Einführung in die Meditation

von Winfried Mueller, www.meditationsuhren.de



Vielleicht hast du schon so einiges über Meditation gehört und bist neugierig, was es damit auf sich hat. Meditation ist auf jeden Fall etwas, was man erfahren muss. Nur die Erfahrung offenbart das, was Meditation bedeutet.

Meditation ist nichts, was sich in kurzer Zeit der Praxis klar erschließen wird. Manch einer wird nach 20 Jahren Meditation immer noch sagen, nicht viel über Meditation zu wissen - so unerschöpflich ist der Erfahrungsraum. Meditation ist nicht etwas, was man irgendwann vollständig durchdringt. Es ist vielmehr ein beständiger Übungs- und Erfahrungsweg. Der Sinn liegt im Hier und Jetzt und nicht im Erreichen eines fernen Zieles.

Die Meditation ist eine sehr wertvolle Praxis, weil sie uns hilft, unser Wesen zu entwickeln. Sie ist damit Werkzeug für das wirklich Wesentliche im Leben. Sie macht uns wach und offen, um uns zu erkennen und im Kern zu begegnen. Dies ist zugleich eine spirituelle Erfahrung und eine Begegnung mit Gott.

Meditation fördert auch Seelenqualitäten, die uns mehr Mensch werden lassen. Die Entwicklung von Mitgefühl, Dankbarkeit, Selbstliebe und Konzentration hilft uns, den guten Weg und die Verbundenheit im Leben zu finden.

Meditation hat gerade in unserer Zeit eine so große Bedeutung, weil wir gesellschaftlich in einer großen Außenorientierung leben. Die Orientierung nach Innen und die Entwicklung von Seelenqualitäten findet wenig Raum. Wir sind umgeben von einem Energiefeld, was stark außenorientiert ist. Und wir sind ständig in der Gefahr, uns mit hineinziehen zu lassen in diese einseitige oberflächliche Welterfahrung. Meditation schafft einen Gegenpol, schafft eine Insel der Orientierung nach Innen. Sie schafft einen Raum, wesentlich zu werden.

Meditation hat Ähnlichkeit mit sportlicher Betätigung. Durch Sport schulen und entwickeln wir unseren Körper. Muskeln bauen sich auf und wir fühlen uns in unserem Körper gesünder. Wir werden leistungsfähiger und ausdauernder. Das, was Sport für den Körper ist, ist Meditation für den Geist. Wir trainieren den Geist, der sich dadurch entfalten kann. Wir werden klarer und bewusster. Achtsamkeit entwickelt sich und Herzensqualitäten erblühen.

Auch was die Gesundheitsförderung angeht, hat Meditation Ähnlichkeit mit sportlicher Betätigung. Sie ist ein Werkzeug für die Förderung seelischer Gesundheit. Sie hilft, Lebenserfahrungen zu integrieren und eine Verankerung im Leben zu finden. Die Schulung von Achtsamkeit hilft, besser mit uns und der Welt umzugehen.

Ein praktischer Schnelleinstieg

Der Beginn der Reise in die Meditation ist zum Glück recht einfach. Du musst nicht viele Vorbereitungen treffen und brauchst auch keine umfangreichen theoretischen Kenntnisse. Ein paar praktische Hinweise reichen aus, um mit Meditation beginnen zu können.

Als erstes brauchst du einen Raum, in dem du dich in Ruhe zurückziehen kannst. Stell sicher, dass dich während der Zeit der Meditation keiner stört, damit du gut loslassen kannst.

Zum Sitzen kannst du vorerst einen normalen Stuhl verwenden. Die Sitzfläche sollte nicht allzu weich sein. Ein einfacher Bürostuhl, ein Esszimmerstuhl oder ein Hocker sind gut geeignet.

Gut ist es, wenn du einen Zeitgeber hast, der dich nach Ablauf einer eingestellten Zeit über das Ende der Meditation informiert. Zu Anfang reicht ein Küchentimer. Du kannst dir auch eine spezielle Meditationsuhr zulegen.

Viele Anfänger neigen dazu, zu viel auf einmal zu machen, um möglichst intensive Erlebnisse zu haben. Das ist nicht gut. Am besten, man beginnt mit kurzen Meditationszeiten und erwartet nichts besonderes von der Meditation. In etwa so, wie man in einem Fitness-Studio über Wochen seine Übungen macht. Meditation ist unspektakulär-alltäglich. Für manche ist das schwer anzunehmen, wo wir doch darauf konditioniert sind, das Spektakuläre zu suchen, was uns besonders stark reizt.

Beginne am besten erstmal mit 5 Minuten. Nachdem du deinen Zeitgeber auf diese Zeit eingestellt und gestartet hast, setzt du dich gerade und aufrecht auf den Stuhl. Am besten recht weit vorne auf die Stuhlkante, so dass der Rücken nicht die Lehne berührt. Der Oberkörper soll sich aufrecht von selber tragen. Die wenigste Muskelkraft braucht man dazu, wenn die Wirbelsäule aufrecht ist, so dass diese den Körper trägt.

Die Hände kann man mit den Handflächen nach unten auf die Oberschenkel legen. So, dass es bequem ist und die Schultern loslassen können.

Die Augen werden während der Meditation geschlossen. Das hilft, sich auf den Atem zu konzentrieren.

So sitzend gibt es jetzt nur eine einfache Aufgabe: Konzentriere dich auf die Nasenspitze und beobachte, wie der Atem ein- und wieder ausströmt. Beim Einströmen sagst du dir innerlich "E...i...n...", beim Ausströmen sagst du dir innerlich "A...u...s....". Ziehe die Wörter "Ein" und "Aus" so lang, wie du auch ruhig ein- und ausatmest. Atme in deinem natürlichen Atemrhythmus, du brauchst den Atem nicht zu beeinflussen. Es geht nur um Beobachtung.

Wenn dein Zeitgeber das Ende der Meditation signalisiert, beendest du die Meditation. Hierzu öffnest du die Augen, kannst ein paar tiefe Atemzüge nehmen und dich etwas strecken. Spüre noch ein wenig die Erfahrung im sitzen, stehen oder gehen nach.

So kannst du in den ersten 2 Wochen täglich 1-3 mal üben. Wenn dir die Zeit zu kurz vorkommt, kannst du gerne auf 10 Minuten erhöhen. Mehr sollte es für den Anfang erstmal nicht sein.

Orientierung für erste Meditationserfahrungen

Es passiert nichts besonderes, mach ich es richtig?

Es ist völlig unwichtig, ob irgendwas außergewöhnliches passiert oder nicht. Wichtig ist einzig ein rechtes Bemühen darum, beim Atem zu bleiben. Manche haben Schwierigkeiten damit, etwas zu tun, was offensichtlich nichts bewirkt. Falls das so sein sollte, nimm gerade das als Herausforderung: Mal etwas im Leben zu tun und an etwas dran zu bleiben, was nichts bringt. Was anscheinend völlig nutzlos ist. Das ist gar nicht so einfach.

