiten. Seinen Kopf ein Stück weit frei zu bekommen. Und ein paar muskuläre Verspannungen zu lösen.

Psychosomatiker haben das ganz gut erforscht: Psychische Anspannung führt auch zu körperlicher Anspannung. Manchmal wird uns das im Alltag ganz offenbar. Dann spüren wir, dass wir die Schultern hochziehen oder sich sonst irgendwo im Körper ein Druck aufbaut.

In der Meditation kann ich es bei mir auch immer gut beobachten. Irgendwann fällt meine rechte Schulter runter. Erst dann wird mir bewusst, dass ich die den ganzen Tag irgendwie festgehalten habe. Das ist schon verrückt. Wie komme ich auf die komische Idee, meine Schulter ständig zu halten? Ich versuche es dann manchmal in Meditation, diese Anspannung nochmal bewusst herbei zu führen. Um nochmal ein Gefühl dafür zu bekommen, was ich da den ganzen Tag tue. Auch wenn sich das sehr unnatürlich anfühlt, es scheint einen Grund zu geben, warum ich das trotzdem tue.

Wenn man sich regelmäßig seinem Ruhepol nähert, kann man sich auch wieder richtig spüren. Dann zerrt nicht alles Mögliche an einem und verzerrt einem so die Sicht auf sich selbst. Wenn man sich von allem gelöst hat, nimmt man sich unmittelbarer wahr, wie man eben ist. In so einem Zustand ist auch die Sicht auf die Welt wieder klarer und ausgewogener. Es ist mir schon oft so gegangen, dass vor der Meditation einiges so fürchterlich wichtig erschien, was nach der Meditation kaum noch eine Bedeutung hatte. Andersherum taucht Wesentliches auf, was hinter ständiger Dringlichkeit verborgen war.

07.05.2015 :: Psychopathologien und spirituelle Wege

Ich laß letztens auf einer spirituellen Internetseite, dass man seinen Willen völlig aufgeben soll um sich stattdessen dem Willen Gottes zu unterwerfen. Ich dachte mir: "Oh je, die armen Menschen, die sich von solchen Ideen angezogen fühlen, weil sie eine psychische Anfälligkeit dafür haben..." Menschen, die vielleicht ein kaum spürbares Ich haben, was sie damit auch noch demontieren.

Man muss sich das wirklich mal klar machen, es gibt zahlreiche gut erforschte psychische Problematiken, die aufgrund von Entwicklungsstörungen, Traumatas oder problematischen Familienstrukturen entstehen. Und Menschen neigen dazu, sich das zu suchen, was diese schädliche Struktur fortführt.

Nehmen wir einen Menschen, der von starken Schuldgefühlen geplagt ist. Der findet garantiert einen religiösen Weg, der die Idee von Schuld fest integriert hat. Das führt zu einer Verstärkerung seiner psychischen Problematik.

Oder es gibt religiöse Wege, die das Schlechte im Menschen ins Zentrum rücken, gegen das man angehen muss. Ein Mensch, der sich selbst ablehnt oder gar hasst, wird davon vielleicht angezogen. Wir werden ja paradoxer Weise genau von dem Gewohnten angezogen, auch wenn es uns noch so weh tut. Da fühlen wir uns zu Hause. Doch was passiert, ist eine Verstärkung des Selbstablehnung.

Narzisstische Persönlichkeiten suchen sich vielleicht Wege, wo sie sich selbst überhöhen und aufblasen. Auch hier gibt es spirituelle Angebote, die diese Problematik eher fördern, anstatt sie aufzulösen.

Ich hatte schon öfter den Eindruck, dass Menschen durch den gewählten spirituellen Weg ihr psychisches Leid eher verstärken, als einen echten konstruktiven Weg da heraus zu finden. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Psychodynamiken dem Beroffenen wenig bewusst sind. Und spirituelle Führer sind oft wenig geschult, solche Problematiken zu erkennen.

Letztens sprach ich mit jemandem, wo ich das Gefühl hatte, er vermeidet jeden Konflikt. Und ausgerechnet er verliebte sich in die buddhistische Idee, alles anzunehmen, wie es ist. Das erschien ihm als gute Lösung und kam ihm auch entgegen. Er brauchte sich nicht seiner Angst vor dem Konflikt zu stellen, konnte vielmehr seine Vermeidung mit seinem spirituellen Weg rechtfertigen.

Dabei ist es ja gar nicht mal schlecht, gelassener mit Konflikten umzugehen, aber ich glaube, es würde ihm ebenso gut tun, Konflikte auch mal auszutragen.

Insofern finde ich das schon eine ganz wichtige Frage, von welchen spirituellen Wegen wir uns angezogen fühlen und was das mit unserer Psychodynamik zu tun hat. Ist dieser spirituelle Weg auf psychischer Ebene heilsam oder verstärkt er psychische Deformationen?

Ich finde, spirituelle Wege sollten auch zur psychischen Gesundheit beitragen, zumindest aber uns nicht kränker machen, als wir schon sind.

Ich hatte einige mal das Glück, spirituelle Lehrer zu haben, die gleichzeitig auch als Psychotherapeuten arbeiteten. Das war eine gute Kombination, weil das die Gefahr mindert, sich durch einen spirituellen Weg zu schädigen. Und es hilft, psychische Entwicklung und spirituelle Entwicklung zusammen zu bekommen.

20.01.2015 :: Ruhe bitte!

In einem lauten Umfeld ist es nicht so einfach mit dem Meditieren. Man liest zwar immer wieder mal, wer wirklich Übung hat, den stört das nicht. Aber ich glaube, das ist doch sehr individuell und von der Tagesform abhängig. Gerade Gespräche können einen immer wieder gedanklich reinziehen, man kann sich nur schwer von Sprache abgrenzen.

Ich hab die letzten Tage mal mit einem Gehörschutz experimentiert, wie man ihn in der Werkstatt aufsetzt. Es gibt sie mit unterschiedlichen Dämmwirkungen. Marktführer in diesem Bereich ist die Firma 3M mit der Marke Peltor. Das Beste, was man derzeit zu einem vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis bekommt, ist nach meinen Recherchen der 3M Peltor X5A. Den gibts für etwa 33 Euro im Online-Handel.

Wenn man viel Dämmung möchte, müssen die Teile recht voluminös sein, so auch der X5A. Sieht schon etwas komisch aus, wenn man die Dinger auf hat. Aber die Dämmwirkung ist wirklich gut. Die können wirklich dafür sorgen, dass Umgebungsgeräusche vollständig weg sind und man in völliger Stille sitzt. Ob das vollständig funktioniert, hängt natürlich von den konkreten Umgebungsbedingungen ab.

Auch wenn man mal einfach nur ein paar Minuten entspannen will, ist das Teil recht praktisch. Auch im Büro. Diese Stille ist schon sehr wohltuend.

Ein Tipp: Im Auslieferungszustand hat man einen recht hohen Druck auf dem Kopf. Man kann die aber etwas auseinanderbiegen, so dass sie noch dicht genug abschließen, aber nicht mehr so drücken.

Wenn man sich die Rezensionen bei Amazon durchliest, fällt auch auf, dass viele den für mehr Ruhe im privat-häuslichen Umfeld nutzen.

Würden es nicht auch die normalen Ohrstöpsel tun? Die wären weniger auffällig. Bei den Ohrstöpseln scheint es in der Dämmwirkung auch starke Unterschiede zu geben. Es könnte sich lohnen, da mal einige auszuprobieren. Gute Lieferanten machen Angaben zur Dämmwirkung, wodurch die Auswahl leichter fällt. Konkrete Vergleiche hab ich noch keine gemacht.

Nachtrag: Ich habe inzwischen diverse Ohrstöpsel getestet, die mit sehr hohen Dämmwerten ausgelobt waren (z.B. 3M 1100). Die Dämmwirkung hat mich eher enttäuscht, war gar nicht mit dem Peltor-Gehörschutz vergleichbar. Mir scheint hier aber, dass es sehr auf die Ohrform ankommt, ich kenne Leute, die kommen mit den Ohrstöpseln sehr gut zurecht.

Weblinks:

24.02.2014 :: Das Nichts zelebrieren

Ich war gerade dabei, ein paar Chips für die Klangschalenuhr zu programmieren. Dieser Programmiervorgang braucht so etwa 30 Sekunden. In dieser Zeit kann ich eigentlich nur warten. Doch irgendwie ist das so eine Sache, bei einer Arbeit einfach nur zu warten. So fing ich an, nebenher noch was anderes zu tun. Man hat ja immer irgendwas zu tun. Bis mir das auf einmal auffiel, weil es so glücklich nicht war. Es ist schwierig, konzentriert bei 2 Dingen gleichzeitig zu sein. Vor allem, wenn man alle 30 Sekunden wieder umschalten muss.

Das ist schon interessant, wie der Geist oder das Bewusstsein so ständig beschäftigt sein will. Es muss immer irgendwas Spannendes oder Interessantes da sein. Irgendwas, worauf man rumdenken kann, womit man sich beschäftigt oder was man konsumiert. Spaß, Spannung und Spiel, wie bei Kinderüberraschung.

Aber was, wenn auf einmal nichts da ist? Ich kenne viele Menschen, die halten so einen Zustand nur ganz kurz aus. Und dann verschwindet das Bewusstsein irgendwohin. In Gedanken oder innere Bilder. Oder ganz modern: Man greift zum Handy. Das Handy ist eine super Erfindung, seither muss es dem Bewusstsein nicht mehr langweilig werden. Das moderne Smartphone bietet immer irgendwas an Neuigkeiten. Und auch ohne Handy kann man am Schreibtisch in Pausen wunderbar im Internet surfen.

Diese Bewusstseins-Qualität, sich einfach nur im Hier und Jetzt zu verankern, ohne das irgendwas sein müsste, ist schon etwas ganz Besonderes. Vor allem in unserer heutigen Zeit. Denn die scheint immer mehr Angebote zu machen, wie man das Nichts füllen kann. Füllen bedeutet, das Bewusstsein bekommt permanent Anregung. Manchmal hab ich das Gefühl, das Bewusstsein hängt wie an einem Tropf und wenn der Input nicht mehr fließt, wird es panisch.

Ich glaube, gesund ist das irgendwie nicht. Oder anders herum, dieses Nichts hat auch seine Qualität und im Hier und Jetzt bleiben zu können, ohne das da etwas ist, hat seinen Wert.

Das hat auch einen ganz praktischen Nutzen. Wie wollen wir z.B. einem Menschen zuhören, der nicht damit gesegnet ist, ein permanentes Bewusstseinsfeuerwerk in uns auszulösen? Wenn die Worte etwas gequälter und eintöniger kommen, die dann auch noch in längere Pausen gehüllt sind. Wie will man eine dieser berühmten Sitzungen durchstehen, auf denen viel geredet, aber wenig gesagt wird? Wie hält man es aus, mal 5 Minuten in einer Schlange zu stehen? Oder wie kann man beim Autofahren einfach mal nichts tun und nur präsent sein?

Ok, es gibt heute fast immer und überall die Flucht. Ich sprach ja schon vom Smartphone. Aber ich hab da so meine Zweifel, dass das gut ist, immer aus diesen Pausen heraus zu flüchten.

Als wir letztens mal ein Seminar zur Biografiearbeit organisiert hatten, gab eine Teilnehmerin als Feedback: "Das Schönste an diesem Tag war das Gefühl, einfach Zeit zu haben." Ich glaube, sie meinte damit, dass nicht jede Minute überfüllt war, das nicht permanente Hektik da war, bei der man von Einem zum Nächsten springt. Das wir mal einen Gang zurückgeschaltet haben.

Manchmal hab ich das Gefühl, wir treiben uns alle in einer Hyper-Aktivitätsspirale in schwindelerregendes Erlebnis-Tempo. Ein Erlebnis jagt das nächste, ein Event nach dem anderen. Aufgabe an Aufgabe, wie auf einer Perlenkette aufgereiht, durchschreiten wir die Tage. Kleine Rituale retten uns, um nicht ganz abzudrehen. Dann genießen wir die Zigarette oder den Kaffee.

Meditation ist ja im Grunde genau das Üben dieses anderen Zustandes: Mal nichts zu tun und präsent zu sein. Und aus dieser Perspektive fällt auch auf, wie nötig das in unserer Zeit ist. Und wenn man erstmal genügend Praxis mit der Meditation hat, sieht man meist noch viel besser, wie abstrus die Welt doch ist, die sich ständig immer mehr beschleunigt.

Ich glaub, ich kenne einen wesentlichen Grund, warum unsere Gesellschaft uns dazu antreibt. Hier wirkt sich ganz stark unser Wirtschaftssystem aus. Dieses System lebt davon, das immer mehr konsumiert und produziert wird. Und man kann nunmal fast auschließlich nur damit Geld verdienen, dass die Menschen ihre Zeit füllen. Autos, Handys, Urlaube oder Vergnügungsangebote - wir brauchen Menschen, die sich all dem zuwenden. Menschen, die es in ihre Zeit hineinpacken. Und will man Umsätze steigern, müssen Menschen immer mehr Zeit mit all dem verbringen.

Und auf der anderen Seite glauben wir auch an diese Religion. Wir glauben daran, dass wir um so glücklicher werden, je mehr wir unsere Zeit füllen. Und Pausen sind nur ein Indiz, dass wir darin noch nicht gut genug sind. Wir haben nicht aufgepasst und nicht gut genug geplant. Eine Lücke tut sich auf - Hilfe!

Wir glauben daran, dass Reichtum darin besteht, dass wir unsere Zeit möglichst gut gefüllt haben und Armut wäre, viele Pausen zu haben und die Zeit mit Nichts zu verbringen.

Ok, zu viel Nichts find ich auch nicht schön. Ich erinnere mich an eine Freundin, die mir von ihrer Trostligkeit in ihrer Kindheit erzählte. Sie wuchs in einem kleinen Dorf auf, auf dem nur sehr wenig passierte. Und es waren nur wenige Kinder in ihrem Alter da. Ich kann mir das gut vorstellen, dass auch das kein guter Zustand ist.

Die Frage ist, wo ist das rechte Maß? Und kann ich überhaupt noch eine Weile präsent im Hier und Jetzt bleiben? Ohne das was passiert?

Für mich ist das immer wieder ein Üben und ich merke, wie schnell mich das ganze Selbstverständnis und die Kultur, in der wir leben, davon wegzieht.

So, ich muss Schluss machen, eine Klangschalenuhr, die gerade im Test ist, hat zum dritten mal gegongt. Da hab ich die Pause ja gut genutzt ;-)

13.12.2013 :: Mantrasingen

Ach wie schön, dieses Video über Mantrasingen mit Wolfgang Friederich. Das erinnert mich an schöne gemeinsame Stunden des Singens in einer lieben Gemeinschaft. Leider schon lange nicht mehr in größerer Runde praktiziert:

https://www.youtube.com/watch?v=uEyIucQ0Srs

Mir ist aufgefallen, dass ich in der richtigen Stimmung für sowas sein muss. Es braucht da eine hingebungsvolle Offenheit. Manchmal bin ich innerlich eher auf Abgrenzung, dann geht das nicht und führt nur zu noch mehr Abwehr. Aber wenn es geht, ist es wunderschön :-)

Wenn ich die Mini-Meditationsuhren aus Holz von Hand schleife, singe ich gerne das Mantra "Om asatoma sat gamaya". Ich weiß mittlerweile recht gut, wie viele Mantradurchläufe ich brauche, um eine Seite zu schleifen, bis das Ergebnis gut ist. So hat das auch einen ganz praktischen Nutzen. Neben der angenehmen Stimmung, die es schafft.

Wer Mantramusik zur Begleitung sucht: Ich finde die CDs von Robert Gass ganz gut, z.B. die CD Enchanted. Auf Silenzio.de findet man unter Chants&Mantras viele weitere Angebote.

26.07.2013 :: Spiritualität und Arbeit

Wer meditiert und sich mit spirituellen Fragestellungen auseinandersetzt, kommt sicher auch irgendwann an den Punkt, wie die Arbeit, das eigene Tätigsein, sich in alles einfügt. Spiritualität ist ja etwas Allumfassendes, was nichts ausklammert. Und die spirituellen Erkenntnisse sind meist so grundlegend, dass sie alles umfassen. Umgedreht entsteht ein innerer Unfrieden, wenn spirituelle Erkenntnisse nicht mit dem konform gehen, wie man vielleicht arbeitet.

Wie auch immer, gute Visionen einer sinnvollen Arbeit finde ich spannend. Da gäbe es zum einen eine gute Ausbalanciertheit in der Arbeit. Ich hörte gerade eine Radiosendung, da wurde von einer buddhistischen Tradition gesprochen, wo man täglich sowohl die geistig-strukturierende Arbeit haben sollte, wie auch die handwerkliche Arbeit. Also mit seinen Händen etwas zu tun, etwas zu erschaffen.

Mich hat das angesprochen, weil mich diese Frage auch häufiger beschäftigt. Tendenziell arbeite ich zu viel geistig, aber das Meditationsuhrenprojekt z.B. ist ein guter Ausgleich, auch handwerklich zu arbeiten. Und ich spüre, wie mir das gut tut. Wobei auch das nicht immer einfach ist, weil ich meine Begrenzungen spüre: Manche Arbeiten fallen mir schwer, ich ärgere mich zu häufig, wenn mal was schief läuft, brauche Disziplin, um eine Arbeit anzugehen oder kämpfe manchmal mit einer Müdigkeit. Es geht halt nicht immer so romantisch zu, wie in Meister Eders Werkstatt. Das ganz normale Leben lässt grüßen. Und doch denke ich, genau das ist auch gut so. Dieses sich daran reiben braucht es im Leben, eine aktive Auseinandersetzung auch mit inneren Widerständen und mit Kräften, die sich einem Ziel entgegenstellen. Im rechten Maße, so dass es einen nicht überfordert. Und oft ist es auch einfach gut und die Arbeit fluppt und das Ergebnis erfreut.

Handwerkliche Arbeit ist für mich auch immer wieder Übungsfeld, heraus zu kommen, aus einer Zielorientiertheit. Der Weg ist das Ziel. Das ist etwas, was mir schwer fällt, aber ich genieße auch die Momente, wo es mir gelingt und ich im Moment des Tuns einfach sein kann. Ohne Getriebenheit und mit einer Freude und Dankbarkeit allem Gegenüber, was einfach ist.

Wobei es auch nicht darum geht, völlig ohne Ziel zu sein. Dann fehlt mir eine geistige Ausrichtung. Das ist wie beim Meditieren: Völlig ziellos würde man sich hinsetzen und nach 3 Minuten vielleicht wieder aufstehen, weil irgendein innerer Impuls einen dazu treibt. Hier braucht es für mich das Ziel, die nächsten 30 Minuten eben nicht meinen Impulsen zu folgen, sondern auf dem Kissen sitzen zu bleiben und nur auf meinen Atem zu achten. Auch wenn das manchmal schwierig ist. Ziele helfen, der Sprunghaftigkeit des Geistes etwas entgegenzusetzen, um Wege zu gehen, die jenseits dieser Sprunghaftigkeit zu finden sind.

Neben der Ausbalanciertheit gibt es auch die Frage, warum wir eigentlich arbeiten. Was ist eine gute Intention jeglicher Arbeit? Was ist gute Arbeit und welche Arbeit ist eher fragwürdig? In einem Artikel über Buddhismus und Arbeit fand ich die Idee, das Arbeit dem Leben dienen soll. Insofern ist alles eine gute Arbeit, was dem Leben dient. Das war allumfassend gemeint. Das man also das GROßE GANZE im Auge behält, was ALLES einschließt und man schaut, ob es dem auch dient. Umgedreht wäre schlechte Arbeit etwas, was dem Leben schadet. In welchem Zusammenhang auch immer.

Ich find das eine gute Idee, die einem Orientierung geben kann. Manche Arbeit ist da sicherlich ganz nah dran, wenn man z.B. Lehrer ist oder in einem Pflegeberuf tätig. Dann tut man direkt etwas, was Menschen hilft und das Leben bereichert. Auch der Bauer, der auf dem Feld Nahrungsmittel produziert, ist nah dran, dem Leben zu dienen. Andere Berufe sind sehr weit weg davon, diesen Zusammenhang zu spüren. Vielleicht ist es in solchen Berufen besonders wichtig, sich die sinnvollen Zusammenhänge bewusst zu machen, wo und wie man dem Leben durch seine Arbeit dient. Das kann sinnstiftend sein.

Und natürlich ist das auch die Konfrontation mit einem Arbeitsverständnis unserer modernen Welt, die dieser Idee von Arbeit oft völlig entgegensteht. Wenn es nur um Gewinnerzielung geht und man billigend in Kauf nimmt, dem Leben zu schaden. Eine Arbeitswelt, die sehr egozentriert ist und alles rundherum ausblendet. Wir können uns aus solchen kranken Bezügen nie ganz herausnehmen und manche haben gar keine Wahl und müssen einem kranken System dienen.

Jeder hat natürlich auch Wahlmöglichkeiten und die beginnt man auszuloten, wenn einem erstmal spirituelle Erkenntnisse zum Nachdenken anregen. Insofern bin ich fest davon überzeugt, dass eine gelebte Spiritualität die Verhältnisse auf dieser Welt verbessern kann. Und das meditive Praxis auch positive Veränderungsprozesse initiiert, die weit in die Gesellschaft ausstrahlen.

Spannend wird es auch, wenn man Umfelder findet, wo viele auf gesündere Weise miteinander zusammenarbeiten. Dann wird es zur gelebten Selbstverständlichkeit und man kann es sich anders gar nicht mehr vorstellen. Man spürt, dass diese Lebensweise irgendwie viel natürlicher und sinnvoller ist, als das, was wir in unserer Gesellschaft tendenziell so praktizieren.

Aber auch in den normalen Umfeldern findet man immer auch wieder Möglichkeiten, etwas zu gestalten und sich nicht von so kranken Ideen moderner Wirtschaft vereinnahmen zu lassen. Auch hier ist es hilfreich, seine Vorstellungen von einer guten Arbeit einzubringen, auch wenn der Möglichkeitsspielraum mitunter noch so klein und die Köpfe so vernagelt sind. Es sind oft die kleinen Dinge, die mit der Zeit viel verändern, wenn man ausdauernd bleibt.

18.07.2013 :: Was mag das bedeuten?

Wir waren heute unterwegs und wollten uns eigentlich ein paar Fahrräder kaufen. Die hatten wir schon vor Monaten ausgespäht und jetzt haben wir uns dafür entschieden. Eine kleine Ahnung war schon da: "Die werden die vielleicht nicht da haben und wir müssen nochmal hin." Im Geschäft war es dann noch schlimmer, nicht mal die Vorführräder waren da, so dass man mal hätte eine Runde drehen können. Sie waren ganz aus dem Geschäft verschwunden. Die ganze Serie musste nach China zurück, weil wohl irgendein Produktionsfehler drin steckte. Nachschub dauert wohl noch ein paar Wochen.

Wir dachten uns beide, was mag das wohl bedeuten? Die naheliegendste Antwort, die wir beide sofort hatten: Sollen wir diese Räder doch nicht kaufen? Ist das vielleicht ein Wink des Schicksals? Wir spielen gerne mit solchen Gedanken, ohne ihnen zu große Bedeutung beizumessen.

In dem Moment dachte ich jedenfalls, ob das Schicksal oder die höhere Intelligenz wirklich so einfältig ist, uns so einen simplen Bedeutungsinhalt zu schicken? Das könnte doch auch ganz viel anderes bedeuten. Es könnte bedeuten, dass wir heute mal mit dem Gefühl konfrontiert werden sollen, etwas haben zu wollen und leer auszugehen. Es könnte auch bedeuten, den Tag heute für etwas anderes zu nutzen.