Abschweifen

Wenn du nicht gerade ein Naturtalent bist, wird dir bei der einfachen Meditationsübung sehr schnell klar: Es ist nicht einfach, permanent mit dem Bewusstsein beim Atem zu bleiben. Stattdessen ist man mit den Gedanken woanders. Meist bei irgendwelchen Alltagssachen, die einen nicht loslassen. Sie drängen ins Bewusstsein und wir kauen sie gedanklich durch.

Man kann nichts dagegen tun, dass Alltagsgedanken uns wegziehen von der Beobachtung des Atems. Das einzige, was wir tun können: Irgendwann wird uns bewusst, dass wir gerade nicht beim Atem sind. Und in dem Moment können wir liebevoll und sanft uns wieder auf den Atem ausrichten. Das kann z.B. mit dem inneren Satz: "Konzentration wieder auf den Atem." geschehen.

Ärgere dich nicht über dich, wenn du oft abschweifst. Das ist völlig normal. Ärger führt nur zu Anspannung und Druck und das führt nicht zu einer besseren Konzentration.

Wenn du beständig und mit rechtem Bemühen dich immer wieder auf die Atembeobachtung zurückholst, wirst du die Fähigkeit entwickeln, bei einer Sache zu bleiben. Es bauen sich sozusagen geistige Konzentrationsmuskeln auf. Du kannst dann besser bei einer Sache verweilen und musst nicht den Gedankenimpulsen folgen, die auch immer auftauchen.

Dich wieder zurückzuholen und beim Atem zu bleiben, könnte man mit mühelosem Bemühen beschreiben. Das ist etwas anderes, als dich geistig unter Druck zu setzen.

Eine weitere gute Möglichkeit ist das "Benennen". Immer dann, wenn du bemerkst, dass du in Gedanken warst, benennst du kurz, worüber du nachgedacht hast und lässt es dann los. Beispiel: "Ärger Chef" oder "Einkaufsplanung" oder "Urlaubsphantasien". Wenn ein Thema immer wieder auftaucht, kannst du dich nach der Meditation gedanklich damit beschäftigen. In der Meditation benennst du es nur kurz und gehst dann wieder zur Atembeobachtung über.

Manchmal passiert es, dass dir was ganz wichtiges in der Meditation einfällt, was du keinesfalls vergessen darfst. Leg dir ein Blatt Papier in die Nähe, wo du dir ganz kurz eine Notiz machen kannst. Das ist besser, als sich die ganze Zeit in der Meditation davon stören zu lassen. Mach es dir aber nicht zur Angewohnheit, regelmäßig deine Meditation wegen Gedankenimpulsen zu unterbrechen.

Unangenehme Empfindungen

Das Leben ist komplex und jede Form des Tuns kann irgendwas in einem auslösen. Manche entspannen sich in Meditation, andere geraten unter Anspannung. Oder es tauchen irgendwelche unangenehmen Gefühle auf.

Heftige Gefühlsreaktionen auf Meditation sind recht selten. Sollten diese jedoch bei dir auftauchen, dann sind sie ein Warnzeichen deines Organismus, dass dir die Sache irgendwie nicht gut bekommt. Das beste in einem solchen Fall ist, wenn man mit einem Psychotherapeuten oder spirituellen Lehrer abklären kann, was es damit auf sich hat.

Wenn einem diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, kann man schauen, wie man die Übung der Meditation für sich so abwandeln kann, dass keine heftigen Gefühle mehr auftauchen. Vielleicht reicht eine andere Beleuchtung, das Sitzen auf dem Boden oder das Öffnen der Augen.

Unangenehme Empfindungen, die weniger heftig sind und wir auch aus dem Alltag kennen, lassen wir da sein, wie sie sind. Meditation will nichts verändern, es geht mehr um beobachten. Wir bleiben vorerst dabei, trotzdem mit der Aufmerksamkeit beim Atem zu bleiben.

Körperliche Verspannung

In Meditation ist es gut, eine entspannte und doch aufrechte Sitzposition zu finden. Wir spannen uns also nicht an, wie man das vom "Strammstehen" her kennt. Vielmehr entspannen wir alle Muskeln, soweit wir das bewusst können. Lediglich ein paar Muskeln müssen unseren Oberkörper noch ganz sanft halten. Je besser der Oberkörper im Zentrum ausbalanciert ist, um so weniger braucht es an Muskelkraft.

Besonders gerne wird der Nacken- und Schulterbereich angespannt. Hier kann man am Anfang der Meditation bewusst hineinspüren, um solche Anspannungen mit der Ausatmung loszulassen.

Um ein Gefühl für eine gute Sitzhaltung zu bekommen, kann man ein paar Körperübungen machen.

Setze dich aufrecht auf den vorderen Teil der Stuhlsitzfläche, so dass der Rücken keinen Kontakt zur Lehne hat. Nun mache eine langsame kreisende Bewegung um deinen gefühlten Mittelpunkt. Der Mittelpunkt ist dort, wo dein Körper fast von alleine aufrecht bleibt. Es geht um ganz kleine und langsame kreisende Bewegungen. Nur ein paar wenige male. Dann pendele dich in der Mitte ein. Das kannst du nach kurzer Pause noch einige male wiederholen, auch kann man die Richtung der Kreisbewegung variieren.

Hierüber bekommt man ein Gefühl von seiner Mitte und einer senkrechten Haltung, in der vor allem die Wirbelsäule den Körper trägt.

Eine weitere wichtige Sache ist die Haltung des Beckens. Um dafür ein Gefühl zu bekommen, setze dich wieder gerade auf den Stuhl. Nun kippe langsam das Becken nach vorne. Hierdurch entsteht ein Hohlkreuz. Kippe nur soweit, wie es angenehm ist. Das ist weit vor der Grenze, was möglich wäre. Nun kippe das Becken nach hinten, wodurch ein Rundrücken entsteht. Nun pendle ein paar mal zwischen diesen beiden Möglichkeiten. So bekommst du ein Gefühl, wie dein Becken sich bewegen kann und wie dies deine Sitzhaltung beeinflusst.

Bei der Meditation ist es gut, wenn dein Becken etwas nach vorne geneigt ist, also von der Tendenz ein leichtes Hohlkreuz entsteht. Dann kann die Wirbelsäule den Oberkörper am besten von alleine tragen. Das gelingt dann gut, wenn der Stuhl etwas höher als gewöhnlich ist. Die Oberschenkel fallen dann etwas zu den Knien hin ab, sind also nicht mehr waagerecht. Auch eine leicht nach vorn geneigte Sitzfläche unterstützt dies (z.B. durch Keilkissen).

Hier gilt vor allem: Halte dich nicht stur an hier geäußerte Ideen von Sitzhaltung, sondern nimm alles als Impuls, mit deiner Haltung zu experimentieren. In einer guten Sitzhaltung sollte man 30 Minuten beschwerdefrei sitzen können.

Wer körperlich geschädigt ist oder Anomalien hat, muss ebenso durch Experimentieren herausfinden, welche Haltung gut möglich ist. Keinesfalls sollte man in einer Haltung meditieren, die stärkere körperliche Schmerzen verursacht. Gehe gut mit deinem Körper um!

Probleme können Muskelanspannungen bereiten, die man willentlich nicht kontrollieren kann. Viele wissen überhaupt nichts über solche Anspannungen. Sie sind weder willentlich steuerbar, noch klar wahrnehmbar. In Meditation werden sie jedoch oft spürbar in Form von Schmerzen. Wird z.B. permanent die rechte Schulter leicht nach oben gezogen, so fällt das im Alltag vielleicht nie richtig auf. Wenn man aber 30 Minuten still sitzt, wirkt eine gleichförmige Kraft auf unseren Körper ein. Das ist etwa so, als würde man einen ausgestreckten Arm 30 Minuten halten. Das führt zu Schmerz und Überlastung.

Wer Probleme mit unbewussten Muskelanspannungen hat, kann mit einem Physiotherapeuten oder körperorientierten Psychotherapeuten daran arbeiten. Ein Physiotherapeut kann meist recht schnell mit den Händen ertasten, wo Verspannungen sind.

Heute konnte ich mich gar nicht konzentrieren

Es wird Tage geben, wo dir die Konzentration auf den Atem gut gelingt. Und dann gibt es Tage, da will es gar nicht recht funktionieren. Ständig sind irgendwelche Gedanken da. Lass dich davon nicht entmutigen. Es ist nicht wichtig, ob es gut oder nicht gut gelingt. Einzig und allein zählt das rechte Bemühen: Ich bemerke, dass ich woanders bin und bringe mich wieder auf die Beobachtung des Atems zurück.

Wichtig ist, dass man die innere Haltung beibehält, wirklich beim Atem bleiben zu wollen. Meditation ist kein Raum, in dem man die Erlebnisse des Tages durchdenkt oder kommende Aktivitäten plant. All das kann vorkommen, die Frage ist, welche Einstellung man dazu hat. Denn davon hängt ab, was ich tun werde, sobald ich es bemerke. Und das sollte in Meditation immer die Rückkehr zum eigentlichen Meditationsobjekt (Beobachtung des Atems) sein.

Anfängergeist

In alles, was wir tun, kommt irgendwann Routine. Wir denken nicht mehr darüber nach, wie wir uns die Zähne putzen. Wir putzen und denken nebenher über den Tag nach. Wir sind gedanklich woanders. Das das funktioniert, ist einerseits ein Segen: Wir können vieles automatisch tun, ohne darüber nachdenken zu müssen. Das macht das Leben viel leichter.

Wenn wir etwas neues lernen, ist zuerst unser ganzes Bewusstsein damit beschäftigt, dieses Neue zu bewältigen. Wir sind ganz mit der Sache verbunden und brauchen unsere ganze geistige Kraft. Recht schnell wird aber wieder viel Bewusstsein frei und wir sind es gewohnt, dies dann für andere Sachen zu nutzen. So können wir Auto fahren, Radio hören und nebenbei noch telefonieren.

So ist es oft auch eine Erfahrung in Meditation: Anfangs ist man noch ganz bei der Sache. Wenn es dann schon etwas gewohnter wird, schweift der Geist ab. Man kann gedanklich "Ein" und "Aus" für den Atem vor sich hersagen und gleichzeitig andere Dinge durchdenken. Der Geist ist nicht mehr bei der Sache, die wir tun.

Die Haltung der Meditation ist hier radikal anders, wie viele das aus dem Alltag gewohnt sind. Hier soll man versuchen, Anfängergeist zu bewahren. Es geht also darum, mit dem ganzen Bewusstsein bei genau dieser einen einfachen Sache zu bleiben. Nur den Atem spüren, wie er kommt und geht. Ganz bei dieser Erfahrung sein.

Das dies nicht einfach ist, wird man immer wieder in Meditation erfahren. Meditation ist eine Übung darin, ganz bei einer Sache zu bleiben.

Heute mal nicht

Nicht immer wird sich ein Gefühl von "Ja, ich hab jetzt Lust auf Meditation." einstellen. Folgen wir der Lust, wird Meditation eine unbeständige Sache. Und das wiederum ist sehr ungünstig für den Sinn der Meditationspraxis. Veränderung und Vertiefung kann nur entstehen, wenn man regelmäßig dran bleibt.

Insofern ist es gut, wenn du den Einstieg in die Meditation so planst, dass du regelmäßig Zeit findest. Und dass du auch unabhängig von deiner Lust auf die Sache einfach praktizierst. Wenn du jedesmal, bevor du dich hinsetzt, darüber nachdenkst, ob du heute meditieren willst, beschäftigst du dich viel mit diesem Thema. Und das macht es um so schwerer, dran zu bleiben. Wenn du hingegen einmal klar für dich entscheidest, jeden Tag zu meditieren, besteht überhaupt keine Frage mehr, dann macht man es einfach. Und das geht dann oft leichter.

Wie auch immer du das Thema für dich aushandelst, schlussendlich ist eine regelmäßige, am besten tägliche Praxis wichtig. Bei Zeitmangel ist es besser, nur 5 Minuten zu meditieren, als es ganz ausfallen zu lassen. Und 5 Minuten hat man im Grunde immer.

Und wenn du mal nicht meditierst, entscheide dich bewusst dafür. "Ja, heute meditiere ich nicht." ist besser, als die Sache zu verdrängen.

Es kann sein, dass Dranbleiben kein großes Thema für dich ist, weil du die Meditation als angenehm erlebst. Damit fällt das Dranbleiben leicht.

Wir müssen jedoch darauf achten, Meditation nicht an das Vorhandensein bestimmter Gefühle zu binden. Besser ist eine gleichwertige Einstellung Gefühlen gegenüber: Wenn ich traurig bin, meditiere ich in der Bewusstheit meiner Traurigkeit. Wenn ich freudig bin, meditiere ich in der Bewusstheit meiner Freude. Wenn ich Abwehr spüre, meditiere ich in der Bewusstheit meiner Abwehr. Gefühle nehme ich wahr, ohne sie zu bewerten.

Klar sollte auch sein, dass wir massive Gefühle gegen die Meditation nicht übergehen dürfen. Dies ist ein Zeichen, dass wir erst diese massiven Gefühle klären müssen.