Es gibt so viele Bedeutungsinhalte, die man mit viel Kreativität finden kann, warum sollte es gerade so ein naheliegender Bedeutungsinhalt sein. Wenn es etwas nicht gibt, dann sollst du es nicht kaufen. Das wäre zu einfach. Und ich glaube, diese Deutung basiert eher auf einer ganz simplen kognitiven Prägung. Es ist recht wahrscheinlich, dass man so denkt, weil naheliegend. Genauso, wie die meisten >> Hammer << antworten, wenn man blitzschnell auf die Frage nach einem Werkzeug antworten soll. Aber vielleicht weiß ja die höhere Intelligenz, was wir als naheliegend empfinden und will es uns einfach machen. Wer weiß...

Wir sind dann jedenfalls etwas frustriert in einen Spielzeugladen gegangen und wollten das Spiel das Jahres 2013 kaufen. Hanabi heißt das. Zuerst haben wir überall rumgesucht und es war ein wirklich großer Spielzeugladen. Haben aber nichts gefunden. Dann nachgefragt und auch hier: "Haben wir nicht, kommt erst Ende des Monats." Gleich zweimal hintereinander gibts was nicht, was wir wollten. Das ist schon eine kleine Frechheit des Schicksals...

Als wir zurückfuhren, wollte ich mir noch eine Pizza um die Ecke holen. Als wir dort waren, klebte ein Zettel an der Tür: "Mache kurz Pause." Sowas hatte ich bisher hier noch nie erlebt. Nungut, jetzt also auch keine Pizza. So langsam hab ich das Gefühl, es geht heute um das Thema Verzicht. Ok, ich möchte das jetzt gerne so annehmen und dem nachspüren.

Am Abend kam dann blöderweise noch der Postbote mit einem Paket mit einer neuen technischen Spielerei. Ok, das Thema Verzicht ist für heute beendet. Oder sollte ich doch erst morgen auspacken?

19.01.2013 :: Spruch des Tages

Da hilft kein Beten.
Da muss Mist dran.
(Bauernweisheit)

08.01.2013 :: Wachheit und Präsenz

Sei ganz im Hier und Jetzt! Was heißt das überhaupt? Kann man für sich klar sagen, dass man im Hier und Jetzt ist? Ich beobachte da etwas, dass ich manchmal schon sagen kann, ich bin irgendwie hier. Ich nehme das wahr, was gerade ist und bin mir dessen bewusst. Aber ich bin doch irgendwie nicht richtig wach. Fühle mich leicht benebelt, bin nicht so richtig präsent. Und dann kenne ich auch Momente, wo ich mich richtig wach und präsent fühle. Dann ist die Wahrnehmungsfähigkeit im Moment viel umfassender. Ich könnte aber nicht sagen, dass das nun schon das Maximum an Präsenz ist, vielleicht gibt es noch viel wachere Zustände...

Meditation macht mich oft wacher oder präsenter. Vielleicht hat es etwas mit der inneren Unruhe zu tun. Gedanken und innere Prozesse saugen mir meine Energie, rauben mir meine Präsenz. Durch die Meditation beruhigt sich das alles, so dass ich nun mehr im Hier und Jetzt sein kann. Oder mehr von mir ist im Hier und Jetzt.

Ich glaube, das es einen Grad an Wachheit und Präsenz gibt. Jeder Mensch bringt hier unterschiedliche Grundfähigkeiten mit, wach zu sein. Belastende Lebensumstände sorgen vielleicht dafür, dass Präsenz abgezogen wird. Präsenz ist insofern für mich ein Zustand, der sich einstellt, wenn Gesundheit, Frieden und innere Ausgeglichenheit da ist. Und ein Loslassen von allem.

Ich glaube, dass man Präsenz auch üben kann. Meditation wäre die zentrale Übung, um zu mehr Präsenz zu gelangen. Persönlich spüre ich, dass ich in intensiveren Phasen der Meditation in eine Präsenz komme, die ich zuvor einfach nicht kannte. Sie war mir nicht zugänglich und ich hab keine Vorstellung davon gehabt. Erst durch den Übungsweg der Meditation konnte ich diese Präsenz erleben. Genauso spüre ich, wenn mich der Alltag fordert und ich wenig zum Meditieren komme, dass mir dann Präsenz verloren geht.

Präsenz erscheint mir etwas ganz Kostbares. Es ist auch ein Maß, wie man mit dem Leben, was sich gerade ereignet, verbunden ist. Wenn ich mich frage, an welche Momente ich mich im Leben erinnere, dann sind es die Momente hoher Präsenz. Die erinnere ich, als wären sie gerade erst passiert. An Momente, wo ich mich dumpf und vernebelt gefühlt habe, kann ich mich hingegen gar nicht mehr erinnern.

09.10.2012 :: Regelmäßige Zentrierung

Im Alltag kann man sich mit seinem personalen Teil, seinem Ich, sehr schnell in vieles verstricken. Ich erlebe das so, dass ich keinen Abstand mehr zu dem habe, was mich umgibt. Und ich habe keinen Abstand mehr zu meinem Ich. Man könnte auch sagen, mein Bewusstsein reduziert sich auf dieses Ich und füllt mich ganz aus. Ich erlebe mich in stärkeren Gefühlsverstrickungen und kann nicht mehr loslassen. Dinge beschäftigen mich und produzieren ständig neue Gedanken und Empfindungen.

Meditation empfinde ich dann wieder als ein Loslösungsprozess, heraus aus dieser Ich-Welt. Das Ich kommt sozusagen zur Ruhe, die Verstrickungen lösen sich auf. Alles, was gerade noch unbedingt wichtig war, verliert seine Bedeutung. Das ganze Ich verliert seine Bedeutung. Und dann komme ich dort an, was wesentlicher und umfassender ist. In der Regel wird das mit Selbst bezeichnet. Aus diesem Bewusstsein heraus kann ich dann auch über vieles aus der Ich-Welt schmunzeln.

So ist Meditation sozusagen ein Nach-Haus-Kommen und damit eine Zentrierung in einem beständigen Ruhepunkt. Das Leben ist dann nicht eine Aneinandereihung von Erlebnissen, in die man voll eingebunden ist. Man steigt vielmehr regelmäßig aus, aus all dem Geschehen. Man springt sozusagen aus der Leinwand heraus, auf der der eigene Lebensfilm läuft. Und erkennt sich so in einer umfassenderen Weise. Aus diesem Ruhepol heraus kann man sich wieder neu auf die Welt beziehen. Mit seinem Ich. Wobei aus diesem Ruhepunkt heraus Einsichten entstehen können, die wieder wertvoll für das In-der-Welt-Sein sind.

Einige wenige, die viel meditiert haben, schaffen es, auch im Alltag ständig im Selbst verankert zu bleiben. Wobei das denke ich auch sehr vom Inhalt des Alltags abhängt. Wer sich den ganzen Tag zurückziehen kann, hat es wohl leichter, als jemand, der einen stressigen modernen Alltag zu bewältigen hat und überall funktionieren muss. Vom Sinn und Unsinn dieser modernen Errungenschaft mal abgesehen.

03.10.2011 :: Unbewusste religiöse Bilder

Vor ein paar Jahren war ich mal in einem Vortrag von Willigis Jäger hier in Dortmund. Eine Sache ist mir im Gedächtnis geblieben und hat mich weiter beschäftigt. Es ging um die Veränderung unserer Gottesvorstellung. Als Kind entwickeln wir z.B. ein Bild, dass da ein Mann oben im Himmel sitzt und wir malen uns das recht konkret aus. Und diesen Mann statten wir dann mit allen möglichen Eigenschaften aus, dass er z.B. gerade böse auf uns ist, weil wir etwas nicht gemacht haben, was unsere Eltern gerne gehabt hätten. Das Fatale daran ist, dass diese Vorstellungen sich verfestigen und zur Gewohnheit werden. Es werden Introjekte. Es fällt gar nicht mehr auf, dass auch heute noch diese Vorstellungen in uns entstehen. Mir ist selber aufgefallen, dass ich so einen Gott aus Kindertagen auch noch mit mir rumschleppte. Dieser Vortrag war dann eine Aufrüttelung, diese Bilder durch achtsames Beobachten zu erkennen, zu hinterfragen, neue Vorstellungen zu entwickeln und alte Vorstellungen zu verabschieden. Ein Prozess, der langwierig und alles andere, als einfach ist.

Mir ist im Laufe der Jahre aufgefallen, das viele Menschen solche Kindheitsvorstellungen auch als Erwachsene immer noch unverändert mit sich herumtragen. Und das darf man nicht unterschätzen, denn diese Vorstellungen haben eine große Wirkung auf das Leben im Hier und Jetzt. Als ich mich letzten mit einer Bekannten austauschte, warum es ihr gerade so schlecht geht, erforschten wir das ein wenig. Es stellte sich heraus, dass sie eine - in ihrem Bewertungssystem - blöde Sache gemacht hatte. Worunter sie aber eigentlich litt, war der strenge Vater im Himmel, der sie nun vermeintlich dafür durch Verabscheuung und Herabwürdigung strafte. Sie litt unter einem Gottesbild, welches in ihren Kindheitstagen entstand. Die Idee, dieses Gottesbild zu hinterfragen und auf Richtigkeit zu überprüfen, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Genausowenig, wie man ernsthaft hinterfragen würde, ob die Sonne, die man da sieht, wirklich eine Sonne ist. Das war alles so selbstverständlich in ihr, dass nicht vorstellbar war, dass das doch alles auch nur eigene Konstruktionen sind, unter denen man jetzt leidet.

Traurig in diesem Zusammenhang ist, dass diese Eneuerung von Gottesbildern und religiösen Vorstellungen in den Kirchen oft nicht stattfindet. Für mich brauchte es erst jemanden wie Willigis Jäger, um genauer hinzuschauen. Das war schon eine besondere Situation, dass er hier in Dortmund in einer Kirche auftauchte. Und es waren noch weitere Wegbegleiter, die mich mit falschen Gottesbildern konfrontierten. Wenn man erstmal wach dafür wird, findet man auch. Das krasseste Buch, was ich in dieser Hinsicht las und was mich tief erschütterte, war Gottesvergiftung von Tillmann Moser. Es ist ein großes Drama, wie Menschen unter ihrer strengen christlichen Erziehung leiden, die eigentlich in meinen Augen gar nichts mit Christentum zu tun hat. Es sind Dramen von Kälte, Verachtung und Lieblosigkeiten, wo doch Liebe und Mitgefühl die eigentliche Botschaft des Christentums sein sollte.

Viele Lebensgeschichten sind nicht so dramatisch, aber gerade darin liegt auch die Schwierigkeit, dass falsche religiöse Bilder nicht erkannt und konfrontiert werden. Man hat vielmehr gelernt, sich damit irgendwie zu arrangieren, auch wenn es schmerzt und einengt.

Interessant ist, das gerade Menschen, die als Kinder christlich erzogen wurden und sich dann von diesem Glauben abwandten, trotzdem weiterhin leiden. Ihnen ist meist nicht bewusst, dass die alten religiösen Bilder weiter wirken. Gleichzeitig haben sie sich durch die Abkehr jeglicher Spiritualität der Möglichkeit beraubt, diese alten Bilder aufzuarbeiten. Das radikale Wegstoßen all dieser Erfahrungen macht sie nicht ungeschehen. Das Gegenteil ist der Fall, sie können weiter unbemerkt in uns wirken. Erst die Öffnung zu jener Religiösität, die in uns wirkt, die Teil von uns ist (obwohl wir sie nicht wollen), kann helfen, sie zu erkennen und zu transformieren.

Erkenne was ist, erkenne was wirkt!

23.09.2011 :: Gedanken kennenlernen

Wer mit Meditation beginnt, wird schnell mit der Schwierigkeit konfrontiert, das die Sache mit "Beim Atem bleiben" alles andere, als einfach ist. Ständig wird man weggezogen von Gedanken und muss sich dann wieder zum Atem zurückholen. Das geht aber auch erst dann, wenn man überhaupt bemerkt, dass man Gedanken nachgeht.

In der Atem-Meditation ist der Fokus darauf gerichtet, von Gedanken loszulassen und sich immer wieder auf den Atem zurückzuführen. Ein anderer Weg ist auch spannend: Zu beobachten, was für Gedanken in einem entstehen.

Am Anfang ist es gut, erstmal etwas seinen Geist zu beruhigen, also z.B. 10 Minuten eine normale Atemmeditation zu machen. Dann geht man dazu über, sich überraschen zu lassen, welcher Gedanke wohl als nächstes auf der inneren Leinwand auftaucht. Diesem Gedanken - sobald man erkennt, das man ihn denkt - gibt man innerlich eine Bezeichnung, z.B. "Gedanken, was ich gleich machen will." oder "Gedanken um das Telefonat gerade." und lässt ihn dann wieder los, um sich wieder überraschen zu lassen, welcher Gedanke auftaucht.

Um im Nachhinein noch besser analysieren zu können, was man so denkt, kann man sich auch mit Bleistift und Notizzettel in der Hand hinsetzen. Zu jedem Gedanken macht man sich eine Notiz, um dann wieder loszulassen. Später kann man sich die Gedanken nochmal anschauen, um sich verstehen zu lernen. Was sind das für Gedanken? Um welche Inhalte drehen sie sich? Warum tauchen gerade diese Gedanken auf? Was stecken für tiefere Themen hinter diesen Gedanken?

Mit Zettel und Bleistift hat den Vorzug, später gut analysieren zu können. Der Nachteil ist, dass diese Tätigkeit auch Unruhe in uns reinbringt, man kann sich nicht mehr so vertiefen bzw. seine Achtsamkeit nicht so gut schärfen.

Interessant an Gedanken ist auch die Beziehung zu den Gefühlen, die damit verknüpft sind. Es gibt Gedanken, die machen Freude, andere machen Sorgen oder auch wütend. Hier kann man schauen, welche Vorlieben man hat. Wie sind meine Gedanken emotional gefärbt? Welche Emotionen stehen im Vordergrund? Wie stark sind die Emotionen, die mit den Gedanken verbunden sind? Wie leicht oder schwer fällt es mir, Gedanken und die damit verbundene Emotion loszulassen?

Was ist eigentlich ein Gedanke? Gedanken können aus inneren Dialogen bestehen, es können aber auch Bilder sein, die auftauchen. Was taucht da genau in mir auf, was ich als Gedanke bezeichne?

Manche Gedanken verstecken sich auch, wir erkennen sie gar nicht als Gedanke. Wenn wir z.B. beobachten und einen Gedanken erkennen, entsteht vielleicht in uns: "Ah, das ist ja ein interessanter Gedanke." und ein gutes Gefühl stellt sich ein. Aber auch dies ist wiederum ein Gedanke, der sich daran erfreut, wie wir auf unsere Gedanken achten. Das muss man aber auch erstmal klar bekommen, dass das Gedanken sind. Gleichzeitig muss man aufpassen, vom ganzen Beobachtungsprozess nicht ganz wirr im Kopf zu werden. Sich nicht zu überfordern, sondern auch eine gewisse Gelassenheit dabei zu bewahren.

Etwas darüber zu lernen, was man denkt und wie das eigene Denken funktioniert, finde ich sehr hilfreich. Dies steht oft nicht im Zentrum spiritueller Praxis, aber es ist von großem Wert für die Persönlichkeitsentwicklung und für die Selbsterkenntnis. Es ist ein gutes Werkzeug, um sich verstehen zu lernen. Gleichzeitig schafft es die Möglichkeit, Denkgewohnheiten zu verändern und so den eigenen Horizont zu erweitern.

16.08.2011 :: Tun und Lassen

In unserer gesellschaftlichen Prägung gibt es eine Marschrichtung, die alles durchzieht und die als selbstverständlich erlebt wird. Wir wollen etwas schaffen, produzieren oder etwas machen. Wir stecken uns Ziele, damit das, was noch nicht da ist, möglichst bald Realität wird. Menschen, die aktiv sind, die vielen Projekten und Plänen nachgehen, die ihre ganze Kraft in alles Mögliche stecken, werden geschätzt und bewundert. Wer viel bewegt auf dieser Welt, ist wer. Unser ganzes Wirtschaftsleben basiert natürlich darauf, ein ständiges Wachstum ist wichtig - immer mehr, mehr, mehr.

Das dieses ständige >> Mehr von Allem << nicht unbedingt glücklich macht, wird immer wieder deutlich. Das wir damit auch die Umwelt zerstören, Tiere quälen und Menschen ausbeuten, ist ebenso bekannt, wird aber gerne als Schattenseite unseres gelebten Gesellschaftsvertrages verdrängt.

Selbst in vielen Psychotherapien geht es darum, wieder leistungsfähig zu werden. Entspannung und Erholung wird dann eher als Mittel gesehen, damit man dann wieder leistungsfähig ist oder seine Leistungsfähigkeit auch dauerhaft abrufen kann. Auch Meditation wird in diese Richtung eingesetzt - 20 Minuten Pause, damit man dann wieder kraftvoll zupacken kann.

Eine interessante Frage ist: "Was treibt mich eigentlich durchs Leben?" Das konfrontiert die so selbstverständliche Haltung, das Machen und Tun durchweg sinnvoll wären.

Manchmal wird es so offensichtlich, wie Menschen getrieben durch das Leben gehen, sich über alle Maße verausgaben, weil sie in irgendeiner Weise bedürftig sind. Anstatt immer mehr zu tun, wäre ein heilsamer Alternativ-Ansatz: Wie kann ich lernen, Dinge zu lassen?

Lassen und los-lassen, darum geht es viel in Meditation. Vielleicht kann es langfristig und befriedigend gelingen, unruhige Getriebenheit loszulassen, weil man es nicht mehr braucht. Weil man auch ohne diesen ganzen Rummel glücklich sein kann und seinen Frieden findet. Vielleicht sogar in einer nie dagewesenen Qualität. Wie wäre das, wenn man kaum noch was braucht, um glücklich zu sein? Ich meine nicht, seine Bedürfnisse zu verdrängen, sondern wirklich Quellen der inneren Unruhe, die einen immer wieder bedrängen, zum versiegen zu bringen.

Die Getriebenheit ist ungefähr so, wie ein hungriger Löwe, der dringend Futter braucht. Es braucht jede Menge, um das ständige Hungergefühl zu befrieden. Manchmal braucht es sogar ständige Beschäftigung und es reicht trotzdem noch nicht.

Das Gegenmodell wäre, dass man satt ist, dass es nichts braucht. Man ist angekommen, es ist gut, wie es gerade ist. Ist unser Organismus wirklich ständig so hungrig nach all den Dingen, die unser Leben so ausfüllen? Oder ist das alles Scheinglück, Illusion und Irrweg? Braucht ein gesundeter Mensch vielleicht gar nicht so unglaublich viel, wie wir heute in der westlichen Zivilisation meinen zu brauchen?

Letzlich erzählte mir ein Kunde, dass er auf dem Jakobsweg war und eine wichtige Erfahrung war, dass er all den Kram gar nicht braucht, der ihn zu Hause umgibt. Er hatte auf dem Weg nur einen kleinen Rucksack für das Allernötigste. Und er war so glücklich, wie schon so lange nicht mehr...

Ich finde dies ein spannendes und schwieriges Ziel zugleich. Ich übe da schon viele Jahre, von Dingen loszulassen, die mich durch das Leben treiben. Ich empfinde das als eines der schwierigsten Übungen, tägliches Scheitern inklusive. Und doch bekomme ich immer mehr eine Ahnung davon, wie wertvoll dieses Lassen können im Leben ist. Ich halte das mittlerweile für viel attraktiver, als sich ständig neue Dinge zu suchen, um seine Bedürftigkeit zu stillen. Und ich ahne, wie vieles nie wirklich befriedigen kann und Illusion bleibt.

Interessant ist auch, dass Lassen vor allem Innenarbeit ist, Tun hingegen Außenarbeit.

Einst empfing Meister Nan-in einen Lehrer der Philosophie. Nan-in schenkte ihm zur Begrüßung Tee ein, doch als die Schale voll war, goss er weiter. "Halt!", rief der Lehrer. "Die Schale ist voll. Mehr geht nicht hinein!" Nan-in sagte: "So wie diese Schale Tee bist auch du voll mit deinen eigenen Ansichten. Ich kann dich nicht Zen lehren, bevor du deine Schale geleert hast."
(Quelle unbekannt)

08.07.2011 :: Was ist Glauben?

Das Wort Glauben wird arg strapaziert für ganz unterschiedliche Vorstellungen. Letztens las ich von einer Bedeutung, die mich ansprach: Glaube ist das Vertrauen in etwas Gutes, was ich momentan nicht sehen kann. Wenn ich in tiefer Verzweiflung bin und mir aus meinem jetzigen Gefühlszustund nicht vorstellen kann, dass es jemals anders wird, dann hilft mir der Glaube dabei, das Bewusstsein zu nähren, das auch bessere Zeiten kommen werden. Wenn alles dunkel ist, bewahre ich mir die Gewissheit, dass irgendwann wieder Licht erkennbar wird.

Eigentlich ist das ja eine schlaue Sache und Überlebens-Chance. Wenn es wirklich so ist, das etwas (wieder) kommen wird, wir es nur noch nicht fühlen und erkennen können, dann hilft der Glaube daran, das wir durchhalten und nicht verzweifeln. Der Glaube überbrückt dann größere Distanzen, die das Gefühl und unsere Gedanken nicht bewältigen können.

Wir verlieren den guten Weg und die gute Idee nicht aus den Augen und erkennen die Zeichen, die zu ihm hinführen. Wir bleiben sensibel für das Wesentliche, was uns wieder ins Licht führt. Gleichzeitig können wir unsere Kraft abrufen, wo andere schon längst resigniert und verzweifelt aufgegeben haben.

Der umgedrehte Fall ist aber auch hinreichend gut bekannt und wird immer wieder von Menschen durchlebt: Man glaubt an etwas, was nie Realitität werden wird. Man glaubt an eine Illusion, auch Irrglaube genannt. Viel Kraft und Energie fließt in etwas, was nicht trägt und keine Substanz hat. Das ist die Schattenseite des Glaubens.

Das ist es vielleicht, was ich manchmal bei Predigten erlebe. Ein ärgerlich-zorniges Gefühl, was in mir aufsteigt. Wo ich denjenigen am liebsten mal schütteln wollte und ihm sagen: "In welcher Welt lebst du eigentlich? Das ist doch völlig naiver Unsinn, den du da erzählst!"

Mir scheint, es bleibt eine Gratwanderung. Manches erscheint uns in schwierigen Zeiten völlig abstrus, ist es aber nicht. Anderes ist in der Tat völlig abstrus und abwägig. Sollte man seinem Gefühl folgen, oder das Gefühl beiseite drängen, um einem festen Glauben zu folgen?

Blinder Glaube ist unerschütterlich, weil es keine Rolle mehr spielt, was wir denken und fühlen. Es spielt auch keine Rolle mehr, wie andere auf uns reagieren. Blinder Glaube lässt sich von nichts beeindrucken und von nichts beeinflussen. Er hat sich losgelöst von den restlichen Quellen, die uns Hinweise geben können, was richtig und sinnvoll ist.

Aus einem ganzheitlichen Verständnis erscheint es mir sinnvoll, mit dem Denken, dem Fühlen, den sozialen Kontakten und dem Glauben in der Welt zu sein. Nichts auzuschließen, sondern alles mit einzubeziehen. Ich halte das Leben für viel zu komplex, als das wir es uns leisten können, auf irgendeinen Teil zu verzichten. Vielmehr spielt die richtige Vermittlung bzw. die Kommunikation zwischen diesen Teilen die wesentliche Rolle. Entwickle ich ein Verständnis, warum ich so fühle, aber jenes glaube? Kann ich das Risiko eingehen, vorerst einem Glauben zu folgen, auch wenn er (noch) nicht meinem Gefühl entspricht? Um Erfahrungen zu sammeln, die den Glauben bestätigen oder auch nicht?

Wenn man durch einen Glauben die Augen öffnet und die Aufmerksamkeit sensibilisiert, kann man zu Erkenntnissen kommen, die den Glauben festigen. Das hilft einen sicherlich in schwierigen Zeiten, die Hoffnung nicht zu verlieren. Erkenntnisse und Erfahrungen tragen einfach viel mehr, als lediglich eine Vorstellung. Glaube wäre damit die Landkarte, das, was aber eigentlich trägt und Sicherheit vermittelt, sind die Wege, die man wirklich gegangen ist.