Zu viel Strenge

Sich um etwas zu bemühen, ist für viele gleichbedeutend, sich ordentlich anzustrengen und Druck zu machen. Eine strenge kühle innere Instanz fordert einem etwas ab. Eine sanfte liebende Grundhaltung bei gleichzeitig beständigem Bemühen ist für viele schwer vorstellbar.

Es ist schwer, aus solchen gewohnten Mustern auszubrechen. Die einzige Hilfestellung, die ich im Moment geben kann: Eine kalte-fordernde-strenge innere Haltung ist nicht das, was Meditation meint. Versuche immer wieder, eine liebevolle innere Haltung zu finden. Mit der Zeit wird sich eine Idee davon entwickeln, was liebevoll dranbleiben bedeutet.

Nimm dir in der ersten Minute der Meditation Zeit, dich wohlwollend einzustimmen. Suche einen liebevollen Kontakt zu deinem Körper. Entspanne dich. Atme ein paar mal tief durch. Erst dann beginne mit der Atembeobachtung.

Wenn du zu kalter Strenge neigst, bekommt Meditaton für dich einen besonderen Sinn: Es ist die Hoffnung darauf, dass du durch Übung zu einer liebevollen Grundhaltung findest. Und das du trotz dieser Grundhaltung auch deine Willensstärke behälst. Vielleicht vermag eine liebevolle Willenskraft sogar viel mehr...

Wegdösen

Manche kommen beim Meditieren ins Dösen. Manch einer ist schon beim Meditieren eingeschlafen. Das kann zwar angenehm sein, ist aber dann keine Meditation. Meditation ist nicht schläfriges Dahindösen. Meditation ist wach sein im Hier und Jetzt.

Man kann schauen, ob es Tageszeiten gibt, wo man weniger zum Dösen neigt. Manche können früh morgens besser meditieren, andere abends. Vor der Meditation sollte man auch nicht gespeist haben. Das ermüdet.

Meditation verfeinern

Nach den ersten 2 Wochen Übung können wir nun die Meditation verfeinern. Es soll im ersten Schritt erstmal um den Rahmen der Meditation gehen.

Es wirkt sich förderlich auf die Meditation aus, wenn wir sie als Ritual ausgestalten. Unseren Meditationsplatz können wir schön gestalten. Wir können etwas einbringen, was die Wertschätzung dieser Übung gegenüber ausdrückt. Dies ist gleichzeitig die Wertschätzung uns gegenüber, das wir uns mit unserem Wesenskern beschäftigen. Später werden wir vielleicht auch spüren, dass wir Gott damit näher kommen.

Vielleicht hast du genügend Platz in deiner Wohnung, einen festen heiligen Ort für die Meditation für dich einzurichten. Vor der Meditation den Raum zu lüften, kann helfen, Klarheit und Wachheit zu bewahren. Die Raumtemperatur sollte so sein, dass man sich wohl fühlt, jedoch auch nicht zu warm, weil man sonst wieder schnell ermüdet.

Zu Beginn der Meditation kannst du durch eine Verneigung oder eine ähnliche Geste deine Wertschätzung ausdrücken. Wertschätzung für den Ort, für die Meditation, für Gott und auch für dich. Im Sanskrit gibt es den Begriff "Namaste", der diese Geste beschreibt. Man kann ihn umschreiben mit "Ich ehre den göttlichen Geist, der in allem zu finden ist."

Am Ende der Meditation kannst du durch die gleiche Geste ebenso deine Wertschätzung und Dankbarkeit ausdrücken. Es ist auch ein Dank an dich, dass du dir die Zeit für die Meditation genommen hast.

Gestalte dein eigenes Ritual, so wie es dir passend und hilfreich erscheint.

Wir haben mit der Meditation auf einem Stuhl begonnen. Das ist völlig in Ordnung und kann auch so beibehalten werden. Ich glaube, es hat einen gewissen Vorteil, auf dem Boden zu sitzen, wie man das von den buddhistischen Traditionen her kennt. Hier müssen wir Europäer aber einen Kompromiss finden. Wir sind es nicht gewohnt, im Lotussitz auf dem Boden zu sitzen. Die meisten sind in den Beinen nicht so gelenkig, um auf diese Art längere Zeit sitzen zu können.

Viele kommen recht gut mit einem Meditationsbänkchen zurecht, auf dem man kniend sitzt. Darunter braucht es eine weiche Unterlage, entweder eine mehrfach zusammengelegte Decke oder eine spezielle Meditationsunterlage. Hier geht man pragmatisch vor: Wenn die Knie schmerzen, muss die Unterlage weicher sein. Die Beine kann man parallel aneinanderlegen. Oder man spreizt die Knie nach rechts und links weg. Das ergibt eine etwas stabilere Haltung, ähnlich dem Lotussitz.

Manche haben Probleme mit der Streckung der Fußgelenke. In diesem Fall kann man eine zusammengerollte Decke unter die Fußgelenke legen. Auch über die Höhe der Meditationsbank kann man die Sitzqualität beeinflussen. Die meisten Meditationsbänke haben außenliegende Füße, es gibt aber auch welche, die nur einen breiteren Fuß in der Mitte haben. Hier muss man schauen, worauf man am besten sitzen kann. Wer handwerklich begabt ist, kann sich ein Meditationsbänkchen recht schnell selber zurechtzimmern. Dann hat man auch die Freiheit, in der Gestaltung zu experimentieren.

Die zweite verbreitete Alternative ist die Nutzung eines speziellen Meditationskissens. Hierauf sitzt man etweder im vollen oder halben Lotussitz. Oder aber auch kniend, wie auf einem Bänkchen. Dann muss man das Kissen aber hochkant stellen oder aber ein besonders hohes Meditationskissen nutzen.

Meditationskissen können mit Kapok oder Buchweizen gefüllt sein. Kapok ist ähnlich wie Baumwolle recht weich. Die Kissen sind jedoch recht stramm gefüllt, so dass sie wesentlich härter als gewöhnliche Kissen sind. Trotzdem federn sie noch nach. Die Buchweizenhülsen geben weniger nach und machen ein anderes Sitzgefühl. Ganz ähnlich ist es bei Dinkelspreu. Auch hier gilt ausprobieren, was man als besser empfindet. Es gibt keine klare Empfehlung.

Die ersten Meditationsübungen haben wir mit geschlossenen Augen begonnen. Das ist eine mögliche Alternative. In manchen Traditionen wird mit halb geöffneten Augen meditiert. Man schaut in diesem Fall auf einen Bereich etwa 1-2 Meter vor sich. Gut ist dann, wenn der Sichtbereich nicht mit unruhigem Durcheinander gefüllt ist. Das könnte von der Meditation ablenken.