Leider ist die Gefahr von Selbsttäuschung aber auch sehr groß. Geht man z.B. mit dem Glauben in die Welt "Alle Männer sind Schweine!", dann bestätigt sich diese Vorstellung auch sehr schnell. Das Phänomen der Wahrnehmungsverzerrung schlägt zu. Man ist hochsensibel für alle Unschönheiten, die Männer in die Welt tragen, aber immun gegenüber den schönen Seiten, die auch vorhanden sind. Jede Wertung über die Welt kann sich so recht schnell verfestigen.

Sich wieder vorbehaltslos und vorurteilsfrei auf die reine Wahrnehmung zurückzuführen, kann helfen. Wenn nur der geringste Wunsch in einem ist, etwas möge so sein, dann ist unser Blick verzerrt. Die Gefahr dieser Selbsttäuschung wird leider viel zu oft übersehen, vor allem dann, wenn sich ein Irrglaube mit den Interessen bestimmter Gruppen deckt.

Ich denke, ein guter Glaube ist etwas, was gewachsen ist und durch Erfahrung und Erkenntnis getragen wird. Der Glaube gibt uns Ideen, die noch nicht gedacht, gefühlt und erfahren werden können. Mit dieser Idee können wir sensibel für bestimmte Aspekte werden und dann auch Erfahrungen machen und Erkenntnisse gewinnen. So könnte Glaube eine wichtige Säule für die menschliche Entwicklung werden.

23.06.2011 :: Bewertungen verzerren die Wirklichkeit

Ich fuhr gestern gemütlich im Auto in die Innenstadt. Es regnete stark. Aus dem Radio eine Stimme: "...heute leider schlechtes Schmuddelwetter..." Ich dachte mir, schade, heute ist leider nur ein minderwertiger Tag.

Doch irgendwie passte das nicht zusammen, ich fand es nämlich eigentlich sehr schön. Da fiel mir auf, wie ich mal wieder ein fremdes Urteil unreflektiert übernommen habe. Es besteht gesellschaftlich ein ziemlicher Konsens, dass wir sonniges Wetter als sehr schön empfinden (sollen) und Regenwetter als schlecht.

Dabei merke ich, wie mich solche Urteile von dem weg führen, was eigentlich ist. Stattdessen übernehme ich das Gefühl, was das Urteil oder die Bewertung in mir auslöst. Bewertungen entscheiden darüber, ob in mir positive oder negative Gefühle entstehen. Und überhaupt, was sind denn positive und negative Gefühle? Auch das ist ja schon wieder eine Wertung.

Ich bin mir sicher, mir geht etwas wesentliches verloren, wenn Urteile meine Sinne trüben. Wenn sie mich wegführen von der eigentlichen Erfahrung. Und genau das ist es ja, was man in Meditation immer wieder übt - bei der ursprünglichen Erfahrung zu verweilen, ohne zu werten.

Ich saß nun bei dem Regen im Auto und die eigentliche Erfahrung war, dass dieser Regen eine schöne Abwechselung für mich ist. Nach vielen Tagen Sonnenschein war es einfach schön, jetzt mal wieder andere Qualitäten zu spüren: Kühlere Luft, peitschender Regen und Wind. Im Auto sitzend war es zudem recht angenehm entspannend, diesem Naturschauspiel zuzuschauen.

Natürlich ist nicht alles wertfrei, insofern gibt es schon angenehme und unangenehme Erfahrungen. Hätte ich durch den Regen laufen müssen, wären meine Sachen irgendwann durchgeweicht. Dann hätte ich eine feuchte Kälte gespürt, die mein Körper als unangenehm empfunden hätte. Aber auch hier macht es einen Unterschied, im Kopf der Idee von "scheiß Wetter" zu folgen, oder wirklich bei der Erfahrung zu bleiben, wie sich etwas gerade anfühlt.

Urteile und Bewertungen prägen einer Erfahrung einen Stempel auf, wie man in der Zukunft ähnliches empfinden soll. Je mehr man davon hat, um so weniger erlebt man das, was wirklich ist. Und um so starrer und festgelegter erfährt man die Welt. Doch die Welt ist eigentlich ganz anders, überraschend anders.

15.06.2011 :: Alles hat eine Bedeutung

Wenn sich Menschen auf eine spirituelle Suche machen, kommt es oft vor, dass eine neue Vorstellung von Bedeutungen wächst. Geprägt von einem aufgeklärt-wissenschaftlichen Weltbild sind viele Bedeutungsinhalte verschwunden. Das Dinge so passieren, wie sie passieren, ist oft schlichtweg Zufall. Damit meint man aus diesem Weltbild, dass es keinerlei Bedeutung hat, was sich da ereignet hat. Man kann maximal nachvollziehen, dass ein Zusammentreffen bestimmter Umstände genau zu dem führte. Kann also kausale Zusammenhänge nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip erkennen. Aber irgendwo kommt man wieder an den Punkt, dass es unbedeutende Zufälligkeit war, was sich da ereignet hat.

Genau diese Zufälligkeit verändert sich nun für viele, die sich auf die spirituelle Suche machen. Auf einmal wird das Wort Zufall hinterfragt: Gibt es überhaupt Zufall im klassischen Sinn oder hat jeder Zufall auch seinen Sinn und seine Bedeutung? Steckt sozusagen eine Botschaft dahinter? Musste es genau so passieren, damit mir etwas klar wird? Wurde mir diese Erfahrung geschickt, damit ich oder die Welt etwas daraus lernen kann?

Hier greift die Vorstellung, dass es eine Intelligenz jenseits dessen geben muss, was wir mit unserem Alltags-Bewusstsein erfassen. In etwa so, wie ein Vogel, der auf einer Hochspannungsleitung sitzt, sagen könnte: "Dieses Teil, auf dem ich sitze, ist bestimmt nicht nur zufällig hier. Dieses Etwas hat bestimmt einen höheren Sinn, der sich mir aus meinem Alltags-Bewusstsein nicht erschließt."

Und auf einmal verändert sich die Welt für einen: All das, was früher keinen Sinn hatte und nur zufällig war, bekommt jetzt einen Sinn oder tieferen Zusammenhang.

Bei einer Recherche im Internet stieß ich zufällig auf einen esoterischen Online-Shop. Es war einer der Treffer, die ich bei meiner Recherche als unwichtig aussortiert hätte, weil ich gar nicht zum Kaufen unterwegs war. Doch dort stand dann auf der Startseite sinngemäß: "Es ist kein Zufall, dass du zu uns gefunden hast. Herzlich Willkommen, wir haben schon auf dich gewartet." Das verblüffte mich. Haben die tatsächlich auf mich gewartet? Das schmeichelte mir. Ist die Bedeutung, dass ich hier her gefunden habe, wirklich die, etwas zu kaufen? Ich ließ das etwas auf mich wirken und sagte mir dann: "Ok, das hat bestimmt eine Bedeutung und die könnte durchaus darin liegen, kurz Hallo zu sagen und wieder zu verschwinden." Ich glaube, der Shop-Betreiber hatte an eine andere Bedeutung gedacht.

Kann es Bedeutungen geben, die uns noch nicht bewusst sind oder die uns niemals bewusst werden? Davon bin ich fest überzeugt. Dazu müssen wir uns gar nicht in spirituell-esoterische Sphären begeben, die psychologische Erforschung des Bewusstseins offenbart hier schon einiges, was als recht gesichertes Wissen gilt. Da wählen Menschen scheinbar zufällig bestimmte Lebenspartner, mit denen sie dann auch wieder scheinbar zufällig genau das gleiche Drama ihrer Kindheit fortsetzen. Hier wirken unbewusste Prozesse, dass wir empfänglich für etwas sind, was uns schlussendlich wieder unglücklich macht. Psychotherapie ist dann der Weg, diese unbewussten Prozesse aufzudecken und bewusst zu machen.

Die systemische Familientherapie hat Bedeutungen herausgearbeitet, die auch oft unerkannt blieben. Da ist z.B. ein Kind ständig krank und die Suche nach der Ursache beschränkt sich immer isoliert auf das Kind. Das die Krankheit aber Ausdruck bzw. Symptom eines kranken Familien-Systems ist und man die ganze Familie betrachten muss, dass wurde erst durch die genaue Beobachtung dieser psychologischen Herangehensweise bewusst.

Umgedreht glaube ich, dass es jede Menge falsche Bedeutungs-Vorstellungen gibt. Manche Menschen leiden fürchterlich darunter. Aberglaube sieht Bedeutung, wo keine Bedeutung ist. Er suggeriert damit eine falsche Vorstellung, die fatale und weitreichende Folgen haben kann. Auch falsch verstandener religiöser Glaube kann machtvoll Bedeutungen in uns einpflanzen, die einen starken Einfluss auf unser Leben haben.

Wir leben in einer von Gier und Profit geprägten Welt. Da ist es naheliegend, dass wir auch regelmäßig mit Bedeutungen zu tun haben, die nur der Gewinnoptimierung dienen. "Dieser Spezial-Yoghurt wird Wunder in dir bewirken..."

Ich finde es gut, offen und sensibel für Bedeutung zu werden, die einem noch nicht offenbar ist. Ich denke, die Welt ist voll von Sinnzusammenhängen, die nur durch eine offene Haltung erkennbar werden. Das ist eine Form von Sensibilität und Achtsamkeit, wie sie auch durch Meditation geschult wird.

Auf der anderen Seite muss man auch achtsam sein, nicht immer mehr falsche Bedeutungen in sich anzuhäufen, weil diese verwirren und falsche Impulse in uns auslösen.

Bedeutsamkeiten müssten sogesehen auch immer wieder geprüft werden, ob sie sich bestätigen oder doch eher ein Irrtum waren. So dass die eigene Bedeutungswelt in einem stetigen Wandel wäre, hin zu einem immer besseren Verständnis der Dinge, wie sie sind.

Es gibt auch noch einen weiteren Bereich, den besonders Viktor Frankl geprägt hat. Er meinte mit Sinn oft nicht, dass das, was uns begegnet einen Sinn hat. Er meinte, dass wir dem, was uns begegnet, einen Sinn geben können. Das wir also kreativ werden und die Dinge so "verwursten", dass schlussendlich etwas Sinnvolles bei heraus kommt. Wir werden damit Teil einer Sinnkette. Durch unsere Kreativität und unseren Gestaltungswillen nimmt die Realität eine sinnvolle Gestalt an.

05.06.2011 :: Ich muss besser werden!

Höher, weiter, schneller! Viele Menschen haben es verinnerlicht, dass die erstrebenswerte Marschrichtung im Leben Besser werden heißt. Nicht selten wird dies auch hartnäckig oder gar unbarmherzig praktiziert. Wir haben in unserer Gesellschaft überall Strukturen und Systeme geschaffen, wo diejenigen belohnt werden, die möglichst verbissen nach oben wollen.

Da fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, was passiert, wenn man sich mit so einer Prägung auf die spirituelle Suche macht. Auch hier entsteht dann ein großer Erfolgsdruck: Man muss beständig besser werden. Man muss noch mehr meditieren. Man muss besser werden, als die anderen, die mit einem meditieren. Klar, dass dann auch ein ständiger Vergleich wichtig wird. Bin ich schon besser und weiter, als der oder die dort? Hab ich vielleicht schon teilweise den Level meines Lehrers erreicht?

Klar, dass solche Bestrebungen dann auch noch von manchen spirituellen Angeboten bedient werden. Ich war mal in einer spirituellen Gemeinschaft, da meinte man: "Unsere Methode ist der Porsche zur Erleuchtung!" Mit dem Porsche zur Erleuchtung - das hört sich gut an. Schneller sein als andere, mit einem kraftvollen Motor unterm Hintern. Gas geben und lächelnd in den Rückspiegel gucken, wie man die anderen abhängt! Glücksgefühle, erster zu sein.

Ich habe noch nie einen Menschen erlebt, bei dem das Leben nur geradlinig nach oben führte. Hingegen habe ich viele Menschen gesehen, die dies vorgeben oder vorspielen. Da wird die Illusion gepflegt, dass alles nur immer vorwärts geht. Mit dem Preis, dass man all das, was nicht in diese Weltsicht passt, ausblendet. Man will das in seinem Leben nicht sehen und wahrnehmen.

Durch Meditation könnte man aber gerade das lernen. Anzunehmen, dass es einem gerade schwer fällt, sich zu konzentrieren. Oder das man gerade sehr müde ist. Anzunehmen, dass man keine Lust, keine Kraft oder keine Energie hat. Seine Traurigkeit oder Resignation zu spüren. Den Frieden finden mit dem Menschen, der man gerade ist. Man muss nicht erst etwas werden, damit man in Ordnung ist. So wie es gerade ist, ist es! Und es ist in Ordnung, so wie es ist!

Diesen Gleichmut dem Leben gegenüber - ob es gerade scheinbar nach oben oder unten geht - den finde ich sehr wertvoll. Das sorgt für mehr Bewusstheit, weil man nun eine Seite des Lebens klarer erleben kann, die man zuvor nicht ausgehalten hat. Vor der man zuvor auf der Flucht war.

Dieser Ehrgeiz, ferne Ziele erreichen zu wollen, scheint mir weg zu führen, von dem, was unmittelbar ist. So müssen Hindernisse überwunden statt durchlebt werden. Überhaupt schon das Wort "Hindernis" ist bereits eine Wertung und unsere Sprache ist durchzogen von Bewertungen, die es schwer machen, das zu sehen, was einfach ist.

Das, was einfach ist: Letztens ist mir ein schönes Werkzeug aus der Orgodynamik begegnet. Es ist das Wort "Aha". Man könnte sagen, es dient dem Erkennen von dem, was gerade ist. Alles, was in unserem Bewusstsein auftaucht, begegnen wir mit der "Aha" Haltung. Das hilft, auch den Inhalten aufgeschlossen zu begegnen, die man vielleicht nicht so gerne wahrnimmt.

Ich fühl mich gerade so kraftlos. Aha. Ich sollte mich disziplinieren. Aha. Jammer nicht, mach einfach! Aha.

Dieses Aha kann helfen, sich zu desidentifizieren. Da ist etwas in mir, was sagt "Ich sollte mich disziplinieren". Vielleicht ist man bisher noch nie auf die Idee gekommen, dass das nicht wirklich ich bin, sondern lediglich eine Konditionierung, die regelmäßig in mir auftaucht. Oft braucht es nur einen anderen Blickwinkel und die Welt sieht ganz anders aus.

Weblinks:

16.05.2011 :: Dankbarkeit

Ich erinnere mich an Weihnachten, ich muss damals so 5 Jahre alt gewesen sein. Wir wurden reichlich beschenkt und doch fehlte etwas ganz wichtiges. Mein Opa hatte mir vesprochen, mir einen Revolver zu schenken. So einen, womit das Selbstbewusstsein eines Cowboys enorm steigt. Ich freute mich schon wochenlang darauf. Als ich die Geschenke auspackte, suchte ich fieberhaft nach diesem Revolver. Doch irgendwie war er nicht dabei. Ich war traurig, sagte aber nichts. Als wir dann im Bad bettfertig gemacht wurden, fragte ich meine Mutter in kindlicher Naivität, ob das mit den Geschenken denn jetzt schon alles gewesen sei. Ich wollte nicht so direkt nach dem Revolver fragen und meinte, diese indirekte Formulierung wäre vorteilhafter.

Natürlich kam es, wie es kommen musste und meine Mutter schrie mich an, wie ich denn so undankbar sein könne. Ich solle mich schämen dafür. Das war eine Lektion für mich, dass ich gefälligst dankbar zu sein habe. Dankbarkeit fühlte sich seither für mich wie eine unangenehme Pflichtübung an. Wenn mir jemand sagte, sei doch mal dankbar, dann spürte ich nur Vorwurf, irgendwie nicht richtig zu sein und etwas nicht zu erfüllen, was von mir erwartet wird.

Meine katholische Prägung förderte auch diese Dankbarkeitsvorstellung. Ich solle dankbar sein, dass mir das Leben geschenkt wurde. Das fühlte sich so an, als ob ich Gott etwas schuldig bin, weil er mir das Leben schenkte. Dafür müsse ich jetzt auch zeitlebens mich seinen Wünschen entsprechend verhalten und unterordnen. Ein Deal sozusagen, sein Teil war bereits erfüllt, nun müsse ich meinen Teil noch erbringen, andererseits sollten Schuldgefühle mir das Leben schwer machen.

Ich bin mir heute ziemlich sicher, dass diese Vorstellungen von Dankbarkeit auf Lieblosigkeit beruhen und etwas stark verzerren, worum es wirklich geht.

Echte Dankbarkeit ist etwas Wunderbares und es lohnt sich, diese für sich zu kultivieren. Wenn ich mich nach der Meditation nochmal verneige, dann versuche ich, in Kontakt zu kommen, mit dieser echten Dankbarkeit für das Leben. Echte Dankbarkeit ist frei, sie kann nicht eingefordert werden. Echte Dankbarkeit ist wie die Liebe und das Schöne. Mir wird etwas bewusst und es stellt sich Freude darüber ein, dass es dies gibt. Dankbarkeit ist kein Deal, bei dem man seinen Teil erbringen muss. Dankbarkeit ist einfach, zu sehen und zu würdigen, dass es gute Umstände gibt. Das wir etwas geschenkt bekommen. Das wir umgeben sind von etwas, was Hoffnung macht, was trägt, was das Herz erfüllt.

Der Buddhismus hat mir geholfen, mal weg zu kommen von der Idee, man müsse irgendjemandem dankbar sein. Sich also mal von einem Gegenüber ganz zu lösen und einfach nur zu erkennen, dass es schön ist, dass es etwas gibt. Ganz unabhängig davon, was oder wer die Ursache dafür ist. Aus diesem Blickwinkel Dankbarkeit zu erfahren, empfinde ich als sehr bereichernd.

Wenn mir heute jemand sagt "Sei doch mal dankbar!", dann gelingt es mir manchmal, wirklich mal hinzuspüren, ob ich im Moment etwas Schönes erkennen kann, was ich zuvor übersehen habe.

27.12.2010 :: Zeit in Gesprächen

Ich hab eine Bekannte, da muss ich am Telefon sofort genau wissen, was ich will. Ganz konkrete Sachen, zack, zack. Sobald eine kleine Pause entsteht, wird sie unruhig und möchte das Gespräch beenden. Sie selbst ist in ihrem Beruf sehr eingespannt und muss sich alle paar Minuten um was anderes kümmern. Sie spielt überall Feuerwehr, ist ständig konfrontiert mit Dingen, wo sie schnell reagieren muss.

Nach so einem Gespräch bin ich manchmal etwas frustriert, weil ich mehr Zeit gebraucht hätte. Zeit wozu? Ich hab das in den letzten Jahren mehr schätzen gelernt, das man einfach in der Verbindung miteinander sich Zeit gönnt und lauscht. Irgendwas wird auftauchen. Einfach wenn wir uns Zeit nehmen. Wir lassen diese Verbindung jetzt auf uns wirken und gucken, was entstehen will. Und wenn nichts entsteht, auch gut, dann scheint derzeit nichts wichtig zu sein.

Für mich ist dieses "Lauschen und abwarten, was auftaucht" wie eine Meditation. Sie hat ihren Wert. Aus ihr heraus können Dinge im Moment auftauchen, die zuvor vielleicht nicht sichtbar oder spürbar waren. Weil man überfüllt ist mit allen möglichen Gedanken und Verpflichtungen. Das kurzfristig Dringliche überdeckt das Wesentliche.

Im Alltag verliere ich das auch oft und kann mir keine Zeit zum lauschen gönnen. Ich habe aber den Verdacht, dass es viel öfters gehen könnte und ich nur Opfer hektischer Betriebsamkeit werde. Etwas, was gar nicht nötig wäre, wo ich aber noch so empfinde, als müsste ich.

27.11.2010 :: Gate, Gate, Paragate

Ich erinnere mich an ein wunderschönes Gruppenritual vor ein paar Jahren, in dem wir das Mantra "GATE GATE PARAGATE PARASAMGATE BODHI SWAHA" zelebrierten. Mit diesem Mantra schließt das Herz-Sutra. Die Bedeutung ist etwa "gegangen, gegangen, ans andere Ufer gegangen, gänzlich hinüber gelangt -ERWACHEN- aaah!".

Ich hab jetzt auf Youtube ein schönes Video gefunden, was eine ähnliche Gruppenerfahrung wiedergibt: http://www.youtube.com/watch?v=D7wHUqUmsSE

Es ist schön, durch so ein Video an die herzberührende Zeit erinnert zu werden. Ich bin bei solchen Erfahrungen öfters hin- und hergerissen. Einerseits spüre ich, wie mein Herz berührt wird und sich öffnet. Und wie gut das tut. Auf der anderen Seite kommen Zweifel auf und ich fange an, zu misstrauen. Manchmal stimmt aber alles und ich kann mich dieser herzberührenden Erfahrung hingeben.

Ich find es toll, dass es solche Videos gibt, kann man doch so anderen Menschen an einer Erfahrung teilhaben lassen. Wenn man nur davon erzählt, können viele nichts damit anfangen.

26.11.2010 :: Eine Geschichte über "Bessere Menschen"

Mulla Nasrudin sprach eines Tages mit einer Gruppe junger Leute, die von weither kamen und seine Schüler werden wollten.

"Jeder von euch", sagte er schliesslich, "der nicht Weisheit, sondern Zerstreuung sucht, der lieber Meinungen austauschen statt forschen will, der ungeduldig ist, der lieber nimmt, statt zu geben - der soll seine Hand heben." Natürlich rührte sich kein Finger unter den Gästen.

"Sehr gut", sagte Nasrudin, "kommt nun mit, ich möchte euch einige meiner Schüler vorstellen, die seit drei Jahren bei mir sind."

Er führte sie in einen Meditationsraum, wo einige Leute verschiedenen Alters in einer Reihe sassen. Er wandte sich an sie und sagte:

"Wer von euch Zerstreuung sucht und keine Lust zu lernen hat, wer ungeduldig ist und Klatsch und Debatten vorzieht, die Nehmenden und nichts Gebenden unter euch - all jene mögen aufstehen." Und schon stand die ganze Schülerreihe auf.

Der Mulla wandte sich nun wieder der Gruppe der Neuankömmlinge zu:

"In euren Augen seid ihr heute bessere Menschen, als ihr wäret, wenn ihr drei Jahre bei mir verbringen würdet. Denkt also gut darüber nach, wenn ihr nun nach Hause zurückkehrt und irgendwann einmal wiederkommt, welche Absicht euch wieder zu mir führt: Wollt ihr euch für besser halten, als ihr seid, oder für schlechter, als die Welt von euch denkt?"

(Verfasser unbekannt)

06.11.2010 :: Der Intuition folgen

Folge deiner Intuition - das sagt sich so leicht. Da steht man im Geschäft und könnte etwas, was man gerne hätte, für die Hälfte des normalen Preises bekommen. Die Stimme "Will ich haben" ist so stark, kann man da überhaupt noch seine Intuition wahrnehmen? Und ihr dann auch noch folgen? Wenn auch die Intuition "Kauf es!" sagt, ist das sicherlich kein Problem. Doch was, wenn die Intuition "Lass es!" sagt? Dann zeigt sich, wer ein Schönwetter-Kapitän ist und die Intuition nur dann hoch hält, wenn sie sich mit den eigenen Wünschen verbündet.

Ich kenne viele Alltags-Situationen, in denen ich alles andere als frei bin, meine Intuition zu spüren, geschweige denn, ihr zu folgen. Meditation kann in so einer Situation noch die sinnvollste Bewusstseinsübung sein. Loszulassen von allem, Verstrickungen lösen, Wünsche und Wollen zur Ruhe bringen. Wenn all das zur Ruhe kommt, wird für mich die Intuition mehr spürbar. Intuition hat nichts mit Verstrickung zu tun. Sie ist immer da, nur sehr oft ist man nicht in Kontakt damit, weil sie überdeckt wird, von so vielen anderen Dingen, die mich vereinnahmen. Wenn alles still wird, dann bekomme ich Kontakt mit einer Weisheit, dann erkenne ich, was eigentlich sinnvoll wäre.