Es ist übrigens auch möglich, bei der Meditation gegen eine Wand zu sitzen. Dies wird im Zen oft praktiziert. Hierbei sitzt man mit dem Gesicht gegen eine Wand. Vom Abstand etwa so, dass die Beine noch 10-30 cm von der Wand entfernt sind. Wenn ich alleine meditiere, nutze ich normal diese Form. Die leere Wand lenkt mich am wenigsten ab, wenn ich mit halb geöffneten Augen meditiere. In Gemeinschaft meditiere ich lieber in einem Kreis, wo man sich zugewandt sitzt. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl, ein Aspekt, der für mich eine besondere Bedeutung hat. Hier sind die Geschmäcker und Bedürfnisse jedoch unterschiedlich.

Mahlzeiten sollte man nicht vor der Meditation einnehmen. Dann wird viel Energie für das Verdauen verwendet und man kann sich nicht so gut konzentrieren. Alkohol und Zigaretten sind ebenfalls ungünstig für die Meditation. Sie erschweren es, in bestimmte Bewusstseinszustände hineinzukommen. Wer regelmäßig seine Zigarette braucht, sollte möglichst lange vor der Meditation nicht rauchen. Jedoch bringt es auch nichts, in der Meditation sehnsüchtig auf die nächste Zigarette zu warten. Wer erfahrener in Meditation ist, findet am besten experimentell einen guten Umgang damit heraus.

Am besten meditiert man zu festen Zeiten. Diese zeitliche Struktur hilft, dran zu bleiben. Der Organismus gewöhnt sich daran und man findet schneller in die Meditation. Wann der rechte Zeitpunkt für die Meditation ist, muss man selber herausfinden.

Wenn man morgens meditiert hat das zumindest den Vorteil, dass man mit einer aktivierten Achtsamkeit in den Tag geht. Und das der Kopf noch nicht mit Alltagssachen gefüllt ist, die ablenken können. Ungünstig ist es, wenn man morgens lange zum Wachwerden braucht, dann ist man in der Meditation zu schläfrig.

Die Meditation am Abend hat den Vorteil, den Geist vor dem zu Bett gehen zur Ruhe zu bringen. Das kann helfen, danach friedvoll und gelöst einzuschlafen. Nachteilig ist, dass unerlöste Alltagssachen einen belasten können und man so nicht in die Ruhe während der Meditation kommt. Mitunter kann es hilfreich sein, sich zuvor sportlich zu betätigen.

Die Zeitspanne der Meditation können wir nun auch vergrößern. Zeiten von 20-30 Minuten sind typisch und werden in vielen Meditationszentren so praktiziert. In dieser Zeit kann der Geist sich beruhigen und man erreicht eine gewisse Tiefe.

Wer noch tiefer eintauchen möchte, kann auch länger meditieren. Günstiger kann es sein, nach einer 30 minütigen Meditationsphase eine kurze Gehmeditation zu machen und dann eine weitere Meditationsphase anzuhängen. Dieser Wechsel ist zumindest für den Körper günstig, weil man ihn dann nicht durch zu lange Phasen einseitig überlastet.

Wem die Meditation schwer fällt, der kann sie auch auf 15 Minuten begrenzen. Im Zweifelsfall praktiziert man lieber kürzer, dafür aber regelmäßig.

Was wir durch Meditation schulen

Meditation lässt sich nicht auf die Schulung von ein paar geistigen Fähigkeiten reduzieren. Vielmehr ist es so, dass wir durch bestimmte Fähigkeiten in der Lage sind, einen Bewusstseinsraum zu schaffen, in dem neue bedeutsame Erfahrungen gemacht werden können.

Trotzdem ist es interessant, sich diesen Aspekt mal näher anzuschauen: Was wird durch Meditation geschult? Welche geistigen Fähigkeiten bilden sich aus?

Was entsteht, wenn wir beständig den Atem beobachten?

Bewusstheit: Wir trainieren uns in der Fähigkeit, uns dessen bewusst zu sein, was gerade ist. Im Alltag sind wir uns oft nicht darüber bewusst, was wir denken, fühlen und tun. Es geschieht und wir sind Teil dessen, was geschieht. Wir sind verstrickt mit dem Geschehen. Da ist kein Beobachter des Geschehens. Und so können wir auch nicht steuernd eingreifen oder uns begreifen. Alles was abläuft, sind mehr oder weniger Konditionierungen - eine Aneinanderreihung von Gedanken- und Verhaltensmustern. Bewusstheit führt zu Erkenntnis und Klarheit, wie die Dinge sind. Und Erkenntnis führt zu innerem Wachstum.

Achtsamkeit: Achtsamkeit ist verwandt mit Bewusstheit. Wir können rezeptiv wahrnehmen, was ist. Und wenn wir uns der Liebe nicht verschließen, führt Achtsamkeit zu einer Grundhaltung, die Leben fördert. Das Leben berührt uns. Wir sind in gutem Kontakt mit dem, was ist. Wenn wir die ersten Atemübungen machen, erkennen wir vielleicht, wie kurz wir nur in der Lage sind, den Atem zu beobachten. Nur wie kann man etwas verstehen und tief durchdringen, wenn man gerade mal einige Sekunden bei etwas verweilen kann? Wie können wir einen Menschen wirklich verstehen, wenn wir nach 3 Sekunden Aufmerksamkeit schon wieder mit eigenen Gedanken beschäftigt sind? Genauso ist es mit unserem Wesen: Wie können wir uns verstehen, wenn wir nur ganz kurz bei dem bleiben können, was ist?

Geistige Ruhe: Unser Geist ist permanent mit Gedanken beschäftigt. Wie ein unruhiger Affe, der durch den Käfig hüpft. Das zerstreut und raubt uns Kraft. Der geistige Unfrieden wird als anstrengend empfunden. Gerade konfliktreiche Gedanken machen dies deutlich. Wenn wir uns bemühen, nur auf den Atem zu achten, durchbrechen wir diese geistige Unruhe. Und wir gewinnen Abstand zu den Gedanken, die uns quälen. Sie werden immer leiser und verblassen irgendwann. Es ist in etwa so, als würde ein aufgewühltes Meer in uns zur Ruhe kommen. Frieden stellt sich ein. Und die glatte Oberfläche, die nun entstanden ist, lässt uns in die Tiefe schauen.

Willenskraft: Das Bemühen, beim Atem zu bleiben, braucht Willenskraft. Sich zur Meditation hinzusetzen, obwohl man vielleicht Unlust verspürt, braucht Willenskraft. Einfach etwas zu tun, ganz egal, wie die Umstände sind, braucht Willenskraft. Wie zuvor schon beschrieben, geht es um eine liebevolle Willenskraft, nicht um kühle Strenge. Und diese Willenskraft kann uns helfen, unseren Weg im Leben zu gehen.