Da ist es, das verräterische Wort: Eigentlich. Selbst in der Überzeugung, dass die Intuition schon recht hat, kann ich in der Realität doch oft nicht folgen. Der Weg, den die Intuition vorgibt, ist manchmal verdammt hart oder schwer. Den Wünschen, der Bequemlichkeit oder der Gewohnheit zu folgen, so einfach.

Daneben ist es auch eine Kunstfertigkeit, Intuition von anderen halbbewussten Impulsen zu unterscheiden. Was ist Intuition und was ist ein Dämon? Es gibt so vieles, was in unserer Seele noch nicht richtig verarbeitet oder befriedet ist und sich dann in Form inneren Geplappers meldet. Ich erinnere mich an einen Vortrag von Pierre Stutz, in dem er näher auf diese Problematik eingeht. Wenn ich mich recht erinnere, charakterisiert er die Intuition als etwas, was sich nicht aufdrängt. Die Intuition will nichts, auch wenn es gut sein kann, ihr zu folgen. Der Intuition selber ist das aber egal, sie hängt nicht an unserer Entscheidung. Dämonen hingegen sind oft sehr bissig und verärgert, wenn man denen nicht folgt. Die wollen was von uns. Es gibt aber auch Wölfe im Schafspelz...

Die Frage ist auch noch, was Intuition eigentlich ist. Mein Verständnis davon ist eigentlich eine Art göttlicher Impuls, der völlig losgelöst vom Ego ist und der allumfassend ausgerichtet ist. Eine Botschaft aus dem "GROßEN GANZEN" sozusagen.

Daneben gibt es aber durchaus auch eine ganz praktische Alltags-Intuition. Vielleicht besteht die darin, mal seine momentane Gier und sonstigen Verstrickungen zurückzustellen, um dann zu spüren, was man wirklich will. Sozusagen einen etwas umfassenderen Blick zu entwickeln, in dem man Distanz zu momentanen Gefühlen und Trieben schafft. Daraus entstehen dann wieder diese schönen Eigentlich-Sätze: "Eigentlich brauche ich diese Schuhe nicht, ich hab schon 5 Paar im Schrank." Man schöpft durch diesen Trick sein Bewusstsein allumfassender aus - bezieht also Bewusstsein wieder mit ein, was durch starke Reize (z.B. Gier) überdeckt wird. In diesem Sinne ist Intuition nichts Jenseitiges, transpersonales, sondern etwas, wie ich als Mensch für mich eine Entscheidung treffe, die mehr mit mir im Einklang steht.

In diesem Sinne kann es sogar egozentrisch orientierte Intuition geben. In dem ich also meine momentane Triebkraft zurückstelle, kann ich bessere egozentrische Entscheidungen treffen. In diesem Sinne gelingt dann auch die Botschaft: "Wünsch dir, was du willst und dann nutze deine Intuition, um es zu erreichen.", die man in so manchem esoterischen Wunschbuch findet. Die Chinesen haben da ein schönes Sprichwort:

Pass auf, was du dir wünschst, es könnte wahr werden.

24.10.2010 :: Interessante Filme

Noch nicht geguckt, aber drauf aufmerksam geworden:

20.10.2010 :: Einfach wieder Schlendern

Auf youtube fand ich von Konstantin Wecker das Lied "Einfach wieder Schlendern". Wenn man da mal hineinspürt, findet man glaube ich einen Grund, warum westliche Menschen so eine Sehnsucht nach Stille haben. Wir leben in einer überreizten Zeit. Viele Menschen sind in unzählige Verpflichtungen eingebunden, der Tag ist gut durchgeplant, jeder Freiraum ausgenutzt. Und in diesem Treiben geht eins verloren: Unbekümmert Zeit haben. Absichtslose Zeit. Einfach nur da sein.

Sich nach einer Meditation nochmal eine halbe Stunde meditative Zeit zu gönnen, in der man einfach nur da ist, kann da eine gute Idee sein.

08.10.2010 :: Sinnhaftigkeit spiritueller Praxis

Es gibt viele Zweifler, ob es überhaupt irgendwas jenseits unserer Alltagserfahrung gibt. Man will sich auf nichts einlassen, was nicht greifbar oder objektiv nachweisbar ist.

Auf der einen Seite ist diese Haltung ja auch echter Fortschritt, weil wir mutig geworden sind und uns von vielem Irrglauben befreit haben. Wieviele Menschen sind aus Angst irgendwelchen Vorstellungen gefolgt und haben ihre Freiheit beschnitten? Wieviele folgen auch heute noch Ideen, die nur erdacht sind, aber keinen Bezug zu einer echten höheren Wirklichkeit haben?

Ich glaube nur, was ich nachprüfen und beweisen kann, wäre diese moderne Form. Man öffnet sich nur noch für das, was in dieser Form nachgewiesenermaßen Relevanz hat.

Was heißt Öffnung? Ich sehe, erkenne und nehme es für mich an. Ich glaube daran, dass es sich so verhält. Ich bejahe es und beziehe es als Wirklichkeit in meine Lebensentscheidungen mit ein. So ist die Welt, und weil sie so ist, werde ich mich so verhalten.

Man kommt heute recht gut durchs Leben, wenn man sich nur auf das einlässt, was wissenschaftlich als nachgewiesen gilt. Viele praktizieren das genau so. Die physikalischen Gesetze wirken, die haben eine hohe Verlässlichkeit. Und wer sich schonmal mit der Zeit angelegt hat, wird regelmäßig feststellen, dass man einen Termin in 3 Minuten definitiv nicht mehr pünktlich erreicht, wenn man noch 20 Km zu fahren hat. Das gilt als relativ sicher - für die meisten Menschen zumindest.

Ist spirituelle Praxis nun evtl. völlig unnütz, weil das Glaubenssystem dahinter nicht wissenschaftlich überprüfbar und damit falsch sein könnte? Nicht allen kommt ja die Gnade zu, eine nicht alltägliche Erfahrung zu machen, die einem den Glauben vollständig bestätigt. Und selbst dann gibt es noch genügend Verwechselungen, wo irgendwelche Lichterscheinungen gleich eine Bestätigung für das ganze Glaubenssystem sein sollen. So wie man früher glaubte, dass Blitz und Donner von den Göttern kommt, die mit unserer Lebensführung nicht einverstanden sind.

Ich erkenne in vieler spiritueller Praxis einen direkten Nutzen auf psychischer und körperlicher Ebene. Was passiert z.B., wenn man dafür betet, dass alle Menschen gut miteinander umgehen mögen? Man stärkt einen konstruktiven Gedanken. Konstruktiv im Sinne, dass das Miteinander und die Entfaltung des Potentials aller Menschen besser gelingt und wichtig ist. Wenn wir uns so mit vielen konstruktiven Gedanken umgeben, dann nähren wir diese Gedankenwelt in uns. Und das hat Auswirkungen. Ganz egal, ob das, was in der Bibel oder anderen Schriften steht, eine Relevanz hat.

Viele kennen das aus dem beruflichen Umfeld: Wenn man sich intensiv und lange Zeit mit Ideen auseinandersetzt, dann prägt das die eigene Wahrnehmung und die Art zu denken. Dann werden einem bestimmte Dinge wichtig, die man zuvor nicht beachtet hat. Und ist das nicht sinnvoll, konstruktives Bewusstsein zu fördern?

Komischerweise findet man oft nur in der spirituellen Praxis solche Trainingssysteme. Wenn man sich täglich 30 Minuten zum meditieren hinsetzt und hierbei sich auf Liebe und Mitgefühl (Metta-Praxis) ausrichtet, dann nährt das eine Haltung in einem, die konstruktiv auf das ganze Leben wirkt. Wo findet man jenseits spiritueller Praxis so eine Übung? Wo praktizieren Menschen regelmäßig, konstruktive Gedanken zu nähren, jenseits einer spirituellen Grundlage?

Menschen ohne spirituellen Hintergrund, die ich kenne, gehen vielleicht regelmäßig ins Fitness-Studio, ins Schwimmbad oder laufen. Angebote für körperliche Fitness gibt es genügend und die sind auch anerkannt. Aber Angebote, seinen Geist auszurichten auf Sinnvolles, da scheint es wenig zu geben. Vieles entsteht eher nebenläufig aus dem Alltag heraus. Wenn man sich z.B. Sendungen im Rundfunk und Fernsehen zuwendet, die solche Geisteshaltungen fördern oder im Gespräch mit anderen Menschen. Auch kulturelle Angebote versuchen, das Schöne und Gute zu vermitteln. Manche praktizieren auch autogenes Training oder hören sich Hypnotrancen an, aber das sind auch schon wieder Dinge, die viele Skeptiker als "komisch" und "esoterisch" abtun.

Interessanterweise ist hier auch vieles konsumierend, während spirituelle Praktiken in der Regel aktive Formen der Hinwendung sind.

Spirituelle Praktiken lehren auch etwas, was in unserer aufgeklärten Zeit irgendwie abhanden gekommen ist. Wir meinen, alles kontrollieren zu können und von nichts mehr abhängig zu sein. Das Tun und Machen steht im Vordergrund und ist Antwort auf vieles, was uns im Leben begegnet. Wir müssen agieren.

Spirituelle Praktiken hingegen fördern den Aspekt der Hingabe: Dinge anzunehmen, etwas sein zu lassen, zuzulassen, zu lauschen, sich anvertrauen, Vertrauen in die Schöpfung zu haben, um etwas zu bitten. Und das ist etwas sehr wichtiges, vielleicht ein Stück Realität, die wir gerne aus unserem modernen Leben heraushalten. Die Lösung für viele Dinge des Lebens liegt gerade in solchen Qualitäten.

Eine Reaktivierung von Hingabe erscheint mir deshalb, jenseits jeder Spiritualität, als sehr nützlich. Mitunter ist es auch ein schmerzvoller Prozess des Erkennens, dass wir doch nicht so viel im Griff haben, wie wir meinen. Um dann irgendwann festzustellen, das das auch gar nicht so wichtig ist.

24.09.2010 :: Guru-Falle

Ich war viele Jahre recht empfänglich für Gurus. Ich suchte mir gerne Menschen, die mich faszinierten, weil sie ein Ideal verkörperten, was mir gerade wichtig war. All zu schnell fing ich an, diese Menschen zu idealisieren, verlor also meinen kritischen Geist, der bei der Suche nach Wahrheit ja so wichtig ist. Alles, was diese Menschen dann vorlebten, deutete ich in eine ideale Richtung. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser Mensch auch irgendwelche Schattenseiten hatte. Ich suchte also immer nach Begründungen, warum auch "merkwürdige" Seiten genau so gewollt sind und eine lehrhafte Botschaft für mich enthalten.

Diese Anfälligkeit für Gurus kann ich auf meine frühen Erfahrungen mit Bezugspersonen zurückführen. Ich wuchs in einem Umfeld auf, in dem einige Erwachsene die Wahrheit für sich gepachtet hatten und nie Fehler machten. Oder Fehler wurden so umgedeutet, dass die Unantastbarkeit wieder hergestellt war. Was ich gebraucht hätte, wären Erwachsene, die mir offen und ehrlich ihre Schwächen eingestehen und damit auch hier bei der Wahrheit geblieben wären.

Mir wurde gerade durch ein "Ein Kurs in Wundern" klar, dass jede Form, die Wirklichkeit zu verzerren, Leid hervorruft. Und auch im Buddhismus ging es immer wieder um das Thema, zu sehen und anzunehmen, was ist. Der Buddha sagte ja auch sinngemäß: "Glaubt mir nichts, überprüft alles." Ich glaube, er wusste um die Gefahr, ihn als Guru zu sehen und dann unreflektiert seine Botschaften zu leben, die allzuschnell falsch verstanden werden.

Ich las gestern in der Zeitschrift Connection vom September einen Artikel über Osho. Auch da wurde das Thema angesprochen, dass man Osho sehr oft nur als Guru sieht, aber sich nicht eingestehen möchte, dass auch er seine sehr unrühmlichen Seiten hatte. Aber die wurden und werden ganz oft als geläuterte Botschaft uminterpretiert. Ich halte es mittlerweile für naheliegender, dass auch jeder Guru ganz unentwickelte Seiten hat, denen man auf keinen Fall nacheifern sollte. Schattenseiten müssen die Verdienste nicht schmälern, wenn man das eine vom anderen unterscheiden kann.

Das deckt sich auch mit Forschungen von Ken Wilber, nach denen es mehrere Entwicklungslinien in einem gibt. Platt ausgedrückt, kann ein Mensch spirituell sehr weit sein, als Person aber ein Arschloch. Personale und transpersonale Entwicklung kann sich in gewissem Grad unabhängig vollziehen.

Da steckt auch eine große Gefahr. Wenn Menschen auf personaler Ebene wenig entwickelt sind, treten sie auch schnell in die Guru Falle. Entweder, dass sie unreflektiert einem Guru folgen, oder dass sie sich selber als Guru überschätzen. Viele Menschen tragen einen gewissen Narzissmus in sich, den man sich auf personaler Ebene anschauen muss. Versteht man diesen Narzissmus nicht, kommt es ganz schnell zur Selbstüberhöhung und zu Allmachtsphantasien. Wer immer mehr Erfolg bei der Weitergabe seiner Weisheiten spürt, hebt dann ganz schnell ab und wird zum Opfer seines Narzissmus.

Gurus sind oft charismatisch und strahlen damit eine Faszination aus. Es ist eine Gabe, Menschen so ansprechen und berühren zu können. Das bewundere ich. Jedoch hat das noch wenig damit zu tun, wie wahr und authentisch jemand ist. Charismatiker können uns den größten Unsinn verkaufen und wir merken es noch nicht einmal. Genauso, wie manche Populisten das Volk bei ihren Ängsten packen und ihnen scheinbar sinnvolle Lösungen präsentieren. Lösungen, die, wenn man tiefer schaut, keiner Prüfung standhalten und verkürzte Illusionen sind. Aber so genau wird ja oft nicht hingeschaut. Wer von einem Guru verblendet ist, schaut auch nicht mehr tiefer.

Misstrauen ist die andere Seite. Manchmal kann es ja gut sein, sich einer Führung, einem weisen Menschen anzuvertrauen. Wer allem misstraut, wird niemals die Erfahrung machen können, das manche Menschen eine große Hilfe für die eigene Entwicklung sein können.

Hier eine gute Balance zu finden, finde ich manchmal recht schwer. Seine eigene Anfälligkeit gegenüber den Verlockungen und Verführungen zu kennen und zu reflektieren, erscheint mir aber ein guter Schutz. Was dann bedeutet, dass man neben der transpersonalen Entwicklungslinie auch die personale Entwicklungslinie im Blickwinkel hat und gedeihen lässt.

Die Fähigkeit, alles, was ein Guru macht, in eine positiv-sinnvolle Richtung zu deuten, kann später aber auch gut "recycelt" werden. Viktor Frankl sagte: Man muss dem Leben einen Sinn abringen. Insofern kann man in allem, was einem begegnet, Sinn finden oder kreieren. So gibt es auch in widrigen Umständen noch Chance und Möglichkeit. Der größte Lehrmeister ist dann das Leben selbst.

Weblinks:

17.08.2010 :: Erlernen von Gleichgültigkeit

Die umgangssprachliche Gleichgültigkeit ist eine Form von Unachtsamkeit, Desinteresse und Abgestumpftheit. Man verschließt seine Wahrnehmung oder verdrängt das Wahrgenommene - lässt es nicht an sich ran. Ein dicker Gefühlspanzer wächst um einen herum und man drängt das Erlebte aus seinem Bewusstsein.

Gleichgültigkeit in der Meditation meint hingegen eine Öffnung und das braucht Mut. Es ist nämlich eine Herausforderung. Es gibt eine steuernde Instanz in uns, die dazu führt, dass wir das eine tun und das andere lassen. Da erzählt uns z.B. jemand was und auf einmal kommt ein innerer Druck, den anderen jetzt zu unterbrechen, um selber etwas mitzuteilen. Lust und Unlust sorgen dafür, dass eine zu tun und das andere zu lassen.

Unser Charakter, die Art uns zu verhalten, die Art zu denken, die erlebten Geschichten - all das legt uns fest und steuert uns. Manchmal fällt das ins Auge, wenn man zielsicher vorausschauen kann, mit welcher Reaktion das Gegenüber gleich loslegen wird. Weil man es schon hundert mal genau so erlebt hat und man spürt, dass der andere in seiner Reaktion keine freie Wahl hat.

Ich hab den Verdacht, je älter man wird, um so lieber wandelt man auf ausgetretenen Pfaden.

In uns läuft dann eine Kette von Reaktionen ab - ich erinnere mich an den Sketch von Otto "Milz an Großhirn, was ist denn los bei euch...". Impulse, Gefühle, Gedanken, Handlungen und alles blitzschnell hintereinander und meist unbewusst geschehend.

Meditative Gleichgültigkeit meint das Aussteigen aus diesen vorgefertigten Reaktionsmustern. Das Auflösen von Konditionierungen und Automatisierungen. Man kann z.B. mit genug Bewusstheit den Start einer Reaktionskette wahrnehmen. Man spürt z.B. Ärger und würde im nächsten Moment lospoltern und den anderen verbal angreifen. Stattdessen kann man sich auch die Freiheit nehmen, einfach sich seines Ärgers gewahr zu sein. Nicht, weil das immer eine bessere und sinnvollere Reaktion ist, sondern weil man mal aussteigt aus der verhärteten - immer gleich ablaufenden Struktur. Gleichzeitig lernt man etwas über seinen Ärger.

Ayya Khema meinte mal: "Es gibt keinen berechtigten Ärger!" Der Satz hat mich irgendwie nicht mehr losgelassen...

Wenn man diese Ebene, die etwas will oder nicht will, die steuernd eingreift, entkrampft und alles einfach auch sein lassen kann, dann kommt etwas Neues ins Leben. Man erfährt etwas, wozu man sonst keinen Zugang haben konnte. Wer immer den gleichen Weg zur Arbeit fährt, wird niemals andere Straßen kennenlernen.

Wenn der eigene Charakter nicht mehr machen und gestalten muss, fördert man andere Qualitäten in sich: Annehmen, Loslassen, Geschehen lassen, Vertrauen - das es auch ohne mich werden wird, Demut, Liebe, Mitgefühl, Vergebung. Nicht das Annehmen besser wäre als Gestalten, aber über beide Möglichkeiten zu verfügen, ist bereichernd. Weibliches und Männliches, Yin und Yang. Und immer mal wieder aus Gewohntem auszusteigen, nicht dem Drang zu folgen, der automatisch Muster ablaufen lässt.

In Meditation kann man erleben, wie das, was zuvor unglaublich wichtig war und einen stark beschäftigt hat, auf einmal völlig bedeutungslos wird. Manchmal muss man sogar über sich schmunzeln, wie sehr man wieder im Griff seiner Muster gefangen war.

Selbst jenseits der Straßen gibt es noch jede Menge Landschaft...

13.08.2010 :: Blick in die Tiefe

Es gibt so ein schönes Bild, mit der man Meditation vergleichen kann: Das Bewusstsein ist ein See. Im Alltag prasselt alles mögliche auf uns ein und wühlt diesen See gut auf. Auch sorgen Wellen auf der Oberfläche dafür, nicht tief blicken zu können. Setzt man sich nun zur Meditation hin, versucht man, diesen aufgewühlten See zu beruhigen. Alle Gedanken, alle Anregungen, alle Szenen und Emotionen der letzten Stunden haben unseren Geist sehr unruhig werden lassen und er beschäftigt sich weiter mit all diesen Sachen. Versucht man nun, den Geist nur beim Atem zu halten, bekommen all die Dinge keine Energie mehr. Sie verblassen immer mehr. Der See beruhigt sich. Kein Wind mehr.

Wenn sich alles beruhigt, können wir tiefer blicken. Der See ist nun klar und ruhig. Man kann sich selbst begegnen. Das ist für manch einen, der seit vielen Jahren in Dauerbeschäftigung ist, etwas völlig Ungewohntes und Unbekanntes. Was bleibt, wenn alles aus dem Alltag zur Ruhe kommt?

Man begegnet tieferen Regionen, bekommt so Kontakt mit etwas Unbekanntem, was sich auf einmal wesentlich und wichtig anfühlt. Auf einmal ist es anders herum: Dem man zuvor alle Bedeutung beigemessen hat - der aufgewühlten Oberfläche - ist nun unbedeutend. Doch in dem, was jetzt erfahrbar wird, erkennt man eine höhere Bedeutsamkeit. Nicht nur, weil man sich gerade darauf konzentriert. Vielmehr wird spürbar, dass es ganz grundsätzlich ein bedeutsamer Ort ist.

02.08.2010 :: Identifikation

Menschen neigen dazu, sich mit etwas zu identifizieren. Identifikation baut eine Illusion auf, das man dies wäre, womit man sich identifiziert. Und dann beginnt auch schon das Drama: Das Einverleibte wird zu meinem verlängerten ICH. Beleidigt jemand dieses ICH, werde ich böse. Oder die Sorge kommt auf, jemand könnte mir ein Stück ICH wegnehmen oder es abwerten. So eine Abwertung - wird sie denn geglaubt - kann mich ganz schön fertig machen.

Für mich waren ein paar Worte sehr wichtig, die ich vor 12 Jahren in geballter Form immer wieder hörte:

  • Ich habe einen Körper, aber ich bin nicht mein Körper.
  • Ich habe Gedanken, aber ich bin nicht meine Gedanken.
  • Ich habe Gefühle, aber ich bin nicht meine Gefühle.

Das waren so die wichtigsten Dinge, wovon ich glaubte, das ich das bin. Und all das soll ich nicht sein? Was bleibt übrig, wenn ich all das nicht bin?

Genau das beantwortet die Meditation. Es braucht eine Praxis, der Kopf kann es durch einfaches Nachdenken nicht lösen. Wenn es wirklich stimmt, dass das alles Illusionen sind und man da etwas verwechselt, ist es gut, eine tägliche Übung zu haben, um sich aus dieser Illusion zu befreien. Mir scheint, dass diese Illusion eine sehr starke Wirkkraft hat und man wirklich regelmäßig üben muss, um sich davon zu befreien. Oder zumindest eine Ahnung davon zu bekommen, was jenseits dieser Illusionen ist.

Ganz praktisch im Alltag hilft es mir, etwas Distanz zu meinen Gefühlen und Gedanken entwickeln zu können. Dann kann ich öfters mal über mich schmunzeln, wo früher eher verbissenes Leiden war. Es ist aber oft auch eine Frage, wie hart mir das Leben entgegenweht, und schon bin ich wieder drin in den Illusionen.

13.07.2010 :: Sehnsucht nach Ganzheit

Ich bin gerade zufällig an einem Zitat von Heinrich Hanselmann vorbeigesurft, es geht um die >>Entganzung<< des Menschen:

Er kann nicht mehr ganz bei einer Sache sein, sich nirgends mehr ganz hingeben. Die Welt verlangt von ihm nur noch einzelne Fähigkeiten der Hand oder des Hirns. Mit allem, was er daneben auch noch ist und hat, bleibt er brach liegen. Oder er ist darauf angewiesen, jene durch die Welt nicht beanspruchten >Teile< seiner Gesamtpersönlichkeit auf mehr oder weniger heimlichen Wegen in seiner Freizeit zu betätigen. So ist der Mensch zweispurig bis vielspurig geworden, zwiespältig bis vielfach aufgespalten. Er kann immer weniger sich zusammennehmen. Er kann nicht mehr sein ganzes Ich-selbst um eine Sache >versammeln< und einsetzen, nicht einmal mehr in seiner von ihm zu diesem Zwecke doch so sehr ersehnten Freizeit am Abend und am Sonntag oder gar in den Ferien. So sehr er sich nach freier Zeit auch sehnen mag, >vertreibt< er sie wieder, so bald er sie haben könnte. Seine Klage wird deutlich hörbar: Ich bin ja nur ein halber Mensch! (Hanselmann, 1951)

Ich glaube, die Anziehungskraft, die Meditation auf westliche Menschen hat, wird auch aus dieser Quelle gespeist: Ganz da zu sein, ganz bei einer Sache zu sein, sich als eine Einheit zu erleben.

Meditation ist ja auch nicht nur, sich für einen Moment auf das Kissen zu setzen. Vielmehr strahlt sie auch in den Alltag aus und in vielen buddhistischen Schriften wird man dazu aufgefordert, ganz bei dem zu sein, was man gerade tut.

Ich finde das gar nicht so einfach, immer genau bei dem zu sein, was man tut. Manchmal hab ich dabei das Gefühl, mir ginge dadurch so viel Zeit verloren. Wenn ich Auto fahre und nebenher schonmal einige Dinge durchdenken kann, dann ist das doch effizient genutzte Zeit. Und doch, wenn ich übe, mal ganz beim Autofahren zu bleiben, merke ich auch, dass das einen Wert hat und mir gut tut.

Ich war auch schon öfters beeindruckt von einer unglaublichen Präsenz und Wachheit, den manche Menschen für den Moment haben. Sie sind wirklich ganz da, wenn man mit Ihnen spricht, mit allem, was sie ausmacht. Da ist nicht schon ein Teil innerlich mit Vorbereitungen für die nächsten Tätigkeiten beschäftigt. Der Mensch ist wirklich im Hier und Jetzt. So kann auch eine tiefe Begegnung stattfinden. Momente solcher Präsenz erinnere ich oft auch noch viele Jahre, sie haben eine besondere Bedeutung. Präsente Menschen ziehen einen ja selber auch aus der Zerstreung heraus und holen einen hier in den Moment. Vielleicht erinnert man sich am Ende seines Lebens nur an die wenigen Dinge, wo das Leben einen zufällig mal ins Hier und Jetzt geführt hat...

Wenn es auf dem Kissen darum geht, ganz bei einer Sache zu bleiben, dann trainiert man diese Fähigkeit. Es entstehen wie Muskeln, die dafür sorgen, dass man in einer Sache verankert bleiben kann. Diese Fähigkeit ist dann auch im Alltag abrufbar. Natürlich muss man im Alltag viel mehr gegen Dinge ankämpfen, die einem wieder das Gesammelt-sein rauben: In unserer schnelllebig-oberflächlichen Welt gibt es so viele Dinge, die uns zerstreuen und zerfasern. Da braucht es schon viel Konzentrationskraft, um nicht zu erliegen.

05.07.2010 :: Bleiben Sie skeptisch

Gestern hab ich einen schönen Ausspruch von Dr. Wolf vom GWUP-Verein gelesen:

Bleiben Sie skeptisch - es lohnt sich!

Der GWUP-Verein setzt sich ja kritisch mit vielen Dingen auseinander, die in der esoterischen Szene auftauchen. Wie auch immer man zu diesem Verein steht, ich finde es gut, sich einer Sache auch mal kritisch zu nähern und zu überprüfen, ob etwas so sein kann.

Ich denke, bei jedem ernstzunehmenden spirituellen Weg ist es wichtig, zu prüfen und über Erfahrungen herauszufinden, ob sich etwas so verhält. Viele spirituelle Führer haben dies auch gefordert, alles selbst auf seine Richtigkeit zu überprüfen.

In der esoterischen Szene wird vieles erfunden, weil es dem Geschäftszweck dienlich ist. Es wird immer irgendwo jemanden geben, der einen Glauben oder eine Idee für die Vermarktung von Produkten nutzen will. Will man solchen Irrwegen, die nur dem kommerziellem Zweck dienen, nicht erliegen, braucht man Urteilsvermögen, Achtsamkeit und Erfahrungswissen.

Es gibt viele psychologische Fallen, in die man tappen kann. Dann glaubt man an etwas, weil auch die Erfahrung einem zeigt, dass es sich so verhält. In Wirklichkeit hat man sich aber selbst hinters Licht geführt. So kann z.B. die selektive Wahrnehmung einen sehr verwirren. Man glaubt z.B. daran, dass eine bestimmte Handlung Glück bringt und wenn am Tag etwas Glücksbringendes passiert, meint man, dass es funktioniert hat. Wenn hingegen was ungünstiges passiert, bringt man es nicht damit in Verbindung. Jedem Menschen wird irgendwann etwas günstiges passieren und ob das in irgendeinem Zusammenhang zu dieser Handlung steht, ist ganz schwer zu beurteilen. Vielleicht wurde einfach nur unsere Wahrnehmung für das Schöne sensibilisiert. Wer solche Mechanismen nicht kennt, wie man sich selber hinters Licht führen kann, wird diesen Phänomenen erliegen und an etwas glauben, was real so nicht ist.

In dieser Hinsicht hat die Wissenschaft wunderbare Techniken entwickelt, um zu erkennen, wann etwas wirklich so ist und wann wir einer Selbsttäuschung erliegen. Wer wissenschaftlich arbeitet, weiß, wie oft man sich und seine Methoden immer wieder kritisch hinterfragen muss und wie groß die Gefahr der Selbsttäuschung ist, um etwas nachzuweisen, was man gerne so hätte.

Echte Spiritualität sollte einen ja immer mehr dahin führen, was wirklich ist. Man will zu mehr Wahrheit gelangen. Will begreifen und erfahren, wie die Dinge wirklich sind. Ohne Skepsis kann man sich hingegen sein Leben lang mit Dingen beschäftigen, die keinen Wahrheitsgehalt haben. Man verirrt sich in einen Glauben und verliert den Kontakt zu dem, was wirklich ist.

Falschem Glauben wird es mitunter leicht gemacht. Alles, was uns irgendwie nutzt oder was wir anziehend finden, hinterfragen wir nicht kritisch. In Ein Kurs in Wundern findet man das treffende Zitat:

Bleibt jedoch ein Wunsch zurück,
getäuscht zu werden,
wird die Täuschung leicht gemacht.

Es ist im Grunde die verkürzte Suche nach Glück: Was den Anschein hat, uns glücklich zu machen, dem vertrauen wir gerne. Ein tieferer Blick hätte das Risiko, das wir enttäuscht werden. Also schauen wir nicht hin in der Hoffnung, dass es doch auf magische Weise funktioniert. Es gibt eine große Sehnsucht und Glauben daran, doch noch mit einfachen magischen Mitteln zu seinem Glück zu finden, um die wirklichen Dinge nicht anpacken zu müssen.

Die Schattenseite von zu viel Skepsis ist allerdings, dass man sich auf nichts einlässt und alles, was man sich nicht erklären kann, ablehnt. Ein spiritueller Weg braucht auch Vertrauen, um sich auf Dinge einzulassen, die man erstmal nicht versteht, um unvoreingenommen eine Erfahrung zu machen. Manches erkennt man erst, wenn man sich auf eine Erfahrung einlässt und eine gewisse Zeit etwas praktiziert.

Beides scheint mir wichtig: Skeptisch zu sein und sich unvoreingenommen einlassen zu können.

Weblinks:

10.05.2010 :: Interesse an der Erfahrung

Viele sind geprägt durch ein Interesse an Zielerreichung und der Suche nach angenehmen Erlebnissen. Für Ziele darf man sich auch gerne mal quälen, verzichtet also auf Angenehmes. Wobei man auch in der Qual nicht den Moment im Blick hat, sondern das Ziel. Mit dem Ziel im Blick wird die momentane Qual weniger spürbar.

Meditation ist radikal anders. Es geht überhaupt nicht darum, die Bühne des Lebens zu gestalten. Was auch immer in unserem Leben abläuft, es geht darum, ein Interesse für die momentane Erfahrung zu haben. Wach und offen zu sein für den Moment.

Egal in welchem Erfahrungsfeld man sich gerade befindet, es geht darum, einfach wach zu sein für das, was JETZT ist. Mehr und mehr weg zu kommen, von dem Wunsch, dies möge sein und jenes nicht. Gleichwertig dies wie jenes betrachten. Gleichmut entwickeln.

Diese ganz andere Möglichkeit, mit der Welt in Beziehung zu treten, finde ich sehr bereichernd. Hier zeigt sich, dass Meditation keine abgegrenzte Übung ist. Sie fördert vielmehr eine innere Haltung, die der typischen Haltung vieler Menschen völlig gegensätzlich ist. Vieles, was aus der alten Sicht wichtig war, ist hier auf einmal bedeutungslos. Aber etwas anderes bekommt Bedeutung - das Interesse am Hier und Jetzt - ganz egal, wie sich das auch anfühlt.

Im Grunde ist das echter Forschergeist. Man lernt das Leben kennen mit all seinen Erfahrungsräumen. Man verstrickt sich nicht in der Erfahrung und das ist wichtig, um einen klaren Blick auf das zu haben, was man erforscht.

Wichtig finde ich, es als eine Möglichkeit zu sehen, mit der Welt in Beziehung zu treten. Und auch die gewohnten Möglichkeiten, die Welt zu betrachten, haben ihren Sinn. Wobei es jedoch passieren kann, das neue Möglichkeiten mit der Zeit an Bedeutung gewinnen.

Im Alltag sich immer wieder mal für die Erfahrung im Hier und Jetzt zu interessieren, ohne zu werten, finde ich sehr nützlich. Man ist näher dran an dem, was gerade ist.

29.04.2010 :: Hingabe

Als Peter und ich gestern an Meditationsuhren arbeiteten, tauchte das Wort "Hingabe" auf. Peter beschäftigte es wohl schon seit ein paar Tagen. Ich finde das immer wieder spannend, mit einem Wort schwanger zu gehen. Es in sich zu halten und zu schauen, was dazu auftaucht.

Mich hat das Wort auch angezogen und er hat mich angesteckt, nun auch damit schwanger zu gehen. Selbst die letzte Nacht in den Träumen ist es aufgetaucht in sexueller Ausprägung. Ich glaub, das kam auch daher, weil ich vor ein paar Tagen in einem buddhistischen Forum eine intensive Diskussion darüber las, ob man sexuell enthaltsam leben sollte, damit man die spirituelle Entwicklung fördert.

Hingabe ist für mich, loszulassen und mich mitnehmen zu lassen. Kontrolle aufzugeben und mich etwas anzuvertrauen. Der Kopf tritt zurück und ich werde bewegt und ergriffen. Ich mache Erfahrungen, die ich nur deshalb mache, weil ich meine Vorstellungen loslasse und mich hineingebe in etwas anderes. Und ganz wichtig - wenn es gut läuft, wird es eine erfüllende und bereichernde Erfahrung.

Auf die Welt kommen wir weit offen und zur Hingabe fähig. Doch dann kommen die ersten heftigen Erfahrungen, was alles schief laufen kann, wenn man sich hingibt. Dann verschließt man sich vielleicht aus Angst vor Schmerz, schwingt nicht mehr mit, spaltet sich ab. Mitunter nur partiell, manchmal auch in großen Teilen. Und doch kommt später wieder die Verliebtheit, die für eine kurze Zeit alle Barrieren durchbrechen kann und man ist wieder im höchsten Maße hingebungsvoll.

Unsere Gesellschaft tendiert eher dahin, autonom zu sein und niemanden zu brauchen. In den Großstädten ist das besonders spürbar. Es ist irgendwie so ein Ideal - je unabhängiger man wird, um so mehr Freiheit hat man vermeintlich. Und Hingabe wird dann als Schwäche und Abhängigkeit begriffen, was man meiden sollte.

In Meditation ist Hingabe wichtig. Loszulassen von meinen Konzepten und Ideen. Mich einzulassen auf all das, was geschieht. Wahrzunehmen, was ist und mich auf den Prozess einzulassen, der einfach so entsteht. Nicht machen, sondern geschehen lassen. Und Bewusstheit darüber haben. Bewusstheit, die sich nicht einmischt.

Und es geht auch darum, sich erwachsen zu begleiten. Nicht blind sich allem hinzugeben, sondern gut darauf zu achten, in welche Erfahrungsräume ich mich hineinbegebe. Auszuwählen, was passend ist. Und achtsam sein, mich nicht zu überfordern. Grenzen erkennen, über die man nicht hinausgeht. Mitgefühl hilft dabei sehr.

Ich glaube daran, das Psyche und Spiritualität hier eng miteinander verschränkt sind. Hingabe ist eine psychische Fähigkeit. Ob man sich weltlichen Dingen oder einem spirituellen Prozess hingibt, es bleibt die gleiche Qualität. Die Fähigkeit, sich zu öffnen und in etwas Unbekanntes hineinzugehen. Ganz bewusst und feinfühlig. Es geht um Hinwendung. Und ich glaube, das die Welt ein gutes Übungsfeld sein kann, diese Fähigkeit zu entwickeln. Eine gut entwickelte und integrierte Psyche - die an weltlichen Dingen gewachsen ist - macht es wesentlich wahrscheinlicher, dass spirituelle Hinwendung und Öffnung gelingt. Umgedreht kann aber auch Meditation die psychische Fähigkeit der Hingabe fördern. Ebenso die Förderung von Mitgefühl, welches ja auch in vielen spirituellen Praktiken auftaucht.

Da fällt mir gerade ein: Wir sagen "Ich beherrsche ein Handwerk", aber in Wirklichkeit beherrschen wir gar nichts. Wenn ein Mensch versucht, dem Holz seine Vorstellungen aufzudiktieren, dann wird sich das Holz widersetzen. Das Holz will genommen werden, wie es ist. Man muss sehr viel darüber lernen, wie sich das Material verhält, muss sich einlassen auf diesen Werkstoff. Die Formulierung "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" könnte man auch anders formulieren: "In Lehrjahren herrscht man nicht, man gibt sich hin." Man möchte lernen, wie Material und Werkzeug sich verhält. Erst wenn man das genügend verstanden und verinnerlicht - durch Hingabe in sich hineinkommen lassen hat - erst dann kann das Eigene wieder in den Vordergrund und gestaltend wirken.

18.03.2010 :: Weg da

Hab gerade zum ersten mal das Lied "Weg da" von Herman van Veen gehört. Passt sehr schön zur Meditation:

Wir müssen rennen, springen, fliegen, tauchen, hinfallen
und gleich wieder aufstehn
wir dürfen keine Zeit verlieren
können hier nicht stehn, wir müssen gehn

Ich glaub, die da so rennen, suchen das Gleiche, wie die, die meditieren.


Alle wollen ankommen.



Ich erleb das im Alltag manchmal ganz genauso. Eine vermeintlich drängende Aufgabe treibt mich an. Manchmal renne ich, um es zu schaffen. Und manchmal setze ich mich hin und meditiere. Nach 10 Minuten Meditation hat sich die Empfindung oft völlig gewandelt und ich verstehe überhaupt nicht, warum mir gerade alles noch so unglaublich dringend vorkam.

Vielleicht hab ich mich verloren und nun wieder gefunden?

05.02.2010 :: Kosmischer Mist

Ich bin gerade bei Youtube.com über das Lied "Eurythmieschuhe" von Funny van Dannen gestolpert.

...und dann hol ich aus meiner Truhe meine Eurythmieschuhe und bewege mich sehr elegant...und die Leute gehn vorbei und rufen: "So ein Mist, schon wieder ein Idiot, der mit dem Kosmos im Einklang ist."

Ich finde es köstlich, wenn auch immer mal wieder das ganze kosmisch-esoterische Theater auf die Schippe genommen wird. Vieles in der esoterischen Szene eignet sich dazu, sich daran festzubeißen, sich ein kosmisches Jäckchen anzuziehen und dem Ego zu schmeicheln.

Das, was wirklich echt ist, kann durch Humor auch nicht enttäuscht werden. Und von dem, was unecht ist, kann man sich durch Humor auch immer wieder reinigen. Ich weiß die Eurythmie übrigens zu schätzen, die ist es nicht, worüber ich schmunzeln muss.

In diesem Zusammenhang finde ich auch die Scherzanzeigen köstlich, die in der Zeitschrift Connection versteckt sind. Jede Anzeige könnte auch ein Scherz sein. Das macht achtsam für manchen aufgeblähten Unsinn, der einem verkauft werden soll. Und das darf man nicht vergessen, Esoterik und Spiritualität ist nunmal auch ein großer Markt, auf dem viel Geld verdient wird. Da ist es nicht ungewöhnlich, das hier auch viel Buntes verkauft wird.

06.01.2010 :: Hilfreiche Gedanken

Eigentlich versucht man ja in der Atem-Meditation, alle Gedanken loszulassen und sich nur auf den Atem zu konzentrieren. Es ist so die innere Haltung, dass alles, was an Gedanken kommt, man loslässt und sich wieder auf seinen Atem konzentriert. Loslassen geht natürlich erst dann, wenn man sich des Gedanken auch gewahr wird.

Manchmal ist mein Geist schlecht zu bändigen. Gerade dann, wenn viele Dinge des Tages einen tiefen Eindruck in mir hinterlassen haben. Oder wenn nicht abgeschlossene Dinge, die sich vollenden wollen, immer wieder gedanklich auftauchen. Oder Dinge, mit denen man noch keinen Frieden gefunden hat.

Da gefällt mir manchmal der Ansatz gut, den ich aus dem autogenen Training kenne. Mit autogenem Training bin ich schon in meiner frühen Kindheit in Berührung gekommen, als Ärzte keinen Rat mehr wussten, immer wiederkehrende Kopfschmerzen in den Griff zu bekommen. Seither mache ich immer mal wieder Gebrauch davon.

Beim autogenen Training nimmt man Gedanken zur Hilfe, die einen in eine positive gewünschte Richtung bringen. Es sind Sätze, die man gedanklich wiederholt. Für mich funktioniert das auch in Meditation gut, wenn der Geist sehr unruhig ist.

Solche Sätze können z.B. so lauten:

  • Einatmen ... Ausatmen ... mehr braucht es nicht. Nur Einatmen ... Ausatmen.
  • Loslassen und hier sein. Gedanken kommen und gehen. Ziehen weiter wie Wolken.
  • Atem - sonst nichts.
  • Körper entspannt sich. Schultern loslassen.
  • Nur spüren, nicht denken.
  • Gedanken ausatmen... Licht einatmen...

Ich hab den Eindruck, dass ich so manchmal schneller ins Loslassen komme. Gedanken, die mich im Griff haben, verlieren sich. Einfach, in dem ich den Raum der Gedanken mit anderem Inhalt fülle.

Natürlich geht es dann irgendwann darum, ganz loszulassen, auch von diesen hilfreichen Sätzen. Denn auch das sind Gedanken und der Raum jenseits der Gedanken kann nur erreicht werden, wenn man auch das fallen lässt. Es kommt natürlich auch immer darauf an, um was es im Moment gerade geht. Wenn ich im Alltag eine 15 minütige Kurzmeditation mache, ist mir schon viel geholfen, überhaupt erstmal ein wenig Abstand von Gedanken zu bekommen, die mich gerade stark im Griff haben.

11.11.2009 :: Meditation macht gleichgültig

Gleichgültigkeit ist typischerweise keine Eigenschaft, auf die man stolz ist. Letztens sah ich bei Quarks&Co ein Phänomen von Gleichgültigkeit. Ein Autounfall am Straßenrand. Gut sichtbar. Die Straße ist recht befahren. Ein Auto fährt am scheinbar frischen Unfall vorbei. Das nächste ebenso. So geht das 5 Minuten. Keiner hält an.

Das Phänomen lässt sich so erklären: Jeder denkt, wenn der vor mir dran vorbeifährt, dann kann es nicht so schlimm sein. Dann kann ich auch weiter fahren. Dann brauch ich mich der Situation nicht zu stellen. Das erleichtert. Ein Fall von Gleichgültigkeit.

Gleichgültigkeit im gebräuchlichen Sinn ist abwenden. Es interessiert mich nicht. Ich will es nicht wissen, lass mich in Ruhe damit. Es ist Verdrängung, Abspaltung. Ich halte mir das, was passiert, vom Leib. Ich tue so, als wäre es nicht da. Und deshalb ist es mir schnuppe.

Auch Meditation macht gleichgültig. Aber in einem anderen Sinne. Hier ist Gleichgültigkeit eine schwierige Übung. Es ist nämlich Hinwendung zu allem, was ist. Und alles, was ist, wird gleich gültig wahrgenommen oder erfahren. Da ist Schmerz und ich meditiere im Bewusstein des Schmerzes. Da ist Freude und ich meditiere im Bewusstsein der Freude. Ich will nicht das eine haben und das andere weg haben. Ich will auf das, was ich erlebe überhaupt keinen Einfluss nehmen. Alles ist gleich gültig. Oder anders: Ich will überhaupt nicht bewerten und kategorisieren. Es ist. Und ich kann es erfahren.

Hinwendung ist natürlich viel schwieriger und unbequem. Man muss da so manches aushalten. Und doch gibt es in dieser Hinwendung so vieles zu entdecken. All das, was wir aus herkömmlicher Gleichgültigkeit nicht erfahren, weil wir ja wegschauen.

Genauso ein Glück, was sich tiefer erfahren lässt, wenn man unverstrickt erfährt. Und es auch wieder gehen lassen kann. Man muss nicht jeden Wellenberg festhalten, sondern kann einfach geschehen lassen. Das macht einen großen Unterschied. Man stelle sich vor, ein Glücksmoment pulsiert, wird mal mehr, mal weniger und dann wieder mehr. Aber in dem Moment, wo er etwas abnimmt, sträuben wir uns dagegen und machen vielleicht alles kaputt. So erfährt man nie das Pulsieren manch eines Prozesses.

Gleichgültigkeit im meditativen Sinn hat natürlich viel damit zu tun, loslassen zu können. Nicht festhalten, geschehen lassen. Vertrauen haben. Neugierig sein, was ist, wenn es einfach nur ist, ohne das ich mich einmische.

Der große Unterschied zwischen meditativer und herkömmlicher Gleichgültigkeit ist, dass ich einerseits mein Herz öffne, andererseits mein Herz verschließe.

Wieviel meditative Gleichgültigkeit kann man eigentlich aushalten? Ist die normale Gleichgültigkeit nicht ein sinnvoller Schutz, um das verrückte Leben überhaupt manchmal auszuhalten? Ich glaub schon.

Aber verlockend ist auch, einen Weg zu finden, wie man dem Leben mit mehr Hinwendung begegnen kann.

26.10.2009 :: Synchronizäten

Das erste mal hörte ich von diesem Begriff vor 11 Jahren. Es geht um die Merkwürdigkeit, dass 2 eng beieinander liegende Ereignisse für einen persönlich unglaublich sinnverbunden sind. So stark, dass man nicht mehr daran glauben kann, dass das Zufall ist. Beide Ereignisse haben aber keinerlei kausalen Zusammenhang.

Manche Menschen, mit denen ich darüber spreche, sind sehr skeptisch und meinen, dass wäre trotzdem Zufall, so wie man auch mal einen 6er im Lotto haben kann. Auch muss man bedenken, dass einem so viel durchs Bewusstsein huscht, da ist es nicht ungewöhnlich, dass mal 2 Ereignisse bzw. deren Wahrnehmung zueinander passen.

Ein Freund meinte, ihm passiert das häufig, so dass er auch nicht mehr an Zufall glaube. Er ist z.B. am Bahnhof und denkt an eine Bekannte, die er schon 1 Jahr nicht mehr gesehen hat. Kurze Zeit später begegnet er ihr tatsächlich. Und er findet keine kausalen Zusammenhänge, dass er sie vielleicht zuvor schon gesehen hätte oder das sie öfters an diesem Bahnhof ist oder er regelmäßig über sie nachdenkt.

Als ich das erste mal davon hörte, hat das irgendein Interesse in mir ausgelöst. So bin ich aufmerksamer geworden, was solche Synchronizitäten angeht. Manchmal braucht es erst diese verstärkte Aufmerksamkeit, um überhaupt Phänomene in der Welt wahrzunehmen. Seither hab ich immer wieder Erfahrungen von Synchronizität machen können. Manchmal war das auch erschreckend, weil es absolut nicht in mein gewohntes Konzept zu denken hineinpasst. Es kann nach unserem aufgeklärten Weltbild gar nicht sein.