Variationen der Atemmeditation

Wir haben mit der Atemmeditation begonnen, in dem wir uns innerlich "Ein" und "Aus" sagen. Stattdessen schlage ich dir jetzt das Atemzählen vor: Beim ersten Einatmen sagst du "Eins", beim Ausatmen "Zwei", beim nächsten Einatmen "Drei" usw. Bei 10 angelangt fängst du wieder bei Eins an. Wenn du dich verzählen solltest, beginnst du wieder bei Eins. Und wenn du bei 23 angekommen bist, weißt du zumindest, dass du eine Zeit lang abwesend warst. Beginne auch dann wieder bei Eins.

Mitunter kann es gut sein, die Ausatmung etwas mehr zu fokusieren. Dann zählst du "Eins" beim ersten Ausatmen, "Zwei" beim zweiten Ausatmen. Das Einatmen wird hierbei nicht gezählt.

Eine andere Variante ist, gar nichts mehr innerlich vor sich hinzusprechen, sondern einfach nur die Aufmerksamkeit auf die Nase zu richten. Nur noch wahrnehmend, wie die Luft ein- und auch wieder ausströmt. Meist fällt dies schwerer - man wird leichter abgelenkt. Manche empfehlen deshalb, zuerst zu zählen und nach vielleicht 10-15 Minuten das Zählen dann einzustellen. In dieser Zeit hat sich der Geist schon soweit beruhigt, dass es dann auch ohne Zählen gelingt.

Statt die Aufmerksamkeit beim Atmen auf die Nasenspitze zu konzentrieren, kann man sich auch auf den Bauch etwas unterhalb des Bauchnabels konzentrieren. Man nimmt dann dort wahr, wie der Bauch sich leicht hebt und senkt. Bei dieser Erfahrung verweilt man.

Bisher war die Atemmeditation etwas, wo wir uns nicht eingemischt haben. Wir haben einfach nur beobachtet, wie unser Atem fließt. Man kann jedoch auch den Atem in einer förderlichen Weise beeinflussen. Auch bei dieser Übung geht es vordringlich um die Beobachtung, gleichzeitig nimmt man aber auch Einfluss.

Eine tiefe Bauchatmung mit Betonung auf die Ausatmung hat sich als günstig erwiesen. Dies wird sowohl durch moderne psychologische Untersuchungen gestützt, wie auch durch jahrtausendelange Erfahrung in bestimmten Traditionen. Die Ausatmung wird sehr lang gestreckt. Man atmet also langsam und tief aus dem Bauch heraus aus. Dabei werden die Muskeln im Bauchraum so angespannt, dass sie die ganze Luft herausdrücken. Wenn man so ganz ausgeatmet hat, lässt man nach einer kurzen Verweilzeit die Muskelanspannung los, wodurch wieder fast von allein Luft einströmt. Dann atmet man wieder langsam aus.

Ausatmung hat auch etwas mit Loslassen zu tun, einatmen mit aufnehmen. Manchmal kann es helfen, wenn man sich vorstellt, alle Gedanken und störenden Energien auszuatmen. Beim Einatmen kann man sich vorstellen, Klarheit und Frieden hineinzuholen.

Wenn man den Atem beeinflusst, muss man acht geben, dass man sich weiterhin wohl dabei fühlt. Man sollte erstmal mit leichter Beeinflussung anfangen und kann das später dann steigern. Zur zeitlichen Orientierung: Die Ausatmung kann man so auf 15-20 Sekunden ausdehnen, die Einatmung dauert hingegen nur 2-5 Sekunden. So kommt man auf etwa 2-3 Atemzüge pro Minute. Besonders in manchen Zen-Traditionen wird diese Atmung angewandt.

Weitere Meditationstechniken

Wenn man mit Meditation beginnt, kommt es erstmal darauf an, gewisse geistige Fähigkeiten zu kultivieren. Und hierfür eignet sich die Atembeobachtung sehr gut. Die Atembeobachtung ist auch etwas, was eine Grundtechnik bleibt. In manchen Traditionen bleibt es sogar die vorwiegend praktizierte Meditationsübung.

Ich finde es sinnvoll, nach einer gewissen Zeit der Übung auch weitere Meditationsformen kennenzulernen. Denn diese können bestimmte Aspekte besonders fördern, die für die eigene Entwicklung vielleicht gerade wichtig sind. Mir liegt auch ein Meditationsweg am Herzen, der nicht nur spirituelle Dimensionen fördert, sondern den ganzen Menschen mit allen Aspekten. Dies betrifft z.B. die Entwicklung der Persönlichkeit auf emotionaler bzw. psychischer Ebene.

Deshalb möchte ich hier einige Meditationstechniken vorstellen, mit denen man experimentieren kann. Um Erfahrungen zu sammeln, sollte man jede Meditationsform über ein paar Wochen hinweg praktizieren. Atemmeditation ist etwas, was man parallel dazu weiterpraktizieren kann.

Liebende-Güte-Meditation

Diese, auch als Metta Bhavana bezeichnete Meditation, fördert die Entwicklung unserer liebevollen Zuwendung. Sowohl die moderne Psychologie, wie auch alle Weltreligionen zeigen uns, dass Liebe ein ganz zentraler Faktor für Gesundheit und menschliche Entwicklung ist. Liebe fördert Leben, schafft Kontakt, Nähe und Beziehungen. Liebe ist der Urgrund allen Lebens. Den meisten Menschen, die unglücklich sind, fehlt es an Liebe. Die meisten psychischen Erkrankungen stehen auch im Zusammenhang mit einem Mangel an Liebe. Schauen wir in die Welt hinaus, so ist die Ursache für Krieg und Umweltzerstörung ein Mangel an Liebe.

So grundlegend und wichtig die Liebe für uns Menschen ist, so verblüffend ist es, dass die meisten Menschen wenig Möglichkeiten kennen, diese Liebe in sich zu kultivieren.

Liebende-Güte-Meditation ist ein zentrales Werkzeug, mit dem man ganz unmittelbar seine Liebesfähigkeit entwickeln kann.

Eine gebräuchliche Version der Metta Bhanvana unterteilt sich in 6 Abschnitte. Jeder Abschnitt kann z.B. 5 Minuten lang sein.