Gestern hatte ich wieder so eine Synchronizität. Ich sah in einem Zentrum ein Bild, wo das Wort Hoffnung in allen möglichen Sprachen stand. Eins zog mich besonders an - das russische Wort: Nadeshda (original natürlich in kyrilischen Buchstaben). Mich hat dieses Wort so angezogen, dass ich auf dem Heimweg es noch öfters innerlich wiederholte. Zu den anderen Wörtern und Sprachen hatte ich nicht diese Anziehung. Aber dieses Wort Nadeshda lies mich nicht mehr los.

Als ich abends zu Hause war, wollte ich noch etwas fernsehen. Ich war mir nicht ganz schlüssig, was ich unter den Aufnahmen der letzten Tage auswähle. Hätte mich fast für einen älteren Tatort entschieden, hab dann aber doch den Tatort vom selben Tag genommen.

Der Tatort lief und auf einmal hörte ich das Wort "Nadeshda". Moment mal, was ist denn hier los? Ich spulte nochmal zurück. Ja tatsächlich, der Kommissar sagte zu seiner Kollegin "Nadeshda". Später hab ich übers Internet herausgefunden, tatsächlich, die heißt genau so. Und das ist jetzt das Verblüffende und Unerklärliche. Wie kann es sein, dass mir dieses Wort heute abend zum ersten mal auffällt und ich dann in einem ganz anderen Zusammenhang das Wort nochmal höre? Ein Wort, was relativ selten ist.

Es ist so, als wird manchmal für einen kurzen Moment eine Welt sichtbar, die ganz anders funktioniert, wie man sich das vorstellt. Mich animiert das dazu, mir eine Offenheit zu bewahren. Vielleicht verhält die Welt sich sehr oft so, wie wir das mit unserem Weltbild überein bekommen. Aber manchmal eben auch ganz anders. Gut so, denn irgendwie erkenne ich darin auch Nadeshda. Ist es nicht hoffnungsvoll, wenn scheinbar alles festgefahren ist, sich dann aber eine völlig neue Welt auftut, in der wieder alles möglich ist? Wenn alles genau so passiert, wie wir uns das im Kopf ausmalen können, dann wäre die Welt manchmal völlig hoffnungslos. Aber dann passiert auf einmal etwas, was nicht denkbar war, und alles wird wieder möglich. Vielleicht ist es das, warum gläubige Menschen mitunter mehr Hoffnung verspüren, als Menschen, für die sich die Welt in einer wissenschaftlichen Abgeklärtheit erschöpft.

Ich glaube, man sollte solche Phänomene auch nicht zu hoch hängen und in eine magische Welt abgleiten. Ich hab eine gute Bekannte, die geht mit solchen Dingen genauso entspannt und alltäglich um, wie mit Regen, Wolken, Sonnenschein und den Jahrezeiten. Sie nimmt es ganz selbstverständlich als kleinen Wegweiser und baut es in ihr Leben ein. Sie hat gelernt, gut damit umzugehen.

Weblinks:

15.09.2009 :: Der Kampf gegen die Realität

Meine dümmste Angewohnheit ist der regelmäßige Kampf gegen die Realität. Da ist z.B. die Hektik, weil ich mal wieder viel zu spät zu einem Termin losfahre. Dann glaubt irgendwas in mir, mit viel Druck und Anspannung doch noch eine Strecke in 5 Minuten zu schaffen, für die ich normal 15 Minuten brauche. Und natürlich ist in solchen Momenten jede Ampel auf rot und die Umschaltzeit wurde für mich extra verlängert. Und genau vor mir fährt jemand schnarchlangsam, natürlich dort, wo ich nicht überholen kann. Ich meine, durch meinen Ärger, der in mir aufsteigt, Veränderung zu bewirken. Aber das ganze vor mich hinschimpfen bringt nichts, der Kerl da vor mir, fährt nicht schneller. Ich hab mich mal wieder mit Realitäten angelegt, die ich nicht zu ändern vermag.

Eigentlich ist das ja völlig dumm, jede Menge Kraft, Anstrengung und Angespanntheit für nichts. Völlig nutzlos. Genauso hätte ich auch entspannt zu spät kommen können. Aber angespannt gibt einem wenigstens das Gefühl, alles Mögliche getan zu haben...

Im Nachhinein wird es mir dann oft auch klar, dass das alles wenig sinnvoll ist. Aber im Moment, wo ich stark damit verstrickt bin, bleibt mir scheinbar nur, diese dummen Angewohnheiten immer und immer wieder zu wiederholen.

Nicht immer, manchmal hilft mir die Angewohnheit aus der Meditation: "Spüre mal deinen Atem, wie er kommt und geht." sag ich mir, wenn ich vor einer roten Ampel stehe. Oder: "Es braucht nichts anders zu sein, einfach nur spüren, was ist."

Beeindruckt bin ich immer wieder, wie schnell Erkenntnisse wachsen, wie schwer diese aber wirklich in Handlung zu verinnerlichen sind. Bis neue Erkenntnisse alte Angewohnheiten verändert haben, kann viel Zeit vergehen. Und immer wiederholt man etwas, was man eigentlich schon längst als unzweckmäßig erkannt hat.

Dazu fällt mir ein schöner Text ein, der mich seit vielen Jahren begleitet:

1.
Ich gehe eine Straße entlang
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein. Ich bin verloren...
Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

2.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann es nicht glauben,
schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

3.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein... aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen. Ich weiß wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.

4.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.

5.
Ich gehe eine andere Straße.

(Quelle: Rinpoche, Sogyal: Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben.)

28.08.2009 :: Verankerung im transpersonalen Bewusstsein

Die transpersonale Psychotherapie spricht davon, dass der Therapeut sich im transpersonalen Bewusstsein verankert. Was ist damit gemeint?

Transpersonales Bewusstsein ist etwas, was man direkt in den meisten Meditationen entwickelt und schult. Transpersonal heißt, dass wir nicht mit unserem Ich identifiziert sind, sondern in einem Bewusstseinsraum sind, der über uns hinausreicht. Reines Zeugenbewusstsein, einfach wahrnehmen was ist. Das reine Zeugenbewusstsein will nichts, es beurteilt nichts, es nimmt einfach nur wahr, was ist. Man ist nicht mehr identifiziert mit irgendwelchen Persönlichkeitsanteilen.

Wie rein man so einen Zustand auch erreichen kann - den meisten gelingt es zumindest recht schnell, sich von bestimmten Identifikationen zu lösen und z.B. zu erkennen: Ich habe ein Gefühl, aber ich bin nicht das Gefühl. Ich habe jenen Gedanken, aber ich bin nicht jener Gedanke. Ich erlebe, wie Wut in mir aufsteigt, aber ich bin nicht diese Wut. Ich erlebe einen inneren Beobachter in mir, der diese Wut wahrnehmen kann, ohne das der Wunsch da ist, das irgendwie verändern zu müssen.

Ein transpersonaler Therapeut verankert sich in so einem Bewusstseinsraum. So gut, wie er dies auch immer kann. Um diese Fähigkeit zu erlernen, kommt auch hier typischerweise regelmäßige meditative Praxis zum Einsatz.

In der eigenen Auseinandersetzung mit Gefühlen und Gedanken empfinde ich diese Verankerung im transpersonalen Bewusstsein auch immer wieder hilfreich. Gerade bei verdrängten oder beängstigenden Gefühlen kann man einen inneren Raum schaffen, in dem diese Gefühle auftauchen dürfen. Ich stelle mir das so vor, als wäre ich ein Gefäß, in dem sich alle Gefühle entwickeln und entfalten dürfen. In der Art, wie deren Eigendynamik ist. Und selbst versuche ich, im Zeugenbewusstsein verankert zu bleiben, wahrnehmend was passiert, ohne einzugreifen. Eine andere Vorstellung ist, "im Gefühl zu baden, ohne sich darin zu verlieren" oder "Resonanzraum für ein Gefühl zu sein". Gerade bei sonst verdrängten Gefühlen können diese nun auftauchen und ihren Tanz auf der inneren Bühne aufführen. Verdrängtes wieder ins Bewusstsein zu holen, zu durchleben und die Gestalt zu vollenden, erscheint mir zutiefst heilsam.

Das ist übrigens kein Aktives Tun: Man lässt lediglich die Kräfte der Abwehr und Verdrängung los und das, was sich vollenden will, taucht automatisch auf. Man glaubt gar nicht, was alles auftaucht, wenn man es erstmal einlädt.

Natürlich gelingt so eine Verankerung nicht immer. Es kann heftige Gefühle und Erinnerungen geben, die einen gnadenlos hineinziehen. Dann ist man nur noch Teil des Geschehens und heruntergefegt vom Thron des Beobachters. Genauso kann Müdigkeit, innere Lähmung oder Unruhe einen wegziehen, vom wachen Beobachten. Klar auch, dass man bei schwierigen inneren Themen therapeutische Unterstützung braucht. Hier braucht es auch Vorsicht, um sich nicht zu überfordern.

Auch im Alltag ergeben sich durch die Verankerung im Zeugenbewusstsein ganz neue Seinsmöglichkeiten. Ich kann aussteigen aus meinen typischen Verhaltensmustern. In dem ich einfach beobachte, wie diese Aussage eines Gesprächspartners zu jenen Impulsen und Gefühlen in mir führt. Ich kann natürlich auch beobachten, wie ganz automatisch dann jene Reaktion von mir kommt. Ich kann aber diese Reaktion auch zurückhalten und einfach weiter beobachten, was in mir passiert.

Das Zeugenbewusstsein gibt uns die Möglichkeit, auszusteigen, nicht mehr so fest verwoben zu sein mit Gefühlen und Gedanken, die uns steuern. Man steht jenseits dieser Szene, man ist Beobachter. Und aus dieser Position kann Erkenntnis erwachsen.

Weblinks:

10.08.2009 :: Im Kampf mit der Realität

Mir passiert es immer wieder mal, dass ich im Kampf mit der Realität bin. Gerade wollte ich etwas im Internet nachschlagen und öffnete den Browser. Anstatt das der Browser sich wie gewohnt öffnet, kam die Meldung "Installiere jetzt ein Update...". Unverschämt! Wie kann der mich so ausbremsen und mich mit einem Update nerven? Ich will verdammt nochmal jetzt sofort ins Internet!

Ähnlich im Kampf mit der Wirklichkeit bin ich, wenn ich es eilig habe. Ausgerechnet dann ist es ja so, dass jede Ampel rot ist und schnarchend langsame Autofahrer genau vor mir sind. Und dann kann ich beobachten, wie Wut und Ärger in mir aufsteigen. Wenn ich denn überhaupt in der Lage bin, mich zu beobachten...

Manchmal bekomm ich eine Bewusstheit über das, was da gerade passiert. Dann sag ich mir: "Das ist jetzt deine Übung. Nimm es genau so an, wie es ist." Das ist ja die Grundessenz, die man so immer wieder auf dem Kissen in Meditation übt. Annehmen, was ist.

Mir scheint, als würde das Ego manchmal den Kontakt zur Realität verlieren. Es will etwas bestimmtes und wenn es das nicht kriegt, wird es ärgerlich und aggressiv. Der Dalai Lama sagte einmal:

Nicht zu bekommen, was man will, ist manchmal ein großer Glücksfall.

Das ermuntert mich, in solchen Momenten genau diese Konfrontation auszukosten: Ja, ich bekomme jetzt nicht, was ich will. Wie fühlt sich das denn an? Was ist das denn jetzt für eine Erfahrung?

Ich glaub, das macht einen wieder etwas geschmeidiger im Umgang mit der Welt. Und demütig. Man kommt herunter vom aufgeblähten Ich und erkennt, dass man nicht der Mittelpunkt der Welt ist. Mitunter ist man sogar ziemlich unbedeutend und unwichtig. Gut so...

Nicht zu bekommen und dies dann wirklich anzunehmen, erdet. Es verbindet einen wieder mit den Begrenztheiten der Welt. Es reinigt einen von Allmachtsphantasien und Arroganz. Und es verbindet mit dem, was ist.

Das erinnert mich an eine Zen-Geschichte, in der ein Schüler völlig entzückt zum Meister ging und ihm seine phantastischen Erfahrungen aus der Meditation erzählte. Er war sich sicher, das diese Erfahrungen was mit Erleuchtung zu tun haben. Der Meister meinte nur: "Komm, nimm den Besen hier und feg das Laub im Garten zusammen."

10.07.2009 :: Wünsch dir was...

Meditation ist ein weiter Begriff. Das Spektrum, was unter dem Begriff Meditation angeboten wird, ist mitunter sogar völlig widersprüchlich.

So gibt es Meditationen, die einen gewünschten Zustand herbeiführen sollen. Meditation wird dann zum Mittel, um sich besonders entspannt oder leicht zu fühlen oder um alle Sorgen zu vergessen. Mitunter wird Meditation sogar beworben, um omnipotent zu werden - Reichtum, Macht, übersinnliche Fähigkeiten - alles scheint möglich. Meditation wird dann ziel- oder wunschgetrieben praktiziert. Mitunter auch egozentriert. Man will wo hin, man will etwas Bestimmtes erreichen. Meditation ist das Werkzeug dahin.

Ich bin kein Experte in solcher Form von Meditation und kann schwer einschätzen, ob das funktioniert. In gewisser Hinsicht weiß ich schon, dass man bestimmte Fähigkeiten durch Meditation ganz gezielt schulen kann. Aber ob man treffsicher und gezielt seinen Wunsch nach übersinnlichen Fähigkeiten befriedigen kann, das entzieht sich meiner Kenntnis...

Es gibt eine andere Form von Meditation, der ich mich mehr verbunden fühle. Bei dieser geht es gerade darum, keinem Wunsch zu folgen. Sich also einfach in das Erfahrungsfeld Meditation hinein zu begeben und offen zu sein für alles, was kommt. Dies erscheint mir immer wieder wertvoll.

Dabei ist das gar nicht so einfach. In Meditation können einem z.B. Schmerz und Freude begegnen. Ich glaube, die meisten Menschen haben eine tief verinnerlichte Grundtendenz, Schmerz weghaben zu wollen und die Freude herzlich willkommen zu heißen. Von dieser Grundtendenz müsste man sich dann aber in Meditation lösen bzw. diese transzendieren.

Das ist schwer aber zugleich eine große Chance für einen Bewusstseinswandel. Denn typischerweise sind wir in einer ständigen Bewertung unserer Welt verhaftet. Es bekommt eine völlig neue Bewusstseinsqualität, wenn man das Bewerten loslassen kann bzw. sich nicht damit identifiziert. Dann kann man die Phänomene dieser Welt einfach klar so sehen, wie sie sind. Dann eröffnet sich überhaupt erstmal eine Sichtweise und Offenheit, die zuvor nicht möglich war.

Manchmal hilft es mir, bewusst das Gegenteil zu wollen. Dann sag ich mir in Meditation: "Wie kann ich diesen Schmerz noch verstärken?" oder aber "Wie kann diese Freude sich wieder auflösen?" Wenn ich ungeduldig werde, weil die Meditationszeit noch nicht zu Ende ist, sage ich mir: "Ja, genau diese Ungeduld möchte ich jetzt spüren und erforschen."

Es geht immer so um das Gegenteil des eigentlichen Impulses. Will ich etwas weghaben, lade ich es ein. Einerseits mache ich damit Erfahrungen, die ich normal nie machen würde. Andererseits hilft es, das einseitige Wollen zu überwinden und flexibler zu werden. Auch gelingt es so, etwas zu erforschen, wo man ansonsten nicht hinschaut. Ungeduld z.B. - der geht man oft nach, ohne die Ungeduld an sich zu spüren und zu erforschen.

09.07.2009 :: Fokus und Weite

Es gibt ja diese Taschenlampen, bei denen man den Lichtstrahl fokussiert auf einen Punkt einstellen kann. Oder weit, dann leuchten sie auch das Umfeld aus.

Ich find das ein schönes Bild für die Fokussierung der Aufmerksamkeit in der Meditation. Man kann seine Wahrnehmung auf einen Aspekt konzentrieren und blendet damit alles andere aus, bzw. es rückt in den Hintergrund. So kann man z.B. auf den Atem achten. Ganz gezielt - wie dieser durch die Nase einströmt und wieder auströmt. Oder wie der Bauch sich durch den Atem hebt und senkt.

Diese Fokussierung bewirkt, dass man das, was man beobachtet, viel genauer wahrnehmen kann. Zuvor war Atem ein abstrakter Begriff, der das Ein- und Ausströmen von Luft in die Lungen bezeichnete. Doch wenn man genau hinfühlt, dann tut sich nochmal eine ganz neue Welt auf. All die feinen Empfindungen, die man spüren kann, wenn man genau hinfühlt. Manch einer hat noch nie im Leben mal genauer zu seinem Atem hingefühlt und kennt diese Empfindungswelt so auch nicht.

In der Musik wird das auch deutlich, je genauer man hinhört, um so differenzierter kann man wahrnehmen. Dann wird man auf einmal emotional angeregt oder bekommt Kontakt zu etwas, was zuvor gar nicht hörbar war. Nicht nur die Töne an sich, sondern auch die Botschaften hinter den Tönen.

Neben der sensiblen Wahrnehmung bei der Fokussierung, ist auch der andere Aspekt interessant: Die Ausblendung von allem anderen. In der Meditation hat die Atembeobachtung wohl auch deshalb beruhigende Wirkung, weil durch die Fokussierung alles andere ausgeblendet wird. Und wenn es wirklich gelingt, beim Atem zu bleiben, beruhigen sich Gedanken und Emotionen, die einen zuvor vielleicht stark beschäftigt haben. Diesen Effekt kennen viele: Man setzt sich aufgewühlt zur Meditation hin und nach 30 Minuten kommt man gereinigt und geerdet zurück. Was zuvor noch so wichtig erschien, hat auf einmal keine Bedeutung mehr. Man hat Abstand dazu gewonnen, es beschäftigt einen nicht mehr.

Auf der anderen Seite ist auch die weite Aufmerksamkeit spannend. Man fokussiert sich also nicht mehr auf einen Aspekt oder Punkt, sondern hat eine einschließende Aufmerksamkeit, eine Sensibilität für alles, was gerade da ist. Diese umfassende Aufmerksamkeit hat integrierenden Charakter. Sie erkennt das Ganze, das Umfassende.

Auch hier kann man Wesentliches wahrnehmen, was sich erst durch diese Weite erschließt. Es ist wie mit Gemälden: Steht man mit einer Lupe davor und betrachtet einen bestimmten Bereich, so kann man was über Oberflächenstruktur und Farbe an diesem Punkt sagen. Tritt man aber zurück, erkennt man das Bild als Ganzes. Mit der Lupe in der Hand wird man nie das Ganze erkennen.

In der Meditation kann man z.B. auf ein bestimmtes Druckgefühl im Körper meditieren, in dem man dies in den Fokus nimmt. Man kann dann aber auch weit werden und der Frage nachgehen: "In welches größere Ganze gehört dieses Druckgefühl?" und "Ist es nur Teil von etwas, was ich erkennen kann?"

Oder anstatt die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Körperstelle zu richten, nimmt man den Körper als Ganzes wahr.

Meist macht es Sinn, sich in Meditation erstmal auf den Atem zu konzentrieren. Also eine fokussierte Aufmerksamkeit herbeizuführen. Das beruhigt den Geist, weil alles andere in den Hintergrund tritt und sich beruhigt. Aus dieser Ruhe heraus kann man dann gut in die weite Aufmerksamkeit wechseln. Die weite Aufmerksamkeit hat ja immer die Gefahr, dass man sich von allem möglichen wegziehen lässt, sich also in Gedanken und Bilder verstrickt und dann nicht mehr Beobachter ist. Deshalb ist die vorherige Beruhigung des Geistes vorteilhaft.

Verschiedene Psychotherapieformen haben sich von den östlichen wahrnehmend-schauenden Traditionen inspirieren lassen. Besonders im Focusing und im Hakomi wird viel mit schauender Aufmerksamkeit gearbeitet, was der Erfahrung in der Meditation sehr nahe steht. In Meditation muss man sich allerdings selbst durch diesen Prozess leiten, wo man im Hakomi durch einen Therapeuten hindurchbegleitet wird. Diese Therapieformen bieten aber auch gutes Handwerkszeug, was einem in betrachtender Meditation helfen kann.

10.06.2009 :: Quelle für Weisheit

Wissen kann man anhäufen. Man kann jede Menge Information aufnehmen und diese auch durchdenken und zu neuen Schlüssen kommen. Das ist sicherlich wertvoll.

Auf der anderen Seite scheint es eine Quelle für Wissen zu geben, die jenseits dieser Ebene liegt. Etwas, was nichts mit Aufnahme von Information zu tun hat und auch nicht dadurch entstehen kann. So, als sei man mit einer Quelle von Weisheit verbunden, aus der eine andere Form von Wissen sprudelt.

Dieser Quelle kann man sich irgendwie nähern, wenn man beginnt zu lauschen, sich für innere Räume zu öffnen. Also genau das, was man in Meditation oder durch Gebet tut. Auch im Traumbewusstsein kann einem manches offenbart werden.

Manche fühlen sich ganz stark mit einer göttlichen Quelle verbunden und schreiben alles nieder, was ihnen hierdurch zufließt. Mitunter wird das als Channeling bezeichnet - dem Gefühl, dass hier eine Weisheit durch mich hindurch auf die Welt gebracht wird, die ich aber ganz klar als Jenseits von mir wahrnehme. Das Buch "Ein Kurs in Wundern" ist z.B. so entstanden.

Wenn manche spirituelle Meister sprechen, dann hat man auch das Gefühl, dass die im Moment aus so einer jenseitigen Quelle schöpfen, was eine unglaubliche Faszination auslösen kann. Oder andere sehr anziehende Empfindungen. Uralte Sehnsüchte werden auf einmal angerührt. Dort offenbart jemand eine Verbundenheit, die auch irgendwie in mir angelegt ist, die ich aber schon so lange verloren habe.

Nach ersten Erfahrungen der Verbundenheit mit solch einer Quelle der Weisheit, erscheint es mir auch als ein längerer Weg, die Botschaften in einer Reinheit zu empfangen. Anfangs vermischt sich alles: Mein Ego, mein Charakter und alltägliches Bewusstsein mit Impulsen des - nennen wir es mal - Überbewusstseins. Man hat noch keinen klaren ausdifferenzierten Zugang dazu. Es durchmischt sich mit allem Möglichen.

Hier sehe ich auch die vielen spektakulären Bücher aus der Esoterikszene verortet: Ein Hauch von Überbewusstsein verwoben mit viel Ego. Meist regt der Zugang zum Überbewusstsein auch narzisstische Persönlichkeitsanteile stark an. Dann werden Bücher geschrieben, wie man durch spirituelle Übungen zu großem Reichtum kommen kann oder jede Menge Macht über alles Mögliche bekommt.

Auch die Dramen, die immer wieder entstehen, wenn spirituelle Führer Menschen in die Irre leiten, entstehen vielleicht aus dieser Problematik: Da ist jemand, der eine echte Verbundenheit mit einer tieferen Quelle von Weisheit hat, was eine anziehende Wirkung ausstrahlt. Gleichzeitig durchmischt sich das aber mit ungünstigen Egoanteilen, was dann zu Machtmissbrauch, Ausbeutung und Irrwegen führt.

09.06.2009 :: Unangenehme Gefühle in Fluß bringen

Aus der Psychotherapie weiß man, dass alte unangenehme Erfahrungen sich emotional festgesetzt haben können. Es sind kristallisierte oder festzementierte Gefühlsmuster, die später immer wieder in der Art auftauchen.

Es geht dann darum, etwas wieder in Fluß zu bringen, wieder durchlässig zu werden, damit diese blockierten Gefühlszustände sich auflösen.

In Meditation kann ich dieses Phänomen sehr gut beobachten. Wenn erstmal einige Bewusstheit den Emotionen gegenüber entwickelt ist, spürt man auf einmal ein gewisses Zusammenziehen oder Wegmachenwollen bestimmter Gefühle. Der Gegenimpuls wäre dann, sich in dieses Unangenehme hineinzuentspannen, es dasein zu lassen, es durch sich hindurchfließen und sich ausbreiten zu lassen. Für mich trifft die Formulierung "Im unangenehmen Gefühl baden" ganz gut.

Man verändert damit ganz grundlegend den Umgang mit blockierten Gefühlen. Anstatt Kraft und Energie aufzubringen, sie irgendwie wegzumachen, gibt man all diese Anstrengung auf. Auch körperliche Verspannungen sind ja übrigens oft ein Resultat solcher Anspannungen, um Gefühle erträglicher zu machen.

Ich glaube, dass genau dieses angespannte - meist unbewusste - Kämpfen gegen Gefühle dazu führt, dass diese sich als Unerledigtes in uns festsetzen. Der Kampf dagegen, die Unterdrückung führt geradewegs in das Festhalten.

Dieses Festhalten ist der Versuch, ein Gefühl so zu kontrollieren, dass es nicht noch schlimmer wird. Es soll sich ja gerade nicht ausbreiten. Wenn wir aber stattdessen völlig loslassen, kann es sich weiter entfalten, um sich dann wieder aufzulösen. Wir geben dem Gefühl sozusagen die Möglichkeit, sich auf natürliche Weise zu entwickeln und aufzulösen, ohne ihm irgendeine Kraft entgegenzusetzen.

Die neutrale Grundhaltung allem Gegenüber, die man in Meditation übt, führt ja auch ganz selbstverständlich zu diesem Umgang mit Gefühlen. "Achtsam nehme ich wahr, wie diese Angst entsteht. Achtsam nehme ich wahr, wie diese Angst sich ausbreitet. Achtsam nehme ich wahr, wie diese Angst sich auflöst."

Genau dieser Umgang kann zur Auflösung der Verstrickung mit bestimmten Gefühlsmustern führen. In spirituellen Kreisen wird auch von emotionaler Reinigung und Entschlackung gesprochen. Diese Formulierungen regen bildliche Vorstellungen an, die gut den Kern der Problematik treffen.

Das Resultat wären dann Emotionen, die frei durch einen hindurchfließen und nicht tagelang belasten. Alles wird irgendwie dynamischer. Man ist nicht mehr Ankerpunkt für bestimmte Emotionen, die sich einnisten.

Natürlich muss man achtsam sein, was man im Sinne einer Seelenhygiene für sich selbst erledigen kann und wofür man professionelle Hilfe benötigt.

Therapeuten, die sich mit spiritueller Begleitung auskennen, findet man übrigens im Spiritual Emergency Network.

01.06.2009 :: Einsicht statt moralische Diktate

Ein Grund, warum ich irgendwann zum Buddhismus fand, war die Faszination der Einsicht. Der typische Weg, den ich aus meiner katholischen Prägung erfahren hatte, waren jede Menge moralischer Gebote, denen man sich unterwerfen sollte. Dazu entstand auch ein inneres Gefühl: Ich bin ein ziemlich beschmutztes Wesen, was sich für vieles schämen sollte. Und dieses Wesen muss durch moralische Diktate unter Kontrolle gehalten oder unterdrückt werden.

Im Buddhismus fand ich dann meine große Befreiung. Hier ging es gar nicht um moralische Diktate. Es ging schlicht um Wahrheiten, wie die Welt und die Dinge beschaffen sind. Und diese Wahrheiten kann ich erkennen, was zu Einsicht führt. Einsicht ist manchmal schwer aber im Grunde nur das Begreifen und Annehmen, das ist, was ist. Man sagt also nicht mehr: "Wenn du die heiße Herdplatte anfasst, bist du böse." sondern "Fasse die heiße Herdplatte an und du wirst dich verbrennen. Dann wirst du Schmerzen verspüren." Es ist, was es ist, ohne jede Wertung.

Mit den Jahren änderte sich auch mein Weltbild, dass der Mensch doch nicht ein schlechtes Wesen ist, was man nur über moralische Diktate unter Kontrolle halten kann. Sondern dass jeder Mensch über Einsicht in der Lage ist, sich zu einem liebevollen und freien Wesen zu entwickeln. Und das Einsicht viel mehr trägt und viel tiefer reicht, als dem Folgen moralischer Diktate.

Über Einsicht verbindet man sich mit Wahrheit. Und Wahrheit kann nie bedroht werden, Illusion muss hingegen ständig verteidigt werden. Das laß ich sinngemäß in "Ein Kurs in Wundern" - was einige Jahre später meine Versöhnung mit dem Christentum war. Wahrheit ist ein sicherer Hafen, wer durch immer mehr Einsicht in der Wahrheit verankert ist, hat tiefe Wurzeln.

Ich glaube mittlerweile, dass moralische Diktate sogar Einsicht verhindern können. Dieses Selbstverständnis was hier entsteht - dass es einen schlechten Teil in uns gibt, der kontrolliert werden muss - verhindert ja gerade die Entwicklung von Einsicht. Es ist eine Haltung, die uns gar nicht zutraut, dass wir uns ganzheitlich zum Guten hinentwickeln können. Es ist eine spaltende Einstellung und kein Konzept, was integriert. Der tiefe Glaube fehlt, dass alles schon in uns angelegt ist und wir es nur zur Entfaltung zu bringen brauchen.

Buddhismus oder Christentum? Heute denke ich, das jede Religion dafür anfällig ist, auf Irrwege zu kommen, das Irrwege gepredigt werden oder wir anfällig dafür sind, Ideen falsch zu verstehen. Es ist verdammt schwer und doch wieder ganz leicht, intuitiv dem richtigen Weg zu folgen. Meditation ist sicherlich etwas, um zu Einsichten zu gelangen, jenseits des normalen Denkens.

19.05.2009 :: Die Gefahr von Irrglaube

Ich bin der Überzeugung, dass gerade in der esoterischen Szene viel Irrglaube zu finden ist. Mitunter entstehen sogar große Glaubenssysteme daraus.

Es ist erschreckend, wie viele Menschen auch heute noch empfänglich für Aberglauben sind. Mit Aberglauben meine ich einen Irrglauben, wo - meist beängstigende - Vorstellungen gebildet werden, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Man glaubt an Zusammenhänge und an Bedeutung, wo diese so nicht zu finden ist.

Nach meinen Beobachtungen sind es vor allem 2 Bedingungen, die Irrglauben wie Unkraut gedeihen und wachsen lassen: Einerseits die Angst, andererseits der unkritische Umgang mit Erfahrungen und Information.

Menschen versuchen immer wieder, übermäßige Lebensängste irgendwie zu bewältigen. Oft ist man sich dieser Angst als eigentliche Triebfeder nicht bewusst. Ein schönes modernes Beispiel ist diese Mail, die ich letztens erhielt. Angeblich stammte der Inhalt vom Dalai-Lama. Zum Schluß wurde ich aufgefordert, diese Mail an mindestens 5 Leute weiter zu verschicken, dann würde mir Gutes widerfahren. Wenn es 10 Leute sind, dann wird es noch besser für mich. Und wenn ich sie nicht weiterschicke, dann wird mir Unglück widerfahren.

Sowas funktioniert tatsächlich bei erstaunlich vielen Menschen, es kostet ja nicht viel, eine Mail weiterzuleiten und vielleicht ist ja doch was dran und man wird glücklich bzw. vermeidet Unglück.

Bei Zwangserkrankungen nimmt die Sache dann ernsthafte Formen an, man hat extreme Ängste, dass etwas Schlimmes passiert, wenn man bestimmte Rituale nicht macht. Das Prinzip ist das Selbe: Einer Sache wird Bedeutung zugeschrieben, die sie nicht hat. Daran wird fest geglaubt. Man ist genötigt, sich auf bestimmte Weise zu verhalten, damit nichts Schlimmes passiert.

Zum Glück hat die Aufklärung in den letzten Jahrhunderten eine geistige Emanzipation bewirkt. Heute wird nicht mehr so viel einfach nur geglaubt. Man kann heute wissenschaftlich nachweisen, dass vieles Unsinn ist, also nicht den vermuteten Bedeutungsinhalt hat. Das hat uns in mancher Hinsicht von Irrglauben befreit. Andererseits glaube ich, dass die Empfänglichkeit für Glauben generell sehr alt ist und tief im kollektiven Unbewussten verankert. Das wirkt weiter und man wird es nicht durch ein paar hundert Jahre Aufklärung los.

Buddha sagte damals sinngemäß, glaubt mir nichts, prüft alles nach und was keinen Sinn ergibt, verwerft wieder. Hier zeigt sich für mich, dass er die große Gefahr von Irrglaube gesehen hat. Und dem Missbrauch, der dadurch auch möglich ist.

Im einfachsten Fall kann Irrglaube bedeuten, dass wir zahlreiche unsinnige Dinge tun. Im ungünstigen Fall kann es passieren, dass man seine Freiheit verliert, sein Leben zu leben. Dann hängt man fest in einem Gefängnis von falschen Vorstellungen.

Eine große Gefahr ist die selektive Wahrnehmung, eine Falle, die ganz perfide ist. Sie ist so wirksam, weil man erlebt und fühlt, dass eine Sache so ist, wie vorgestellt. In Wirklichkeit spielt uns die Wahrnehmung einen Streich.

Wenn wir etwas tun, was Glück bescheren soll, dann wird das nächste glückliche Ereignis als Resultat unserer vorherigen Tat gesehen. Umgedreht kann man Unglück, was einem widerfährt, sofort als Bestrafung begreifen, weil man sich an bestimmte Dinge nicht gehalten hat. Und wer so die Wirklichkeit interpretiert, bestätigt und bestärkt den zuvor gefassten Irrglauben. Das ist auch ein Grund dafür, dass Prediger von Irrglauben so überzeugt von ihrer Sicht sind. Sie sind selber Opfer einer Wahrnehmungstäuschung.

Auch der Wissenschaft sind solche Phänomene bekannt - man sieht nur das, was man sehen will. Sie hat aber auch gute Methoden entwickelt, um dieser Sinnestäuschung nicht zu erliegen. Interessanterweise findet man in der esoterischen Szene so wenige Menschen, die auch wissenschaftlich-forschend an Dinge herangehen. Beide Lager sind irgendwie verfeindet: Wissenschaftler belächeln Esoteriker und Esoteriker verteufeln die Wissenschaft.

Ich glaube, die große Chance heutzutage ist, eine aufgeklärte Spiritualität zu leben. Wir haben heute die Freiheit und die Mittel, um Ideen genau zu hinterfragen und Irrglauben aufzudecken. Hierzu braucht es einen kritischen und scharfsinnigen Geist. Und es braucht vor allem Mut, sich nicht einlullen zu lassen und brav irgendwelchem Irrglauben zu erliegen, weil man evtl. damit glücklich werden könnte.

29.04.2009 :: Idealisierte Sitzhaltung

In Büchern über Meditation findet man oft eine Beschreibung der optimalen Sitzhaltung, Bilder inklusive, die diese Haltung darstellen. Als ich die ersten dieser Beschreibungen laß, wollte ich natürlich auch so sitzen. Ein Spiegel half mir dabei, mich auch von der Seite zu sehen. Die Wirbelsäule soll ja möglichst gerade und aufrecht sein.

Die Versuche waren jedoch frustrierend. So, wie in den Büchern beschrieben, hab ich das nie hinbekommen. Und wenn ich es hinbekam, fühlte es sich so unnatürlich an und schmerzte bald, dass ich es wieder lies.

Ein paar Jahre später hat eine Physiotherapeutin mit mir gearbeitet, die sich auch gut in Feldenkrais auskannte. Irgendwann machten wir ein paar Einzelsitzungen in Sachen Sitzhaltung. Hier bekam ich einen völlig neuen Zugang zu meinem Körper und es wurden auch die anatomischen Schwachpunkte und Besonderheiten klar. Unter anderem habe ich einen Rundrücken. Dadurch ist gerade im oberem Rückenbereich eine ziemliche Krümmung drin.

Solche anatomischen Fehlstellungen lassen sich evtl. durch langwieriges Training normalisieren, mitunter aber auch nur leicht verbessern.

Was aber nun völlig unsinnig ist, dass man solche Fehlstellungen durch Muskelkraft während der Meditation gerade zieht. Und hier zeigt sich das große Problem solcher Anleitungen in Büchern. Diese Anleitungen gehen immer von einem Idealkörper aus, den natürlich keiner hat.

Und so muss eigentlich jeder für seinen Körper eine sinnvolle Haltung in der Meditation finden. Anstatt im Außen einem Bild zu folgen, halte ich es für sinnvoller, in eine innere Fühlung mit seinem Körper zu gehen. Hier kann man z.B. erspüren: "Wie muss ich sitzen, dass die Wirbelsäule den Oberkörper trägt, ohne dass ich viel Muskelkraft brauche?"

Klar helfen solche Hinweise, dass die Wirbelsäule möglichst aufrecht ist und das Becken leicht nach vorne gekippt wird. Wenn man jedoch nicht in Fühlung mit seinem Körper ist und kein Gespür dafür hat, was einem gemäß ist, können ganz schnell Zwangshaltungen entstehen. Eine körperliche Idee, in die man sich hineinzwängt, weil man es besonders gut und richtig machen will.

Auch der für westliche Menschen ungewohnte Lotussitz ist so eine Sache. Den Spielraum, den viele mit ihrem Körper haben, der lässt es einfach nicht zu, so eine Haltung einzunehmen. Zumindest nicht ohne jahrelange Übung. Manche zwängen sich trotzdem da hinein und vergewaltigen ihren Körper damit. Ein Bekannter hat sich damit seine Knie kaputt gemacht und jahrelang Probleme gehabt. Auch hier war der Wunsch, dem Ideal nahe zu kommen stärker, als das Gefühl dafür, was mir gemäß ist und welchen sinnvollen Spielraum mein Körper zulässt.

Durch die Physiotherapeutin hab ich gelernt, welchen Unfug ich zuvor oftmals gemacht habe, weil ich den idealisierten Vorgaben aus Büchern vertraute und auf der anderen Seite nur wenig Gefühl für meinen Körper hatte.

Gut finde ich, wenn man mit seine Körperhaltung bei der Meditation etwas experimentiert, um für sich herauszufinden, was eine sinnvolle Haltung ist. Wenn man eine Zeit lang in einer Gruppe mal Feldenkrais praktizieren kann, finde ich das eine wertvolle Unterstützung, die eigene Körperwahrnehmung zu schulen und mir gemäße Haltungen zu erlernen.

Weblinks:

27.03.2009 :: Ich, Ego und Selbst

Im Buch "Dimensionen der menschlichen Seele" von Sylvester Walch fand ich gerade eine schöne Beschreibung, wie man Ich, Ego und Selbst verstehen kann. Interessant ist hier die integrierende Sicht, die psychologisches und spirituelles Wissen einschließt (Sylvester Walch ist transpersonaler Psychotherapeut).

Den wertvollen Text dazu hab ich gerade auch im Internet gefunden:

21.03.2009 :: Überfüllt sein

Unsere Zeit krankt an permanenter Überfülle. Immer und überall findet man Angebote, womit sich unsere Sinne und unser Bewusstsein beschäftigen kann. Wir leben in einer Welt, wo Konsum ein zentrales Leitprinzip ist. Je mehr, um so besser. Das Allheilmittel in so wirtschaftlich schlechten Zeiten wie gerade, heißt "Mehr konsumieren". Dann kann unsere Gesellschaft wieder gesunden.

Dahinter steht die Vergötzung des Konsums und die Vorstellung, um so glücklicher zu werden, je mehr man konsumiert. Und es ist verdammt schwer, sich dem Konsum zu entziehen in einer Gesellschaft, in der man permanent dazu aufgefordert wird.

Vielleicht liegt es daran, das gerade Meditation, Yoga, Tai-Chi, Qi-Gong oder Entspannungsverfahren so eine Hochkonjunktur haben. Viele spüren die starke Einseitigkeit des Lebens und das etwas fehlt. Und das, was fehlt, findet man erstaunlicherweise nicht im "Mehr" sondern im "Weniger". Sich leermachen, loslassen von all dem Gerümpel, still werden, Ruhe erfahren.

Je nach Veranlagung braucht es verschiedenen Zugänge. Meditation ist sicherlich eine sehr direkte Art, in die Stille zu kommen und loszulassen. Jedoch liegt manchen der körperliche Zugang in Bewegung mehr. Sehr beliebt sind hier auch immer wieder die zahlreichen Bewegungsmeditationen, die uns Osho gelehrt hat. Auch verschiedene Formen der Tanzmeditation haben sich bewährt, z.B. der Tanz der 5 Rhythmen nach Gabrielle Roth.

Yoga bringt noch einen weiteren Aspekt hinzu - viele leiden unter Bewegungsmangel. Das trifft gerade für Menschen zu, die viel Schreibtischarbeit machen müssen. Und Yoga bringt da beides mit: Übungen für körperliche Fitness. Auf geistiger Ebene Konzentration, Bewusstheit, Ruhe und Loslassen. Und Entspannung auf beiden Ebenen.

Sogesehen sind all diese Praktiken ein gutes Gegenmittel in unserer hektischen, konsum- und erlebnisorientierten Zeit.

06.03.2009 :: Jetzt!

Letztens hab ich mal wieder 2 Dinge auf einmal gemacht: Die Elektronik für die Meditationsuhren gelötet und nebenbei ein Hörbuch von Eckhart Tolle zu dem Thema "Jetzt!" gehört. Ja, ja - ich weiß - man sollte immer nur eine Sache ganz tun...

So bin ich aber nun - so ganz nebenbei - um ein paar Erkenntnisse reicher. Einerseits find ich Eckhart Tolle erfrischend und spannend. Er überfüllt mich durch seine langsame Sprechweise nicht und fesselt mich durch seine Art, über die Dinge zu sprechen.

Irgendwas störte mich jedoch oder fehlte mir. Das brauchte jetzt 3 Tage Zeit, um es klar zu bekommen. >>Jetzt!<< hab ich es aber herausgefunden. Zusammengefasst spricht Tolle darüber, dass das Leben im Jetzt doch eigentlich sowas natürliches ist, wir aber ständig unterwegs sind, um die Zukunft zu erreichen und dabei das Jetzt nicht erleben. Das Jetzt wird als Hindernis empfunden, was uns von dem trennt, was wir in der Zukunft wollen und was am liebsten schon da sein sollte.

Nun sind das keine neuen Ideen für mich und dieser Orientierung folge ich auch schon seit vielen Jahren. Aber er versteht es, mir diese Weisheit in so klarer Weise zu vermitteln, dass ich zum Schluß denke: "Ja, ich muss doch ganz schön bescheuert sein, doch immer wieder Dingen der Zukunft nachzulaufen und dabei das Jetzt zu vergessen." Denn so, wie er das alles beschreibt, ist das doch offensichtlich Unsinn und Dummheit, nicht im Jetzt zu leben, sondern ständig irgendwo hin zu wollen.

Der erste Impuls war nun: "Ja, der Kerl hat recht, jetzt muss ich mich mal wieder mehr anstrengen, um ab sofort nur noch im Jetzt zu leben." Aber dann kam auch der zweite Impuls: "Nee, Moment mal, so einfach ist die Sache nicht. Da fehlt was."

So einfach ist die Sache nämlich wirklich nicht. Ich erlebe dieses "Nicht-im-Jetzt-Sein" als etwas, was zur menschlichen Natur gehört. Daran sind wir irgendwie gebunden, das scheint in unseren Genen so angelegt. Die meisten Menschen um mich drumrum leben genau so, viele sogar ohne ein Bewusstsein darüber. Sie leben einfach das, was in ihnen irgendwie angelegt ist. So zu leben ist weit verbreitet und irgendwie normal.

Ich erinnere mich an ein Zitat von Bruno-Paul de Roeck: "Elefanten versuchen nicht, Giraffen oder Schwalben zu werden. Radieschen versuchen nicht, Rote Beete zu werden. Aber wir versuchen zu sein, was wir nicht sind. Wir ersticken in Idealen, die unerreichbar sind oder die nur auf unsere eigenen Kosten erreicht werden können."

Haben wir uns vielleicht alle nur verirrt, folgen nur eine falschen Idee? Könnten also problemlos einfach im Jetzt leben? Ich glaube das nicht. Ich glaube, dieses >>Nicht im Jetzt sein können<< ist ganz tief in uns verankert. So sind wir gebaut, zumindest zum Teil.

Und ich finde es wichtig, dies wertschätzend anzuerkennen, anstatt es nur als eine Dummheit anzusehen. Sonst besteht die Gefahr, nur mit aller Macht aufzusteigen, aber dabei seine Wurzeln und seinen Halt zu verlieren.

So wird dann für mich auch was Passendes draus: Mich als Mensch so anzunehmen, wie ich bin. Und gleichzeitig auch zu sehen, dass ich durch Erkenntnis, Bemühen und Wille etwas in mir entwickeln kann, was sich fortschrittlicher anfühlt: Verankert im Hier und Jetzt sein zu können.

Für mich ist das etwas Kostbares, im Jetzt zu leben. Auf der anderen Seite weiß ich genauso darum, dass mich der Alltag manchmal stark vereinnahmt und auffrisst. Und dann sind die Ideen von "Hier und Jetzt" sowas von weit entfernt. Dann wird es mir noch nicht mal mehr bewusst, wie ich gerade lebe. Oder ich hab einfach gerade keine Kraft oder Lust und lass mich treiben. Auch dann bin ich selten im Hier und Jetzt. Genauso dann nicht, wenn ich über neue Meditationsuhr-Ideen nachdenke.

Ich lebte mal für 16 Wochen in einer spirituellen Gemeinschaft, wo ich ganz raus war aus dem Alltagsleben. Wo ich mich von früh bis spät all diesen kostbaren Dingen widmen konnte. Eine tragende Gemeinschaft, die mich immer wieder dazu anregte, mein Leben zu verstehen und Orientierung zu finden. In dieser Zeit konnte ich sehr bewusst im >>Jetzt!<< leben.

Später im Alltag war ich traurig und ärgerlich, dass ich so vieles wieder verlor. Mir wurde dann aber auch bewusst: Es war eine heilsame Umgebung, in der ich diese Erfahrungen machen durfte. Das brauchte mitunter nicht mal viel Anstrengung, weil dieser Ort eine unglaubliche Ausstrahlung hatte. Aber jetzt hier alleine im Alltag ist das alles nicht mehr so einfach, jetzt fühle ich mich wieder wie auf rauer See, kämpfend mit all den Konflikten, Herausforderungen und Spannungsfeldern in mir und in der Welt. Manchmal bin ich hoffnungslos verstrickt ;-)

Fazit für mich ist jedenfalls: Ja, zu lernen im Hier und Jetzt zu sein, ist eine kostbare Angelegenheit. Es lohnt sich, sich da hin zu entwickeln und immer wieder mal Innezuhalten, um das Jetzt bewusst zu erleben. Meditation ist eine wunderbare Übung, um diese Geisteshaltung zu trainieren. Und viel Training braucht es auf jeden Fall. Es reicht nicht, lediglich im Kopf zu der Erkenntnis zu kommen, dass die Orientierung hin zum >>Jetzt<< Sinn macht. Man kann sich vielmehr darauf verlassen, dass es genug Kräfte in einem gibt, die einen immer wieder von der Bewusstheit des >>Jetzt<< wegziehen.

25.02.2009 :: Meditation und Wille

Meditation konfrontiert einen stark mit dem Thema Willen. Beständig auf den Atem zu achten, braucht neben Achtsamkeit auch eine Willenskraft. Manchmal merke ich, dass mir viele Gedanken durch den Kopf gehen, ich mir dessen bewusst werde, dann aber nicht wirklich zu meinem Atem zurück will.

Ich bin dann nicht klar in mir, was ich wirklich will. Eigentlich hab ich mich zur Meditation hingesetzt, aber andererseits will ich auch diese Sachen noch durchdenken. Und so wird nur eine halbherzige Meditation daraus. Ok, ich sitze hier ruhig in meiner Ecke, aber der Kopf ist mit was anderem beschäftigt. Es hilft mir in solchen Momenten, mich nochmal zu fragen, was ich eigentlich will. Will ich jetzt denken oder will ich jetzt meditieren? Nur eins davon geht - was schwer fällt, einzusehen ;-) Wenn ich aber ein Einsehen habe, dann kann ich mich auch entscheiden - entweder Meditation oder etwas Durchdenken wollen.