  1. Zuerst einmal praktizieren wir Atemmeditation, um unseren Geist ein Stück weit zu beruhigen.
  2. Wir entwickeln nun ein Gefühl von Wohlwollen und Freundlichkeit uns selbst gegenüber. Finde hierfür deine eigenen inneren Bilder oder Vorstellungen, wie du dir freundlich und liebevoll begegnen kannst. Ein Satz wäre z.B. "Möge ich glücklich sein." oder "Durch meinen ganzen Körper pulsiert Liebe.". Eine bildliche Vorstellung wäre, wie du von Licht durchflutet wirst, wodurch sich überall in dir Liebe ausbreitet. Lass dich berühren von der Liebe zu dir selbst.
  3. Stell dir einen Menschen vor, der dir Nahe steht und entwickle nun ihm gegenüber Liebe, Wohlwollen, Mitfreude. Du kannst ihn in Gedanken umarmen oder ihn mit liebevollem Licht umhüllen. Finde auch hier Vorstellungen und Bilder, die das Gefühl von liebevoller Verbundenheit nähren.
  4. Denke nun an einen Menschen, der dir gleichgültig ist und entwickle auch für ihn die gleiche liebevolle Zuwendung, wie zuvor. Entdecke, was es auch alles Verbindendes mit dieser Person gibt. Wir sind alle aus dem gleichen Holz.
  5. Nun wird es schwieriger: Denke an einen Menschen, den du nicht magst oder gegen den du Groll hegst. Versuche, wie du unter Anerkennung aller Ablehnung trotzdem auch eine liebevolle umfassendere Haltung entwickeln kannst. Hinter all dem, was euch vielleicht trennt, gibt es auch einen gemeinsamen Urgrund der Verbundenheit. Schaue hinter die vordergründigen Ursachen für Groll. In Wirklichkeit seid auch ihr in Liebe verbunden und du kannst dich dafür öffnen.
  6. Stell dir nun alle 4 Personen vor: Du, dein Freund, die neutrale Person und dein Feind. Hülle sie alle in Liebe ein. Dann lass diese liebevollen Gefühle weiter ausströmen, so dass sie alle Menschen in deiner Umgebung erreichen. Und dann immer weiter, bis deine Liebe grenzenlos ist.

Wichtig auf psychologischer Ebene ist: Es geht nicht darum, unsere schlechten Gefühle einfach wegzumeditieren und nichts an unseren Umständen zu tun. Wir müssen auch Verantwortung für unseren Ärger übernehmen und gestaltend in das Leben eingreifen. Wir müssen uns auch aktiv für ein besseres Leben engagieren. Diese Meditation steht nicht im Widerspruch, Menschen aktiv entgegenzutreten, die Ärger in uns auslösen.

Es geht vielmehr darum, grundsätzlich unsere Liebesfähigkeit zu entwickeln und zu erkennen, dass bei allem Spaltenden es immer eine Ebene gibt, wo man liebevoll verbunden bleibt. Immer und ewig mit allem.

Vipassana

Vipassana ist eine Einsichtsmeditation. Durch die Atemmeditation haben wir uns darin geübt, mit unserer Aufmerksamkeit bei einer Sache zu bleiben. Bei der Vipassana Meditation lenken wir nun unsere Aufmerksamkeit auf verschieden Aspekte unseres Wesens:

  • körperliche Empfinden
  • Gefühle, Emotionen, Stimmungen
  • Gedanken, innere Bilder, innere Gespräche
  • Wahrnehmungen

Wir können in der Vipassana Meditation alles als Meditationsobjekt benutzen, was in unseren Aufmerksamkeitsbereich kommt. Ein Beispiel wäre, dass man das Gefühl von Ärger in sich wahrnimmt. In der Meditation wird nun einfach dieser Ärger wahrgenommen. Genau, wie man zuvor auf den Atem geachtet hat, ist nun die Konzentration auf dieses Gefühl des Ärgers. Der Ärger soll dabei nicht verschwinden, es geht um eine gleichmütige erforschende Haltung dem Ärger gegenüber.

Wichtig bei der Vipassana Meditation ist, dass wir bei einer Sache bleiben und uns nicht in einen Strom von Gedanken und Gefühlen verstricken. So kann es bei dem Gefühl Ärger gut sein, bei dieser Empfindung zu bleiben, anstatt sich in eine gedankliche Auseinandersetzung zu begeben, die dieser Ärger produziert. Mitunter hilft der Satz: "Nicht denken, nur fühlen."

Fühlen zu lernen, ist psychologisch etwas höchst Sinnvolles. Oft wollen wir Gefühle nicht fühlen und starten stattdessen ein Gedankenkarussell, was das Gefühl in den Griff bekommen will. Rechtfertigungen, Schuldzuweisungen, sich ins rechte Licht rücken, Rachepläne - all das produzieren wir, weil es ein Grundgefühl gibt, was wir nicht spüren wollen. Das kann Ärger sein, es kann aber auch sein, dass dahinter noch ganz andere Gefühle auftauchen. Viele Psychotherapien fördern die Entwicklungsrichtung: "Mehr fühlen, weniger denken."

Vipassana ist eine sehr umfangreiche Meditationsform, sie basiert aber immer darauf, dass wir uns dessen gewahr werden, was in uns abläuft. Wir beobachten, was passiert. Hierfür brauchen wir die Fähigkeit, einen unabhängigen inneren Beobachter zu haben, der sich mit nichts verstrickt. Es macht einen Unterschied, ob wir etwas durchdenken oder ob wir uns dessen gewahr sind, was wir gerade denken und wie ein Gedanke den nächsten auslöst.

Atemmeditation schult genau diese Fähigkeit des Beobachtens, ohne sich zu verstricken - auf einfache Weise. Bei der Vipassana läuft man viel schneller Gefahr, sich zu verstricken und dann nicht mehr neutraler Beobachter zu sein. Insofern sollte man Vipassana Meditation erst dann praktizieren, wenn man sich genügend in Atemmeditation geschult hat.

Am besten beginnt man die Vipassana-Meditation mit 10 Minuten Atembetrachtung. Erst dann - wenn der Geist sich ein Stück weit beruhigt hat - sucht man sich ein neues Meditationsobjekt aus, bei dem man dann wieder 10 Minuten oder länger verweilt. Man kann auch in der Vipassana-Meditation immer wieder auf die Atembeobachtung zurückgehen.

Vipassana kann zu tiefgreifenden Erkenntnissen und einem Verständnis für das eigene Wesen führen. Hier zeigt sich auch die Nähe zur Psychotherapie und Selbsterfahrung. Ein wichtiges Element fast jeder Therapierichtung ist der Aspekt Selbstklärung: Zu begreifen, was in einem auf welche Art zusammenwirkt. Wer sein Wesen begreift und durchdringt, hat eine wichtige Grundlage für Heilung geschaffen. Ein gutes Leben lässt sich nur finden, wenn wir unsere inneren Konflikte und unerledigten Themen betrachten.

Kontemplation

In einer Kontemplation können wir Antworten auf wichtige Lebensfragen bekommen. Es ist ein Zugangsweg zu einer inneren Weisheit, jenseits des normalen Denkens.