Wenn die Entscheidung klar ist, zu meditieren, dann braucht es trotzdem immer wieder eine Willenskraft, um beim Atem zu bleiben. Mit der Zeit aber merke ich, wie die Kraft, die mich wegzieht, schwächer wird und so braucht es auch weniger Willenskraft, beim Atem zu bleiben. Angenehm sind die Momente, wo ich ohne viel Kraft beim Atem verweilen kann.

Eine weitere Form von Wille braucht es, damit es gelingt, regelmäßig dran zu bleiben. Das ist ein faszinierendes Paradoxon: Einerseits empfinden die meisten Menschen es als einfach, sich täglich 20 Minuten für irgendwas Zeit zu nehmen. Das muss doch eigentlich immer gelingen! Andererseits gelingt gerade dies nur den wenigsten! Es gibt immer alle möglichen Gründe, warum es dann eben doch nicht geht. Doch wenn man genau hinschaut, wäre es doch fast immer gegangen.

Ich glaube, es hat ein Stück weit damit zu tun, dass wir vor allem das einfach tun können, wovon wir uns etwas erwarten. Es ist leicht, den Fernseher einzuschalten, weil man sich emotional in irgendeiner Form anregen lassen will. Da gibt es ein klares Bedürfnis, was befriedigt werden will.

Aber wie ist es, Dinge zu tun, die keinen Sinn auf der Ebene sofortiger Bedürfnisbefriedigung haben? Dinge, die einem vielleicht manchmal sogar völlig sinnlos vorkommen? Meditation ist ja gerade so etwas - es geht nicht darum, am Ende der Meditation ein sensationelles Gefühl produziert zu haben - auch wenn das vorkommen kann. Meditation bindet sich an nichts und will nichts. Die Übung allerdings ist klar - z.B. auf den Atem zu achten, im Atem zu verweilen.

Im Buch "Die Schulung des Willens" von Assagioli wird eine Übung zur Schulung des Willens vorgeschlagen, wo es genau darum geht: Täglich etwas zu tun, was überhaupt keinen Sinn macht. Wodurch es also keinerlei Motivatoren dafür gibt. Noch nichtmal die Motivation, dass längerfristiges Üben zu irgendwas führt. Und es trotzdem zu tun. Man kann z.B. 10 Minuten lang Erbsen zählen. Ich sehe da viele Parallelen zur Meditation.

Meditation ist natürlich keine sinnlose Übung, sie ist nichts und alles zugleich. Im Moment der Meditation kann es aber hilfreich sein, einfach machen zu können, ohne einen Sinn zu brauchen. Und das braucht schon einiges an Willen.

10.02.2009 :: Gestaltungswille und Meditation

Irgendwie ist mir heute morgen das Wort Gestaltungswille zugeflogen. Es tauchte kurz nach dem wach werden auf. Und es zog mich an.

Wenn ich dieses Wort neben Meditation stelle, dann fällt mir der starke Gegensatz auf, den ich dabei empfinde. Lässt sich beides wirklich integrieren? Oder schließt das eine das andere aus? Kann ich ein Mensch mit großem Gestaltungswillen sein und gleichzeitig auch ein Mensch, der der Meditation verbunden ist? Muss ich mich entscheiden oder kann beides sein?

Meditation sagt: Innehalten, Nichts-Tun, Geschehen lassen, nichts wollen, alles ist ok wie es ist.

Gestaltungswille sagt: Was tun, was verändern, sich einmischen, etwas wollen, mit Missständen aufräumen. Seine Kraft einbringen, um die Welt zu verändern oder der Welt etwas zu geben.

Dieser Widerspruch beschäftigt mich schon lange. Als ich zur Meditation kam, war in mir hauptsächlich viel Gestaltungswille. Das Tun stand im Vordergrund (oder war es Getriebenheit?). Ich glaub, die Meditation hat mich angezogen, weil sie ein Gegenpol war, den ich brauchte.

Manche steigen tief in ein meditatives Leben ein und ziehen sich ganz aus dem Leben zurück. Sie entscheiden sich also dagegen, einen Gestaltungswillen in die äußere Welt einzubringen. Jedoch wirkt ihr Wille auf die Entwicklung des eigenen Wesens.

Die meisten in unserer zivilisierten Gesellschaft werden aber wohl eher einen Weg finden müssen, Alltag und spirituelle Praxis zu leben. Die Frage ist dann, wie beeinflussen sich beide Bereiche? Wie bekomme ich beides zusammen?

Ich habe eine Zeit erlebt, in der ich meinen Gestaltungswillen gehemmt habe. Weil ich glaubte, ich muss mich entscheiden - entweder Meditation oder Gestalten.

Ich glaube mittlerweile, beides lässt sich integrieren und ich habe auch Erfahrungen gemacht, wie dies möglich ist. Roberto Assagioli schreibt sinngemäß in seinem Buch "Schulung des Willens", dass ein großes Problem der heutigen Zeit ist, dass diejenigen viel Willen aufbringen, die in einem Mangel an Liebe leben und die zu wenig Wille aufbringen, die liebevoll handeln. Wie wäre denn die Welt, wenn die liebevoll Handelnden mehr Macht und Wille hätten und dieser stärker wirksam würde?

Ich habe gesehen, wie Menschen liebevoll und willenstark gewirkt haben und schöne Orte aufbauten. Das hat mich fasziniert und sie haben das Leben bereichert, den Menschen etwas gegeben. Sie haben damit auch viele Menschen eingeladen, sich zu öffnen und sich zu entwickeln. Auch mich hat so ein Ort tief im Herzen berührt und mein Leben wesentlich beeinflusst. Das empfinde ich als gut und wertvoll.

Im Gegensatz dazu gibt es viele kalte und trostlose Orte, wo Menschen nur mit Überleben beschäftigt sind, aber keinerlei Freiraum für einen spirituellen Erfahrungsraum haben.

Sogesehen ist es glaube ich dringend nötig, dass sich Menschen sowohl in Meditation einer inneren Welt zuwenden, gleichzeitig aber auch eine äußere Welt gestalten.

15.12.2008 :: Ungeduld

Besser kann man Ungeduld nicht ausdrücken. Nadja Schlüter im Poetry Slam, einfach köstlich...

Und hier das Gegenstück von Eckhardt Tolle:

17.11.2008 :: Das Ich loslassen

Ich glaube, das Thema mit dem "Ich loslassen" oder das "Ich überwinden" wird oft missverstanden. Auch ich hab es jahrelang falsch verstanden. Manche Literatur nährt eine ablehnende Haltung gegenüber dem Ego oder dem Ich. Mit >>Ich<< meine ich das, was wir auf personaler Ebene geworden sind: Unser Charakter, unsere Gedanken und Gefühle, die in uns verankerten Denk- und Gefühlsmuster, unser Körper.

Die schönste Erfahrung, die mir in diesem Zusammenhang einfällt ist, wie ich nach einer Meditation herzlich über mich lachen konnte. Es war ein unglaublich befreiendes Lachen, weil ich auf einmal begriff, das ich nicht dieses Ich bin. Ich erinnerte mich an Sätze wie: "Ich habe einen Körper, aber ich bin nicht mein Körper. Ich habe Gefühle, aber ich bin nicht dieses Gefühl. Ich habe Gedanken, aber ich bin nicht der Gedanke." Wenn man denkt, man wäre dieses Ich, sich sozusagen mit dem Ich verwechselt, dann wird alles sehr anstrengend. Dann muss man es ständig verteidigen, ist ständig am Vergleichen oder muss alle möglichen Erfolge erzielen, um ein tolles Ich und damit ein tolles Selbstwertgefühl zu haben. Und wie befreiend ist es dann, wenn man auf einmal spürt, das ist alles nur eine Verwechselung.

Natürlich hab ich mich auch ganz schnell im Alltag wieder in diese Illusion vestrickt und wieder genug gelitten. Ich erlebe das häufig, dass mir für einen Moment in Meditation etwas klar wird - das ist aber erst der Anfang. Diese Wahrheit in den Alltag zu integrieren, ist nochmal ein anstrengender Prozess, der mitunter viele Jahre braucht.

Über sich lachen zu können finde ich übrigens schonmal einen guten Schritt in diese Richtung. Das ist schon ein Aussteigen aus der rigiden Verhaftung mit seinem Ich. Man nimmt das Ich nicht mehr so wichtig, kann herzlich drüber lachen, was das Ich mal wieder so gemacht hat. Und natürlich fällt dieser Abstand um so schwerer, je tiefer man emotional verstrickt ist.

Das Ich zu überwinden bedeutet also nicht, das Ich wegzumachen und auszulöschen. Es bedeutet, das Ich als einen integrativen Bestandteil seines Wesens anzunehmen und darüber hinauszuwachsen. Und wenn man drüber hinauswächst, dann erkennt man es als einen Teil von sich, aber nicht als jenseits von sich. Es ist ein integrierender, kein abspaltender Prozess. Das Ich darf man dabei durchaus lieb haben. Auch wenn dieses Ich vielleicht gerade mal wieder meine spirituellen Ziele durchkreuzt ;-)

Gedanken von Ken Wilber haben mir dabei weiter geholfen, überhaupt erstmal eine Idee davon zu bekommen, wie die Dinge miteinander zusammenhängen. Sozusagen eine brauchbare Landkarte zu bekommen.

Aber auch mit dieser Landkarte bleibt einem nicht die schwere praktische Arbeit erspart, sich von seinen Ich-Verstrickungen zu lösen. Tröstlich ist es aber, dass man irgendwann erkennen wird, dass man weit mehr ist, als dieses begrenzte kleine Ich.

16.09.2008 :: Orientierung

Hör auf deinen Kopf - ach nein, das ist doch so emotionslos und kalt. Du musst auf dein Bauchgefühl achten. Das sagt dir auf jeden Fall, was richtig ist...

Ach, was hab ich schon alles für Dummheiten gemacht, weil ich auf mein Bauchgefühl hörte. Da wär der Kopf mir manchmal lieber gewesen.

Nein - hör auf deine innere Stimme, auf deine Intuition. Die wird dir den Weg weisen. Doch auch da hab ich mich verirrt. Was ist denn die richtige innere Stimme? Ist gerade so viel Geplapper und jeder Teil meint für sich, das Göttliche zu sein. Was ist denn nun die wahrhaft richtige Eingebung und was sind wachgewordene Dämonen?

Egal, jedenfalls weiß ich eins - so einfach ist die richtige Orientierung nicht zu haben. Entschlossen auf irgendwas - Kopf, Gefühl, Intuition, Überbewusstsein - zu hören, ist nur ein verzweifelter Versuch, irgendwo sichere Orientierung zu bekommen, wo es vielleicht keinen sicheren Ratgeber gibt.

Oder ist es der Guru, dem ich mich anvertraue? Ist der Guru vielleicht auch nur ein Verirrter, der einer falschen Stimme folgt? Oder jemand, der gerade mal den Kontakt zu seiner göttlichen Eingebung verloren hat und mich nun ins Verderben mitnimmt? Trotzdem anvertrauen, weil man mir sonst den Vorwurf macht, mich auf nichts ganz und gar einlassen zu können?

Aber eins fand ich dann doch ganz gut, was Carl Rogers mal sinngemäß sagte: Die größte Autorität ist deine Erfahrung.

Was meint das? Ist es nicht ein ganz integrativer Gedanke, der alles mitnimmt, was da ist: Gefühl, Gedanken, Intuition? Eine Orientierung prüfen, in dem man die Idee in sich hineinfallen lässt und schaut, was reagiert...

Sagt das Gefühl vielleicht: "Nee, lieber nicht." und der Kopf hingegen: "Ja, auf jeden Fall!" Und wie gehe ich mit diesem Spannungsfeld um? Finde ich vielleicht die richtige Antwort, in dem ich das Spannungsfeld durchlebe und einen Weg finde, der ganzheitlich in mir stimmig ist? Braucht es vielleicht eine frische Antwort, die Jetzt aus der Wachheit entsteht, geprägt durch alles, was mich ausmacht?

Die Kompassnadel ist sehr empfindlich, nur wenn man den Kompass genau gerade hält, kann sie sich sanft in die richtige Richtung drehen. Und eine Störung - ein Stück Metall in der Nähe - und schon wird aus der vermeintlich richtigen Wegweißung ein Irrweg.

Ich bleib dann mal wach und achtsam, was Orientierung angeht...

03.09.2008 :: ...im Weltenstrom

Alles schwingt

Alles klingt

Aufgehoben im Sein

Glücklich sein.

01.09.2008 :: Einswerden, Loslassen und Wandlung

Seit Jahren bin ich ein Fan vom Tanz der 5 Rhythmen nach Gabrielle Roth. Ein Aspekt, der mir dabei gefällt, ist die Öffnung für verschiedenste Lebensenergien. Leben ist Schwingung, manchmal schwingt es sanft, manchmal freudig ausgelassen, manchmal düster und traurig. Oder ein starkes Aufbäumen und ein Befreiungsakt.

Die 5 Rhythmen ermöglichen einem, in unterschiedlichste Energien oder Schwingungen hineinzuspüren. Ich hab meine Vorlieben für bestimmte Rhythmen und ich lerne, mich Rhythmen zu nähern, die mir - erstmal - noch nicht so behagen.

Spannend fand ich letztens, den Aspekt der Wandlung zu beobachten. Ich hatte Musik aufgelegt, die sehr unterschiedlich in ihrer Art war. Gerade war ich so richtig mit einer Musik verbunden, hab mich hineingegeben und fühlte mich eins. Da kam das neue Musikstück wie eine Störung hinein. Alles war anders, ungewohnt. Widerwille in mir, loszulassen, was gerade war. Und doch auch Neugier, wie ich mich jetzt mit der neuen Energie verbinden kann. Zuerst war es schwierig und ein wenig hilfloses herumexperimentieren. Offenheit und Neugier brauchte es, nicht resignieren, wenn es nicht sofort klappt, einen Zugang zu finden. Dabei bleiben, sich überraschen lassen von den Bewegungen des Körpers. Und da - auf einmal - ein Impuls der passt, es fühlt sich gut an, wieder verbunden zu sein mit der Schwingung, die jetzt da im Raum ist. Und das regt an und Lust kommt. Lust, noch mehr verbunden zu sein. Und irgendwann fließt es im Einssein mit dem Rhythmus - dem neuen Rhythmus. Glückseligkeit.

Bis dann wieder ein Übergang kommt, ein neuer Rhythmus, eine neue Energie und wieder das selbe Spiel. Aber irgendwann wird man besser. Besser im Übergang, in der Fähigkeit, sich zu wandeln. Loslassen, vertrauen in das Neue haben, sich hingeben, verschmelzen. Und wieder loslassen...

04.08.2008 :: Freies Beobachten

Was denkst du gerade? Ähm, weiß nicht...

Es ist oft so, dass man in dem Moment, wo man sein Denken beobachten will, der Gedanke verschwindet, man ihn nicht mehr greifen kann. Man kann den Gedanken nicht einfach unbeeinflusst sich weiter entwickeln lassen, wenn man sich erstmal darüber bewusst geworden ist, dass man gerade über dies oder jenes nachdenkt. Einfach nur Beobachter sein, ohne irgendeinen Einfluss zu nehmen, ist schwer.

In der Meditation gibt es eine Ausrichtung, da versucht man, sich auf den Atem zu konzentrieren. Wird man sich darüber gewahr, dass man gerade in Gedanken abgeschweift ist, unterbricht man dieses Denken und kehrt wieder zum Atem zurück. Was man gedacht hat, ist hier unwichtig, es geht darum, sich immer wieder zum Atem zurückzuholen.

Ayya Khema hat eine Methode gelehrt, die etwas anders geht: In dem Moment, wo du dir gewahr wirst, dass du in Gedanken bist, gib dem Gedanken kurz einen Namen und lasse ihn dann los. Wenn man also bemerkt, dass man sich gerade über seinen Chef ärgert und hierzu Gedanken ablaufen, sagt man sich kurz "Ärger mit Chef" und lässt es dann los. Wenn man darüber nachdenkt, was man nach der Meditation leckeres essen möchte, benennt man es mit "Gedanken über Essen" und lässt wieder los.

Dies kann schonmal sehr erkenntnisreich sein, zu benennen und zu bemerken, worum sich die eigenen Gedanken gerade drehen. Gerade dann, wenn man die Meditation auch als ein Wachstumsweg auf personaler Ebene sieht. Hierüber kann man die eigene Psyche erkunden. Und vielleicht ist man manchmal überrrascht, wie stark man doch mit verschiedenen Themen vestrickt ist, weil irgendeine Kraft die Gedanken immer wieder da hinzieht.

Noch weiter getrieben kann man üben, einfach nur Beobachter zu sein für alles, was kommt. Sich also nicht mehr einem Meditationsobjekt, wie dem Atem, zuzuwenden, sondern einfach nur lauschen und gewahr werden, was kommt. Was passiert in dem Menschen, der da gerade auf der Matte sitzt? Mit was beschäftigen sich die Gedanken? Was taucht auf und vergeht wieder?

Es ist sehr schwer, sich dann nicht einzumischen, sondern nur neutraler Beobachter zu sein. Um das, was sonst unbewusst als Gedanke abläuft, wahrzunehmen, es aber so zu lassen, wie es unbewusst ablaufen würde.

Ken Wilber schreibt, er kann sich beim Träumen zuschauen. Das geht in eine ganz ähnliche Richtung, den Traum ablaufen lassen, ohne sich einzumischen, sich aber dessen gewahr sein, was man gerade träumt.

Das interessante daran ist: Wenn man sich beobachtend sein lassen kann, lernt man sich kennen. Und zwar allumfassend, weil dann alles, was sonst unbewusst abläuft und ablaufen muss, ins Bewusstsein tritt oder treten darf. Es geht vor allem um die ganzen psychischen Muster und Strukturen, die sich in einem ausgebildet haben. Und die sind es ja, die uns im Alltag steuern und manchmal fest im Griff haben.

Wie wäre das Leben, wenn man sich einfach so wahrnehmen kann? Auch mit seinen Schattenseiten. Ohne irgendwas zu wollen. Einfach nur wahrnehmen. So ist es - das ist, was ist. Mehr nicht.

Das erinnert mich an eine Übung aus "Ein Kurs in Wundern", die ungefähr so ging: Man schaut sich im Raum um und sagt zu allem, was man sieht: "Dieser ... bedeutet nichts." Also z.B. "Dieser Computer bedeutet nichts." oder "Dieser Hund bedeutet nichts." Als ich das erste mal diese Übung machte, fand ich es spannend, was für teilweise erboßte Reaktionen ich in mir wahrnehmen konnte. "Ja klar bedeutet das was für mich!" Bedeutungen loszulassen, ist schwer und über die Bedeutung sind wir mit den Dingen verstrickt und verwoben. Und diese Bedeutungen erzählen Geschichten.

Ein neutraler Beobachter aber, der einfach nur wahrnimmt, für den sind die Dinge einfach nur so, wie sie sind. Er hat keine Präferenzen für irgendwas, alles ist wie es ist und darf so sein, wie es ist.

18.07.2008 :: Bedürfnisse loslassen

Es ist nicht gut, wie es gerade ist. Gerade Hier und Jetzt einfach nur zu sein, das ist schon ein schwieriges Kunststück. Es sind die vielen Bedürftigkeiten, die einen wegziehen. Gedanken, was ich gleich nach der Meditation mache. Warum ist das wichtig? Bedürfnis! Gute Emotionen, die damit verbunden sind. Die will ich erfahren, will ich haben, möglichst jetzt. Gedanken, wie ich ein Problem löse. Bedürfnis! Ich will mich von dieser Schwierigkeit befreien. Ganz ähnlich wie das Jucken am rechten Arm, was ich gerade bemerke. Wie gerne würde ich hinlangen, um meinen Körper von dem Juckreiz zu entlasten.

Es gibt Millionen von Gründen, warum gerade etwas nicht so ist, wie man es haben will. Damit kann man sich Dauerbeschäftigen. Und vielmals tun wir das ja auch im hektischen Alltag.

Meditation ist da ein guter Ausstieg, mal alles sein zu lassen. Als mir das gerade in der Meditation bewusst wurde, wie ich wieder meinen Bedürfnissen nachhänge, kam spontan der Satz: "Einfach nur hier sitzen und sein, es braucht nichts, alles darf genau so sein, wie es jetzt ist." Es ist schwer und auch wieder entlastend: Mal nicht für all den Kram verantwortlich zu sein. Es gibt nichts zu tun, einfach nur sein.

Das ist für mich der gute Gegenpol, gerade in Zeiten, wo ich mich im Alltag sehr eingebunden fühle, wo ich für vieles irgendwie verantwortlich bin. Und wo sich Scheinbedürfnisse entwickeln, die den Mangel an etwas Echtem kompensieren sollen.

In Meditation, wenn ich aussteige aus all dem, fällts mir auf einmal auf, wie bedürftig ich manchmal bin. Was ich alles brauche, womit ich mich alles beschäftigen "muss", was ich nicht loslassen kann.

Loslassen - ja was denn? Fast immer Bedürfnisse. Wer nichts braucht und alles hat - Jetzt im Moment - der kann leicht loslassen oder hat es schon längst. Gedanken sind dann nicht mehr wichtig, alles verliert an Bedeutung. Gleichzeitig ist nichts bedeutungslos.

13.07.2008 :: Im Atem verankert

Gestern war ich in einem Planetarium, eine spezielle Musikshow zu Klängen von Jean Michel Jarre. Man wurde schon vorgewarnt, es könne einem schlecht werden bei manchen Projektionen, weil das Gleichgewichtsgefühl gestört wird.

Ein paar Szenen waren dann in der Tat dabei, die mir den Boden unter den Füßen wegzogen. Die Projektion am Himmel drehte sich in alle möglichen Richtungen und gab einem das Gefühl, frei durch den Weltraum zu schweben und allen Halt zu verlieren.

Für mich war erstmal faszinierend, wie man doch auf etwas angewiesen ist, was einem Halt und Struktur vermittelt. Und wie sehr man weggespült werden kann, wenn im Außen jeder Halt wegbricht. Und das erinnerte mich auch an Erfahrungen in der Meditation, wo manchmal aller Halt verloren geht, man sich ebenso in Erfahrungswelten hineinbegibt, die gewohnte Strukturen auflösen. Gewohnheiten geben Halt - selbst wenn Sie nur aus Illusionen bestehen.

"Angst oder Hingabe?" - das ging mir in dem Moment durch den Kopf. Mitunter ist es gut, auszusteigen, um sich zu schützen. Ich hätte hier im Planetarium nur die Augen schließen müssen und wäre raus aus dem Film. Oder doch Hingabe - loslassen und hineingehen in die Erfahrung? Irgendwas reizte mich daran.

"Nur beobachten und wahrnehmen" war ein Impuls, also eine Verankerung im Beobachter. Nicht der zu sein, der weggespült wird, sondern zu beobachten, wie wegspülen schmeckt. Als es mich immer wieder wegzog, war der der nächste Impuls: "Verankerung im Atem". Und das funktionierte erstaunlich gut. Ich erinnerte mich an einen Satz eines Lehrers "Auch wenn alles wegbricht, dein Atem fließt immer weiter. Ein... und Aus... Ein... und Aus..." Und in der Tat half mir nun die Verankerung im Atem sehr gut, war ein kräftiger Gegenpol, etwas zum Festhalten, wo alles an Halt im Außen wegbricht.

Die Verankerung im Atem wird ja in der Meditation immer wieder geübt. Und ich glaube, dass man da mit der Zeit eine Fähigkeit in sich schult, sozusagen "Konzentrationsmuskeln" aufbaut. Und dies kann einem im Alltag helfen, wenn sich um einen das Chaos ausbreitet und man weggespült wird. Wenn zu viel Außenorientierung da ist und man wieder Verankerung in sich finden will.