Praktiziere zuerst etwa 10 Minuten Atem-Meditation. Wenn sich dein Geist beruhigt hat, kannst du nun ein Thema, was dich beschäftigt, ins Bewusstsein holen. Stell dir vor, dass du dieses Thema in dich hineinfallen lässt und nun auf Antworten wartest. Antworten, die einfach erscheinen werden, ohne dass du dafür etwas tust. Es geht also nicht um nachsinnen oder durchdenken. Die Gedanken sind zur Ruhe gebracht. Lass dich vielmehr überraschen von dem, was auftauchen mag. Das kann ein Satz sein, ein Wort, ein Bild, ein Gefühl. Irgendwas. Du musst also bereit sein und eine weite Aufmerksamkeit für alles haben, was sich zeigen will. Zentriere dich erneut auf dein Thema, falls du merkst, dass du abgleitest.

Bleib 10-20 Minuten bei deinem Thema und beende dann die Kontemplation. Wenn etwas aufgetaucht ist, hilft dir das vielleicht weiter. Genauso gut kann es sein, dass nichts auftaucht, dann ist auch dies in Ordnung.

Du kannst auch über einen Begriff oder einen Sinnspruch kontemplieren. So könntest du das Wort "Liebe" im Bewusstsein halten und schauen, was auftaucht. Lass dich nicht irritieren, wenn du den Zusammenhang der Antworten nicht verstehst. Vieles können wir erstmal nicht begreifen und trotzdem macht eine Antwort ihren Sinn. Dieser erschließt sich vielleicht später.

Kontemplation ist Hingabe. Wir geben die Position auf, selber Antworten produzieren zu wollen. Wir lassen Kontrolle los. Wir geben uns dem hin, was kommen mag - Lauschende Achtsamkeit. Wir erwarten nichts. Und wenn nichts kommt, ist das die Antwort, die wir dankbar aufnehmen.

Auf psychologischer Ebene ist Kontemplation ein Zugang zu einer Weisheit, die in uns ist, zu der viele Menschen aber nur schwer Zugang haben. Auf spiritueller Ebene ist Kontemplation der Zugang zu etwas, was größer ist, als wir. Zu etwas, was uns übersteigt, was manche das Göttliche nennen. Auch der Begriff Überbewusstsein wurde dafür geprägt. Also der Kontakt zu einer Quelle, die uns als Person übersteigt.

Kontemplation findet man sowohl in der christlichen Mystik wie auch in östlichen buddhistischen Traditionen.

Gehmeditation

Die Gehmeditation lässt sich gut zwischen Phasen von Sitzmeditationen praktzieren. Man kann sie aber auch unabhängig davon nutzen. Besonders wenn du merkst, dass du im Sitzen nicht zur Ruhe kommst, kann eine Gehmeditation sinnvoll sein. Eine Gehmeditation lässt sich auch gut draußen in der Natur durchführen.

Für die Gehmeditation brauchst du einen vielleicht 10-20 Meter langen Gehpfad. Im Raum kannst du auch im Kreis gehen oder einen kürzeren Gehpfad festlegen. Die Hände kannst du auf den Bauch in der Nähe des Bauchnabels legen. Die Hände liegen flach übereinander. Nun gehst du ganz langsam und bewusst Schritt für Schritt. Mach ganz kleine Schritte und nimm jeden Teil der Bewegung wahr. Beweg dich im Zeitlupentempo. Mit dem Tempo kannst du auch experimentieren. Wenn du am Ende des Gehpfades angekommen bist, gehst du einen schmalen Bogen, um dann wieder zurück zu schreiten. Ebenso langsam.

Die Achtsamkeit kann man bei der Gehmeditation auf verschiedene Aspekte richten. Eine Möglichkeit ist, die Achtsamkeit auf die Fußsohle zu legen und zu spüren, wie die Füße langsam den Boden berühren, wie sich der Druck unter den Fußsohlen langsam verschiebt und dann der Fuß wieder abhebt.

Man kann auch die Achtsamkeit auf den Bereich legen, wo die Hände den Bauch berühren. Dieser Bereich etwas unter dem Bauchnabel wird in vielen Traditionen als das eigene Zentrum angesehen (Hara). Hier ist unser Wesenskern, unsere Kraft und unsere Stille zu finden. Wenn wir uns zentrieren wollen, ist es gut, unsere Aufmerksamkeit auf diesen Bereich zu richten. Gerade in unserer Gesellschaft pflegt man die Vorstellung, das Zentrum des eigenen Wesens wäre im Kopf angesiedelt. Da ist es eine gute Gegenübung, sein Zentrum im Bauchraum zu erfahren.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Achtsamkeit auf den Atem zu lenken. Atem ist etwas Zentrales und macht fast immer Sinn.

In der Gehmeditation schreitet man also den Gehpfad immer auf und ab. Man kann das genauso, wie andere Meditationen 15-30 Minuten machen. Wechselt man mit Perioden des Sitzens, sind zwischengeschobene Gehphasen von 5 Minuten typisch.

Auch bei der Gehmeditation kann man eine liebende innere Haltung fördern. Jedes mal, wenn der Fuß aufsetzt, stellt man sich vor, wie dieser liebevoll die Erde berührt. Die Erde ist die Grundlage für unser Leben. Wenn wir sie sanft mit unseren Füßen berühren, zelebrieren wir eine Dankbarkeit, dass es sie gibt und das wir hier sein dürfen. Die Entwicklung dieser liebenden Zuwendung hilft einem auch im Alltag, achtsam mit unserer Erde umzugehen.

Meditation im Alltag

Im Grunde kann man aus fast jeder Tätigkeit des Alltags auch eine Meditation machen. Meditation bedeutet hier: Sei ganz im Hier und Jetzt. Sei dir bewusst, was du gerade tust. Mache es langsam, so kannst du besser wahrnehmen, wie sich all das anfühlt.

Gut klappt so etwas bei Routinearbeiten. Bei diesen Arbeiten beschäftigt sich unser Geist gerne mit allem möglichen, so dass wir abwesend sind. Und hier ist eine Meditation dann ein echtes Kontrastprogramm.

Meditation kann einem so auch helfen, im Alltag bestimmten Tätigkeiten einen neuen Sinn zu geben. Etwas, was man vielleicht sonst nicht gerne macht, kann so zur spirituell-meditativen Praxis werden. So betrachtet fällt einem diese Tätigkeit eventuell leichter.

Literatur

  • Jon Kabat-Zinn; Gesund durch Meditation
  • Jon Kabat-Zinn; Zur Besinnung kommen
  • Ayya Khema; Meditation ohne Geheimnis
  • David Harp und Nina Feldman; Meditieren in 3 Minuten
  • Lutz Schwäbisch, Martin R. Siems; Selbstentfaltung durch Meditation: Eine praktische Anleitung
  • Osho; Das Orangene Buch
  • Thich Nhat Hanh; Im Hier und Jetzt Zuhause sein
  • Pema Chödrön; Beginne, wo du bist
  • Zeitschrift Connection - www.connection.de